Rouen. Die DHB-Auswahl hat auch ihr zweites Spiel bei der WM gewonnen. Beim 35:14 war Chile chancenlos. Am Dienstag geht es gegen Saudi-Arabien weiter.

Turnen gehört normalerweise nicht zu den Qualitäten von Jannik Kohlbacher. „Das ist eigentlich nicht so mein Ding“, sagte der Kreisläufer der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Am Sonntag hat der bullige 21-Jährige beim zweiten WM-Spiel gegen Chile aber so einige turnerische Elemente präsentiert: Nach nahezu jedem seiner acht Tore ließ sich der 105-Kilo-Mann fallen, um dann mit einer Rückwärtsrolle in den Handstand wieder auf die Füße zu kommen. „Das bringt meine Athletik so mit sich“, sagte er lachend. Wenn die Masse einmal ins Rollen kommt, bremst man sie ja auch lieber nicht ab.

Gleiches dachten sich wohl auch die Chilenen, die wenig Gegenwehr boten bei dem 35:14 (17:6)- Sieg der Deutschen, die damit das Achtelfinale vor Augen haben. Bundestrainer Dagur Sigurdsson hatte vor der Heißblütigkeit des Gegners gewarnt, der gegen Weißrussland überraschend das erste WM-Gruppenspiel gewonnen hatte, doch „die Mentalität hat heute nicht gestimmt“, sagte Trainer Mateo Garralda. Der Spanier, der 2005 selbst Weltmeister wurde, hatte aber auch die komplette erste Rückraumgarnitur um die deutschstämmigen Brüder Erwin und Emil Feuchtmann sowie Chiles stärksten Werfer Rodrigo Salinas zunächst auf der Bank gelassen.

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„Ich wusste, dass das Spiel gegen Deutschland uns nicht den Weg ins Achtelfinale ebnet“, erklärte Garralda. Auch Sigurdsson hatte kräftig rotieren lassen: Torwart An­dreas Wolff, der zum Auftakt gegen Ungarn 60 Minuten die Bank gewärmt hatte, startete für Silvio Heinevetter, statt Kapitän Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki bildeten Rune Dahmke und Tobias Reichmann die Flügelzange, Niclas Piecz­kowski und Simon Ernst spielten sich im Rückraum warm.

Torwart Wolff hochmotiviert

Die DHB-Auswahl setzte vor allem ihre Kreisläufer Jannik Kohlbacher und Patrick Wiencek ein. „Wenn die uns so viel Raum bieten, ist das natürlich ein gefundenes Fressen für uns“, sagte Kohlbacher. Selbst als die Unparteiischen Kohlbacher und Wiencek gleichzeitig mit Zeitstrafen vom Feld schickten, fand Chile trotz doppelter Überzahl keine Lücke, denn hinter dem Abwehrbollwerk wartete ein extrem motivierter Andreas Wolff, der es bei seinem ersten WM-Einsatz überhaupt auf 16 Paraden brachte.

„Ich glaube, er hat jeden Gegentreffer als persönliche Beleidigung empfunden“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning schmunzelnd. „Unsere Freunde vom Fußball werden in ihrer neuen 48er Liga sicher auch bald solche Spiele erleben“, sagte er in Anspielung auf den Beschluss des Fußball-Weltverbandes, das WM-Teilnehmerfeld zu erweitern. Besonders für den Kopf sei die Partie aber gar nicht so leicht gewesen, sagte Kohlbacher. „Es ist sehr ungewohnt, weil man in der Bundesliga keine Mannschaft hat, die so spielt.“

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Schreckmoment auf deutscher Seite

Das Spiel war früh entschieden, dennoch gab es auf deutscher Seite einen Schreckmoment: In der 23. Minute humpelte Paul Drux verletzt vom Feld. Den Rest der Partie verfolgte der Rückraumspieler mit einem Kühlpack am rechten Sprunggelenk. „Ich bin blöd aufgekommen und umgeknickt, es ist ein bisschen dick geworden“, sagte der 21-Jährige, der den EM-Triumph im vergangenen Jahr wegen einer Schulterverletzung verpasst hatte. Sigurdsson vermutete vor einer genaueren Diagnose, Drux werde nicht lange ausfallen.

Der Trainer blickt zuversichtlich auf die kommenden Partien, auch weil nach der Rotation nun alle „drin“ seien im Turnier. Aber auch das nächste Spiel gegen Saudi Arabien am Dienstag (17.45 Uhr) wird wohl eher nicht zu den Höhepunkten der internationalen Handballgeschichte gehören.