Östersund/Essen.. Nach ihrem schweren Mountainbike-Unfall hat sich Miriam Gössner zurückgekämpft. Nun will die Biathletin im Weltcup und bei der WM wieder glänzen.
Die einstige Strahlefrau Miriam Gössner hat in den jüngsten zwei Jahren einige böse Überraschungen erlebt, gemessen daran ist die Sache mit den dahin rasenden Tagen echter Kleinkram. „Wie schnell die Zeit vergeht! Nur noch 100 Tage bis Oslo“, schrieb die Skijägerin aus Oberbayern vor wenigen Tagen auf ihrer Facebook-Seite, setzte dazu noch einen Smiley hinter das „Oslo“. Am berühmten Holmenkollen der norwegischen Hauptstadt wird in der ersten Märzhälfte 2016 die Biathlon-WM ausgetragen. Und die leidgeplagte Miriam Gössner, das lässt ihr jüngster Post vermuten, ist sich sicher, beim Saisonhöhepunkt im Heimatland ihrer Mutter mit von der Partie zu sein.
Die winterlichen Highlights 2014 (Olympia in Sotschi) und 2015 (WM in Kontiolahti) hat die gebürtige Garmischerin jeweils verpasst – wobei beide Versäumnisse mit ihrem schweren Mountainbike-Unfall im Mai 2013 zu tun hatten. Der böse Sturz hätte Gössner fast an einen Rollstuhl gefesselt – allein deshalb ist es ein enormer Erfolg für die frühere Langläuferin, nach einer beschwerdefreien Vorbereitung und erfolgreich absolvierten Testrennen nun endlich sagen zu können: „Es ist schon eine ziemliche Weile her, seit ich im Wettkampf so ein gutes Gefühl hatte. Ich mach‘ mir jetzt keinen Stress, sondern will einfach versuchen, mich kontinuierlich wieder nach oben zu kämpfen.“
Starke deutsche Konkurrenz
Bei den Mixed-Staffeln am vergangenen Wochenende, mit denen die neue Weltcup-Runde im schwedischen Östersund eingeleitet wurde, war die Rückkehrerin noch nicht am Start. Los geht’s für sie an diesem Donnerstag mit dem Einzel über 15 Kilometer (17.05 Uhr, ZDF). Auf dem schießlastigen Klassiker kann Miriam Gössner dann erstmals im Ernstfall ihren frisch forcierten Biss erproben. Und den wird die 25-Jährige auch benötigen, alleine schon, um sich im starken deutschen Team durchsetzen zu können.
Den olympischen Winter über plagte sich Gössner mit den schmerzhaften körperlichen Folgen des Fahrradunfalls herum, ehe sie im Januar 2014 beim Weltcup in Oberhof unter Tränen ihren Verzicht auf die Spiele verkündete. In der letzten Saison machten ihr dann vor allem mentale Probleme, ausgelöst nicht zuletzt durch ihre prominente Rolle in der deutschen Biathlon-Mannschaft, zu schaffen. Den Sprung ins WM-Team von Kontiolahti verpasste Gössner, ihre beste Platzierung im Weltcup war ein 24. Rang im Sprint von Antholz.
Gössner mit Demut und Kampfgeist
„Ich habe wieder das Gefühl, ich selbst zu sein“, lautet das vielsagende Bekenntnis der blonden Bajuwarin kurz vor dem Weltcupstart. Sie fühle sich momentan sehr wohl in ihrer Haut und endlich wieder wie eine echte Biathletin, betont Gössner – und erklärt: „Aktuell bin ich ohne gesundheitliche Beschwerden, das ist schon die halbe Miete.“ Jetzt geht es darum, das richtige Maß zwischen ihrem aufgepäppelten Kämpferherz und einer gesunden Portion Gelassenheit zu finden. Bekommt Gössner das hin, hat sie gute Chancen, auch die zweite Hälfte der Miete zu entrichten und wieder stärker in Richtung Weltspitze lugen zu können.
„Im vergangenen Winter hat Miriam erlebt, was sie ein paar Jahre zuvor von der anderen Seite kennengelernt hatte: Da ist sie auch als ganz Junge gekommen und hat den Alten gezeigt, dass sie ihnen durchaus gefährlich werden kann. Nun hat sie die Stärken der anderen Mädels gesehen – auch wenn sich das in keiner Weise negativ auf das Klima in der Mannschaft ausgewirkt hat“, erzählt Bundestrainer Gerald Hönig, der bei Gössner in den vergangenen Monaten eine gewisse Demut beobachtet hat. Und einen neuen Kampfgeist, um speziell bei der ungeliebten Teilübung mit dem Gewehr endlich wieder voranzukommen.
Ein Problem, mit dem sich auch Gössners Freundin Magdalena Neuner lange herumschlug, ehe sie mit Hilfe eines Mentaltrainers zu sich und zur notwendigen Ruhe am Schießstand fand. „Ich wünsche ihr das Beste“, hat die Doppelolympiasiegerin von 2010 in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“ gerade gesagt. „Aber einfach wird es nicht.“