Hagen. Im Gesamtweltcup liegt Laura Dahlmeier nach drei Siegen in den ersten fünf Saisonrennen ganz vorn. Ihr Jugendtrainer Kröll hält einen frühen Rücktritt wie bei Neuner für möglich.

Bei der Ziehung der Startnummern hat Laura Dahlmeier einen klaren Vorteil. Im Gesamtweltcup liegt die Garmischerin nach drei Siegen in den ersten fünf Saisonrennen ganz vorn. Das Gelbe Trikot der Besten nur einen Tag tragen zu dürfen, davon habe sie seit Kindertagen geträumt, erzählte die 23-Jährige nach dem Auftaktsieg in Östersund. Nun gehört das farbige Leibchen erst mal zu ihrer Grundausstattung, und Dahlmeier grinst: „Es ist richtig schön, dass ich in der Tüte mit den Startnummern nicht mehr suchen muss.“

Sie klaubt sich einfach den einzigen gelben Stoff aus dem Beutel heraus – auch am Freitag wieder, vor dem Sprint im stimmungsvollen Biathlonstadion von Nove Mesto. Dort schließt sich für die Verfolgungsweltmeisterin ein Kreis: Hier rutschte Dahlmeier, nur als Ersatzläuferin im WM-Kader, im Februar 2013 kurzfristig in die deutsche Frauenstaffel und überzeugte mit einer nervenstarken Leistung.

Als No-Name ging sie als dritte Läuferin ins Rennen, brachte ihr Team vom achten auf den ersten Rang. Am Ende wurde das DSV-Quartett Fünfter. Dafür war Laura Dahlmeier, die zuvor kein einziges Weltcuprennen bestritten hatte, plötzlich in aller Munde.

„Nove Mesto kam für sie aus dem Nichts. Aber sie ist sehr mutig an die Sache rangegangen, wirkte sofort sehr routiniert. Da konnte man schon sehen: Okay, aus dem Mädel kann wirklich etwas werden“, erinnert sich Bernhard Kröll.

Leidenschaftliche Bergsteigerin

Dahlmeiers Heimtrainer kennt die leidenschaftliche Bergsteigerin, seit sie mit 15 beim SC Partenkirchen zu ihm kam. Dort trainierte damals auch Magdalena Neuner, die ein Jahr zuvor ihren sensationellen Premierenwinter gefeiert hatte. Vergleiche mit der Rekordweltmeisterin nerven Dahlmeier gewaltig. Abgesehen von Heimatverbundenheit und der Treue zu ihrem Hausklub trennen die beiden Frauen charakterlich Welten.

„Laura ist sicherlich die Extremere, die Waghalsigere. Was sie im Urlaub unternimmt, empfindet sie natürlich auch als Entspannung – für unsereins aber wär’s Hochleistungssport“, schmunzelt Kröll, wenn er etwa an die Sommertouren seiner Elevin im Himalaya oder im Yosemite-Nationalpark denkt. Doch er weiß auch, dass Dahlmeier aus diesen Höhentrips Motivation für den nächsten Winter zieht.

Von Kletterunfällen und entsprechenden Zwangspausen im Training blieb sie in diesem Jahr zur Abwechslung verschont. Kröll sieht darin den entscheidenden Grund für den starken Saisonstart von Dahlmeier, die mit Blick auf die WM im Februar bereits sinniert: „Ich hoffe nicht, dass ich schon in Überform bin.“

Das Ziel, immer noch besser zu werden, führt bei der fünffachen Medaillengewinnerin der WM 2016 auch zu gewachsenen Ansprüchen im Trainingsalltag. „Sie erwartet, dass individuell gearbeitet wird. Das hat sich in diesem Jahr schon etwas verstärkt“, erzählt Kröll, der für das Schießtraining verantwortlich ist. Darüber hinaus kümmern sich zwei weitere Trainer separat um Deutschlands Vorzeigebiathletin: Einer im Laufbereich, mit den Schwerpunkten Technik und Kraft, der andere hat ein Auge auf Dahlmeiers Schnelligkeit, Koordination und Gewandtheit.

Die gebürtige Garmischerin, die sich stark in der örtlichen Bergwacht engagiert und schon mal verunglückte Skitouristen ins Tal befördert, liebt das Leben am Limit. Beruflich wie privat. Das zehrt an einem, birgt Gefahren, zudem ist das mediale Drumherum für Dahlmeier nicht eben ein Genuss. Ein frühes Karriereende wie bei Magdalena Neuner hält sie selbst für durchaus möglich. Ebenso wie Bernhard Kröll, der sagt: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist sie mehr denn je Spitzensportlerin. Aber wenn es in dieser und der Olympia-Saison 2018 gut klappen sollte, kann bei ihr relativ schnell Schluss sein.“