Essen. Im Interview spricht die frühere Biathletin Magdalena Neuner über ihre Nachfolgerinnen, ihre Familie - und schließt ein mögliches Comeback aus.

Vor fast vier Jahren beendete Magdalena Neuner bei den Biathlon-Weltmeisterschaften in Ruhpolding ihre Karriere. Mit zwei weiteren Goldmedaillen schraubte die damals erst 25-Jährige ihre Bilanz auf zwölf WM-Titel. In Ruhpolding geht es ab Freitag in gleich zwei Wettbewerben nacheinander um Weltcup-Punkte. Die Doppel-Olympiasiegerin spricht über ihre starken Nachfolgerinnen, das private Glück mit ihrem Mann Sepp Holzer und der einjährigen Tochter Verena – und verrät, warum es nie ein Comeback geben wird.

Frau Neuner, ich hoffe, Sie haben Ihrer Tochter keinen Schlitten zu Weihnachten geschenkt.

Magdalena Neuner: Nein. Einen Schlitten hatte sie bereits. Wir haben ihr eine Küche geschenkt. Damit sind wir sozusagen wetterunabhängig. Im November hatten wir in Wallgau Schnee und Verena konnte schon mit dem Schlitten fahren.

Hat Ihre Tochter schon eine besondere Beziehung zum Schnee?

Neuner: Überbeeindruckt war sie nicht. Sie fand den den Schnee schön und wollte auch gern nach draußen.

Der Weltcup in Oberhof ist dem warmen Wetter zum Opfer gefallen. Dafür gibt es zwei Veranstaltungen hintereinander in Ruhpolding.

Neuner: Für Oberhof ist es natürlich sehr schade. Es ist ein Zeichen, dass es mit dem Wintersport immer schwieriger wird. Oberhof hatte schon in den vergangenen Jahre Probleme. Die Veranstalter mussten schauen, wo sie den Schnee herbekommen. 2015 war ein Jahr der Rekordtemperaturen. Der Ausfall des Weltcups ist einerseits traurig für die Oberhofer, andererseits freuen sich die Ruhpoldinger. Aber auch dort wird es nicht einfach, die Loipen herzurichten.

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In Ruhpolding sind Sie 2012 vor Ihrem Rücktritt zum letzten Mal bei einer Weltmeisterschaft gestartet. Hat der Ort für Sie eine besondere Bedeutung?

Neuner: Ruhpolding liegt in Bayern. In meiner Heimat. Das Stadion liegt mir am nächsten. Die WM 2012 bleibt unvergessen für mich. Ich habe dort praktisch aufgehört und dort auch 2006 meinen ersten Weltcup bestreiten dürfen. Das war übrigens nicht ganz so erfolgreich für mich. Platz 49 oder so.

Die WM in Ruhpolding ist schon fast vier Jahre her. Haben Sie Ihren Rücktritt irgendwann mal bereut. Sie waren ja erst 26 Jahre alt.

Neuner: Nein. Überhaupt nicht. Die sportliche Bewegung fehlt mir ein wenig. Gerade im Moment. Leider ist meine Zeit im Moment ein bisschen knapp. Aber der Leistungssport mit dem ganzen Drumherum, mit dem ganzen Zirkus und dem vielen Training, das vermisse ich nicht.

Mit nun 29 Jahren wären Sie jung genug für ein Comeback. Können sich die Biathlon-Fans Hoffnungen auf eine Rückkehr der Magdalena Neuner machen?

Neuner: Definitiv nein. Da muss ich alle enttäuschen.

Sie vermissen den Sport. Wozu kommen Sie denn noch?

Neuner: Zum Spazierengehen mit der Kleinen. Im Grunde genommen dreht sich unser Tag um unser Kind. In der restlichen Zeit bin ich beruflich unterwegs. Ich sollte mal wieder selbst mehr Sport machen. Ein Vorsatz für 2016. Einmal in der Woche gehe ich zum Pilates. Manchmal mache ich Yoga. Auf Ski habe ich in den vergangenen Monaten nur einmal gestanden. In der vergangenen Woche. Beim Biathlon habe ich die neue Strecke auf Schalke ausprobieren dürfen. Sie ist gar nicht so einfach.

Nach Ihrem Rücktritt 2012 hat Andrea Henkel das Erbe der sogenannten Goldenen Generation noch zwei Jahre lang aufrecht erhalten. Aber viele waren skeptisch und einige prophezeiten schon eine große Leistungsdelle in der Damen-Nationalmannschaft. Hat es Sie überrascht, wie schnell die Lücken geschlossen wurden?

Neuner: Nein. Ich hatte immer eine positive Einstellung und habe mit Optimismus nach vorne geschaut. Von dem großen Aufschrei von einigen, dass die Kurve nach unten zeige und was jetzt aus dem Biathlon werde, habe ich nie etwas gehalten. Ich kenne Laura Dahlmeier seit vielen Jahren. Auch mit Miriam Gössner und Maren Hammerschmidt habe ich noch trainiert. Ich wusste, was sie können. Und jetzt laufen sie in der Weltspitze mit.

Gab es nie Zweifel?

Neuner: Nach den Olympischen Spielen in Sotschi hatte ich ein wenig Angst.

Wegen des Dopingfalls von Evi Sachenbacher?

Neuner: Nein. Der war nicht entscheidend. Der Misserfolg der Mannschaft und was daraus in der Öffentlichkeit gemacht wurde, dieses Riesendrama, dieses Dilemma. Ich hatte kurz mal Sorge, dass die jungen Sportlerinnen daran zerbrechen können. Am Potenzial der Sportlerinnen habe ich nie gezweifelt und es zeigt sich jetzt, dass es sich gelohnt hat, weiter an sie zu glauben.

Macht die Deutsche Biathlon-Union etwas besser als andere Verbände?

Neuner: Ich will mir kein Urteil darüber anmaßen. Aber es hat sich viel im Verband geändert. Der Wechsel im Trainerstab hat sich ausgezahlt. Bundestrainer Gerald Hönig und Tobias Reiter harmonieren sehr gut. Ich kenne Tobias noch aus meiner Zeit. Er ist ein akribischer Arbeiter. Und die Sportler gehen auch mal gern zu ihm und sagen, Du, Tobi, ich habe dieses oder jenes Problem. Solche Leute braucht man in einer Mannschaft. Das Team versteht sich super. Diesen Punkt darf man nicht unterschätzen, das ist ganz wichtig für den Erfolg. Keiner will dem anderen etwas Böses. Jeder gönnt dem anderen ein tolles Ergebnis.

Magdalenas Abschied

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Neuner wird vom deutschen Biathlon-Team nicht einbezogen 

Welchen Kontakt haben Sie noch zu den deutschen Biathletinnen?

Neuner: Ich will sie gar nicht groß belästigen. Ich weiß doch, was die alles zu tun haben. Man ist Sportler in einem Tunnel und will seine Leistung bringen. Ich habe aber guten Kontakt zu meinem früheren Trainer Bernhard Kröll, der sich um Laura Dahlmeier und Miriam Gössner kümmert. Daher bin ich gut informiert.

Wollten Sie nicht auch mal den Trainern zur Seite stehen?

Neuner: Ich habe mal gesagt, ich biete meine Hilfe an, wenn es irgendwelche Fragen gibt. Mehr nicht.

Und bis jetzt ist nichts passiert?

Neuner: Nein. Es hat wohl keiner Interesse daran, mich einzubeziehen. Aber das ist kein Problem, ich will es auch gar nicht. Ich will keine Trainerin werden und habe mein normales Leben, das sich nicht um Biathlon dreht.

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Wie können Sie umschalten zwischen Ihrem Leben als öffentliche Person mit dem eingetragenen Künstlernamen Magdalena Neuner und der privaten Holzer Lena?

Neuner: Ich bin den größten Teil meines Lebens die Holzer Lena. Mit meiner Familie. Biathlon ist nur noch ein kleiner Teil. Ich genieße es, ab und zu mal als Expertin wieder in der Szene zu sein.

Wie gefällt Ihnen die Arbeit als ARD-Expertin?

Neuner: Sehr gut. Ich war beim Weltcup in Östersund, jetzt auf Schalke und fahre im Februar noch zum Weltcup in die USA. Ich wechsle mich mit Kati Wilhelm ab. Sie hat ja auch zwei Kinder und kann sich ein wenig entlastet fühlen.

Wenn Sie in die USA fahren, müssen Sie Ihre Tochter eine Woche allein lassen. Ist es die bisher längste Zeit der Trennung?

Neuner: Ja, aber sie ist nicht allein. Mein Mann ist dann zu Hause. Der hat als Zimmermann im Moment Winterpause. Das ist ganz praktisch.

Welche Wünsche haben Sie für 2016?

Neuner: Ich bin da recht bescheiden. Eigentlich möchte ich, dass alles so weiter geht. Meine Sponsoren haben mir die Treue gehalten. Meiner Familie geht es gut. Ich will dieses Leben zu Dritt weiter genießen.

Zu Dritt?

Neuner: Erst mal (lacht). Man kann nicht ewig vorausplanen. Sagen wir mal, 2016/2017 könnte es ein zweites Kind geben. Ich bin vorsichtig mit solchen Prognosen. Man sollte sich bewusst sein, wie dankbar sein muss für das, was man hat.