New York. Angelique Kerber löst Serena Williams als Weltranglisten-Erste im Tennis ab – und steht nach einem Sieg über Caroline Wozniaki im Finale der US Open.

Ihr Kindheitstraum hatte sich erfüllt, ehe Angelique Kerber am späten Donnerstagabend das Arthur-Ashe-Stadium in New York überhaupt betrat. Serena Williams hatte ihr Halbfinale bei den US Open verloren, am Montag muss sie ihren Stammplatz auf dem Tennis-Thron für Kerber räumen. Beflügelt von der Aussicht, die zweite Deutsche nach Steffi Graf auf Platz eins der Weltrangliste zu werden, fertigte die Kielerin auch Caroline Wozniacki mit 6:4, 6:3 ab.

"Das ist unglaublich, es ist ein großartiger Tag", sagte Kerber: "Ich bin hier zum ersten Mal im Endspiel, das bedeutet mit so viel. Und ich bin die Nummer eins, das ist überwältigend."

US-Open-Finale am Samstag um 22 Uhr deutscher Zeit

Im Finale am Samstag (16.00 Uhr OZ/22.00 Uhr MESZ) greift Kerber nach ihrem zweiten Grand-Slam-Titel. Sie trifft zur Überraschung der meisten Experten und zum Entsetzen der Tennis-Fans in New York nicht auf Williams, sondern auf die Tschechin Karolina Pliskova. Die 22-malige Majorsiegerin aus den USA unterlag 2:6, 6:7 (5:7) und erklärte später, sie hätten Knieprobleme beeinträchtigt. "Ich war nicht bei 100 Prozent, aber Karolina verdient den Sieg", sagte die 34-Jährige.

Kerber (28) war vor ihrer Partie, dem 13. Aufeinandertreffen mit der früheren Nummer eins Wozniacki, deutlich darum bemüht, das bestimmende Thema des Abends auszublenden. Nichts sollte sie von ihrer Mission, dem Einzug in ihr drittes Grand-Slam-Finale der Saison, abbringen. "Ich will jetzt nur an mein Match denken, danach sehen wir weiter", sagte Kerber im Interview mit ESPN vor der Partie.

Angelique Kerber ging früh in Führung

Das funktionierte besonders zu Beginn herausragend. Mit 4:0 ging Kerber nach wenigen Minuten in Führung, Wozniacki war so verzweifelt, dass sie Kontakt mit Vater Piotr auf der Tribüne aufnahm und für die unerlaubten Tipps eine Verwarnung erhielt. Allerdings halfen sie der zweimaligen Finalistin (2009, 2014) aus Dänemark, den 20.000 Zuschauern bot sich zum Ende des ersten Durchgangs ein Match auf Augenhöhe, in dem Kerber jedoch die wichtigen Punkte erzielte.

Mit ihrer Konstanz, der mentalen Stärke und dem Selbstvertrauen, das sie nach dem Durchbruch in Melbourne, dem Finale in Wimbledon und Olympiasilber in Rio gesammelt hat, ließ sich Kerber die frühe Führung im zweiten Satz nicht mehr nehmen. Nach 1:28 Stunden verwandelte sie ihren ersten Matchball.

Als letzte Deutsche hatte Steffi Graf 1997 auf Platz eins gestanden

Kerber tritt damit erneut in die Fußstapfen ihres Idols Graf, sowohl mit dem Einzug ins US-Open-Finale, als auch mit dem Sprung auf Platz eins. Dort hatte Graf zuletzt im März 1997 gestanden. Kerber wird mit 28 Jahren und 239 Tagen die älteste Debütantin auf dem Tennis-Thron und die 22. Weltranglistenerste seit Einführung des computerbasierten Rankings am 3. November 1975 werden. Vorher will sie aber noch eine Rechnung mit Pliskova begleichen und ihren zweiten großen Titel nach den Australian Open gewinnen.

Die 1,86 m große und aufschlagstarke Tschechin hatte vor drei Wochen beim Vorbereitungsturnier in Cincinnati/Ohio Kerber im Finale geschlagen und damit deren Sprung auf Rang eins vorerst verhindert. Kerber war nach den Olympischen Spielen geschwächt ins Match gegangen. Nach ihrem Siegeszug in Flushing Meadows und dem wahr gewordenen Traum von Platz eins dürfte sie diesmal nicht so leicht zu stoppen sein. (sid)