London. . Dustin Brown läuft beim Traditionsturnier regelmäßig zur Höchstform auf. 2015 besiegte er Rafael Nadal. Diesmal will er länger dabei bleiben.
In der Hackordnung der Tennisprofis gehört er zur großen, oft unbeachteten Mittelschicht, die Weltrangliste führt den Mann mit den überlangen Rasta-Zöpfen auf Platz 85. Aber immer wenn die Tage von Wimbledon nahen, wenn das größte, wichtigste und traditionsreichste aller Turniere beginnt, wird aus Dustin Brown ein ganz anderer Tennisspieler – und nicht selten das schillernde Phänomen des All England Club.
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„Er ist einer der größten Publikumslieblinge hier, ein Mann, dem die Sympathien hinterher fliegen“, sagt die ehemalige Weltklassespielerin und heutige BBC-Moderatorin Sue Barker über den „Germaican“, der eine deutsche Mutter und einen jamaikanischen Vaters hat. In diesem Jahr sorgte er schon vor dem ersten Ballwechseln in Londons Südwesten für Aufsehen – als Empfänger einer raren Wild Card für einen deutschen Spieler.
Gleich bei seinem ersten Auftritt war der akrobatische Artist Brown wieder Hauptdarsteller in einem nervenzehrenden Fünf-Satz-Krimi gegen den Serben Dusan Lajovic. Nun kommt es in der zweiten Runde zu einer Ansetzung, die kaum spektakulärer sein könnte: Brown kontra Nick Kyrgios – Rasta-Man und Ein-Mann-Zirkus gegen den australischen Bad Boy.
Brown hat sich bei Wimbledon einen Namen gemacht
Popcorn-Match nennen sie das in der Branche, in Erwartung von großem Kino und großem Tennis. „Wir werden unseren Spaß haben da draußen“, sagt Brown. Abseits der großen Stars, der Djokovics, Nadals, Federers und Murrays, ist Brown in den vergangenen Wimbledon-Jahren zu einem der einprägsamsten Gesichter der Rasen-Festivitäten geworden. Erst recht nach seinem global bestaunten Zweitrunden-Coup der Vorsaison gegen Rafael Nadal – als Siegertyp in einem faszinierenden Showdown auf dem Centre Court. „Es war der größte Erfolg meiner Karriere. Und offenbar haben viele das nicht vergessen“, sagt Brown. Tatsächlich umlagern die Wimbledon-Fans den 31-jährigen Veteranen aus Winsen an der Aller, wann immer der sich auf dem öffentlichen Areal des All England Club zeigt. Selfies mit dem Paradiesvogel sind so begehrt wie ein Autogramm auf dem Wimbledon-Magazin.
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Auf Court 16, dem Schauplatz seines ersten Auftritts im laufenden Turnier, waren schon lange vor Spielbeginn keine Plätze mehr zu bekommen, selbst von den Nebencourts lugten die Zuschauer herüber zur Brown-Show. „Der Bursche ist einfach eine Attraktion“, sagt Kyrgios, der kommende Rivale. Er ist auch ein Freund von Brown, seit sie zusammen im vergangenen Herbst eine Schaukampfserie in Asien spielten. Warnen muss den Australier keiner vor Brown, er weiß nur zu gut, zu welchen Wundertaten der Mann aus der niedersächsischen Provinz fähig ist: „Es ist diese Zeit im Jahr, in der er besonders gefährlich ist. Du hoffst insgeheim, dass er nicht so einen guten Tag gegen dich erwischt.“
Auch Hewitt war Browns Opfer
Doch gegen die großen Namen läuft Showmann Brown in Wimbledon gern mal zu bestechender Form auf, nicht nur Nadal fiel ihm 2015 zum Opfer, sondern 2013 auch schon der frühere Champion Lleyton Hewitt. „Wimbledon ist immer eine besondere Inspiration für mich, eine Art Kraftquelle“, sagt der Davis-Cup-Spieler, „irgendwie war das Turnier immer gut zu mir.“
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Und wie nirgendwo anders rückt Brown hier, im grünen Tennis-Paradies, auch in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit und der Medien. Bereits nach seinem Auftaktsieg war der unkonventionelle Artist einmal mehr ein gefragter Mann beim Stafettenlauf durchs Presse- und Fernsehzentrum.
In den vergangenen Jahren schlug sich Brown regelmäßig über die Qualifikation ins Hauptfeld hinein. Jetzt, nach der Freikarte ins große Turnier, hofft er auch auf einen längeren Aufenthalt: „Es wäre schön, wenn die Reise noch ein bisschen länger dauert“, sagt er.