London. . Angelique Kerber bekommt ihre Chance auf den zweiten Grand-Slam-Titel. Im Finale von Wimbledon ist ihre Gegnerin am Samstag dieselbe wie in Australien.

Mit dem besten Ball des ganzen Spiels schnappte sie sich den letzten Punkt, doch Zweifel hatte es in diesem Moment ohnehin nicht mehr gegeben. Mit einem souveränen Sieg gegen Venus Williams (6:4, 6:4) marschierte Angelique Kerber Donnerstagnachmittag auf Wimbledons Centre Court ins Finale. Nicht immer fehlerlos, aber mit großer, eindrucksvoller Selbstverständlichkeit. Sechs Monate nach ihrem Triumph im Januar bei den Australian Open hat sie nun die Chance, den zweiten Grand-Slam-Titel dieses Jahres zu gewinnen. Aber es ist mehr als das.

Im dritten Anlauf ins Finale

Kein Titel hat in der Welt des weißen Sports solche Bedeutung wie der bei den All England Championships. Keiner bewegt die Menschen auf dem Planeten Tennis mehr, und keiner bleibt auch länger in Erinnerung. Vor 20 Jahren hatte Steffi Graf den letzten ihrer sieben Titel im All England Lawn Tennis Club an der Church Road gewonnen. Kerber spielt nun um den ersten, und ihre Gegnerin am Samstag (ab 14.45 Uhr/Sky) wird die Titelverteidigerin sein: Serena Williams.

Vor vier Jahren, beim ersten Auftritt im Halbfinale von Wimbledon, verlor Kerber gegen die Polin Agnieszka Radwanska, aber sie lag offensichtlich ziemlich richtig, als sie hinterher meinte: „Meine Karriere endet ja hiermit nicht.“ Im zweiten Versuch vor zwei Jahren hatte sie keine Chance gegen Eugenie Bouchard (Kanada), weil sie mit einem lädierten Rücken ins Spiel ging. Diesmal, im dritten Versuch, war sie fit – und es ging alles gut.

Erinnerungen an Melbourne

Nach dem Viertelfinalsieg hatte Kerber gesagt, sie zweifle nicht mehr so an sich vor vier Jahren. Ja, gelegentlich noch ein wenig, aber nicht mehr so wie früher. Der Titelgewinn bei den Australian Open spielt bei dieser Entwicklung eine große Rolle – andererseits muss man aber sagen, dass sie diesen Titel auch deshalb gewonnen hatte, weil sie mutig und entschlossen in dieses Finale in Melbourne gegangen war. Das kommt auch in der Erinnerung von Serena Williams vor, die sagt: „Sie hat toll gespielt damals, und sie hatte keine Angst.“

Es gab ein paar Szenen im Halbfinale am Donnerstag auf Wimbledons Centre Court, in denen es extrem wichtig war, ruhig zu bleiben. Beide spielten nicht fehlerlos, und beide brauchten eine Weile, um die richtige Position zu finden. Doch spätestens von dem Moment an, in dem Angelique Kerber nach Breaks hüben wie drüben zum ersten Mal ihren Aufschlag hielt und mit 4:2 in Führung ging, waren die Weichen gestellt. Venus Williams kam immer öfter einen Schritt zu spät, Kerber ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und näherte sich ohne größere Umwege dem Ziel.

Einzige ohne Satzverlust

Mit dem ersten Matchball machte sie die Sache klar. Mit einem spektakulären Vorhand-Passierball beim letzten Punkt setzte sie ein Ausrufezeichen ans Ende der Partie. 6:4, 6:4 in 72 Minuten, als einzige Spielerin bei den Championships immer noch ohne Satzverlust. Dazu zuversichtlich, lächelnd, eins mit sich – es deutet eine Menge auf ein aufregendes Finale hin.

Serena Williams hatte in ihrem Halbfinale schon zuvor ein eindrucksvolles Bewerbungsschreiben abgegeben. Zum 6:2, 6:0 gegen die Debütantin Jelena Wesnina aus Russland brauchte die Titelverteidigerin nicht mehr als 48 Minuten und 34 Sekunden.