Essen. . Mit 17 Jahren ist der Essener Schwimmer Moritz Brandt einer der jüngsten deutschen Teilnehmer in Baku. Für Erfolge muss er viele Opfer bringen.
Wenn Fabian Hambüchen am Freitag das deutsche Team als Fahnenträger zur Eröffnungszeremonie der Europaspiele in das Nationalstadion von Baku führen wird, dürfte sich das Lampenfieber des Kunstturners in Grenzen halten. Schließlich hat der 27-Jährige schon an drei Olympischen Spielen teilgenommen und Gold bei Weltmeisterschaften gewonnen. „Mein Puls wird bestimmt in die Höhe schnellen“, sagt dagegen Moritz Brandt. Der Schwimmer aus Essen ist mit 17 Jahren einer der jüngsten Teilnehmer des deutschen Teams. Der Deutsche Olympische Sportbund hat 265 Sportler für die Europaspiele nominiert, die schon vor der Premiere durch die Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan stark in die Kritik geraten sind.
Moritz Brandt ist eines der größten Talente des deutschen Schwimmsports. Bei deutschen Jahrgangs-Meisterschaften hat er schon mehr als ein halbes Dutzend Titel gewonnen. Welch immense Begabung er für das Gleiten durch das Wasser mit sich bringt, hat er auch mit zwei Jahrgangsrekorden bewiesen. Sowohl über 200 Meter Schmetterling als auch über 400 Meter Freistil hat er die Bestmarken geknackt. Und das waren nicht irgendwelche Rekorde, denn sie wurden vorher von zwei deutschen Schwimmlegenden gehalten. Über 400 Meter Freistil entthronte er Rainer Henkel, Weltmeister 2006. Über 200 Meter Schmetterling schwamm Brandt schneller als der dreimalige Olympiasieger Michael Groß.
Schwimmen ist Leidenschaft mit Leiden
Als der „Albatros“, wie Groß wegen seiner großen Armspannweite von 2,13 Metern genannt wurde, Brandt bei einer Siegerehrung die Medaille umhängte, gab der einstige Weltrekordler dem Essener noch einen Ratschlag. „Michael Groß hat mir gesagt, ich soll immer alles geben und vor allem stets an mich glauben“, erzählt Brandt. Und so will es der Schüler des Essener Helmholtz-Gymnasiums auch bei den Europaspielen halten. Da die Schwimm-Wettbewerbe in Baku als Junioren-Europameisterschaften ausgetragen werden, darf sich Brandt durchaus Medaillenchancen ausrechnen, obwohl er sich als erst 17-Jähriger auch gegen die ein Jahr ältere Konkurrenz behaupten muss.
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Das Schwimmen sei seine Leidenschaft, sagt Brandt. „Wenn man seinen Sport nicht mit Herzblut betreibt, dann kann man es auch direkt sein lassen.“ Dass Leidenschaft auch wirklich etwas mit Leiden zu tun hat, das spürt er jeden Tag. Von nichts kommt nichts. Wer im Schwimmen nach oben will, der muss sich schinden.
Seit drei Jahren auf dem Sportinternat
Der typische Tagesablauf des Talents sieht so aus: Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker, von sieben bis neun Uhr geht es zu ersten Einheit ins Wasser. Dann heißt es duschen und ab in die Schule, bevor von 15.45 bis 18 Uhr die zweite Wassereinheit und abschließend ein 75-minütiges Krafttraining auf dem Programm stehen. Seit einigen Monaten zählt Brandt zum Perspektivkader des Deutschen Schwimm-Verbandes. Mit diesem Team will Bundestrainer Henning Lambertz spätestens bei den Olympischen Spielen 2020 zurück in der Weltspitze sein.
„Durch die vielen Lehrgänge fehle ich 15 Wochen im Jahr in der Schule“, sagt Brandt. Der gebürtige Bonner, der wegen der besseren Förderung schon mit 14 Jahren sein Elternhaus verließ und seit drei Jahren im Sportinternat des Essener Helmholtz-Gymnasiums lebt, hat die Genehmigung erhalten, das Abitur statt nach zwölf erst nach 14 Schuljahren zu machen. Eine pensionierte Lehrerin steht ihm dank der Unterstützung des Deutschen Schwimm-Verbandes zur Seite, um das verpasste Lernpensum aufzuholen. „Klar, es ist hart“, sagt Moritz Brandt. „Wenn ich abends todmüde bin und trotzdem noch lernen muss, dann fragt man sich schon mal, warum man das alles auf sich nimmt.“ Seine Antwort auf diese Frage sind: Erfolge und Medaillen. Möglichst auch ab heute in Baku.