München. . Diskuswerfer Robert Harting machte den Anfang, nun beschweren sich auch Beachvolleyballer Julius Brink und Ruderer Kristof Wilke öffentlich über Abläufe beim DOSB. Sie fühlen sich von Entscheidungen ausgeschlossen, kritisieren fehlende Transparenz und sehen Deutschland im internationalen Vergleich chancenlos.

Olympiasieger Robert Harting hat wie seine Goldkollegen Julius Brink und Kristof Wilke erneut harsche Kritik am Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dessen Präsidenten Thomas Bach geübt, dafür aber heftige Kritik aus Sportlerkreisen erhalten. Der Diskus-Riese sagte dem Nachrichtenmagazin Focus, der DOSB diskutiere zur Vorbereitung des neuen Förderkonzepts nicht mit den aktiven Spitzensportlern, sondern setze auf einen "Beirat der Aktiven". "Das sind ehemalige Sportler, die früher mal bei einem Wettkampf dabei sein durften und heute schön Spesen abkassieren. Da züchtet der Verband doch nur seinen eigenen kranken Funktionärsbaum hoch", so Harting.

Diese Aussage brachte Christian Breuer auf die Palme. Der DOSB-Athletensprecher meinte erbost: "Das ist eine Frechheit gegenüber denen, die nicht nur die Kamera suchen, sondern sich konstruktiv und aktiv einbringen. Wir sitzen in Bonn ein ganzes Wochenende mit den Athletenvertretern aller Verbände zusammen, die fast alle aktive Athleten und Olympiasieger wie Lena Schöneborn und Miriam Welte sind."

Der ehemalige Eisschnellläufer Breuer verwies darauf, dass Harting selber keine Verantwortung übernehme. "Wir haben dazu die ganze Olympiamannschaft und alle von der Sporthilfe geförderten Athleten eingeladen, auch Robert. Doch der Herr ist sich zu fein, sich hier an der Diskussion der Athleten zu beteiligen. Stattdessen gibt er Interviews, um sich selbst zu vermarkten. Man sieht, Gold alleine macht noch keinen großen Sportler und löst das Problem der Leistungssportförderung in keiner Weise", so Breuer.

Beachvolleyballer Julius Brink sieht Deutschland im Vergleich chancenlos

Die Kritik von Beachvolleyballer Julius Brink und Ruderer Kristof Wilke richtete sich an die DOSB-Spitze. Kürzlich hätten sich auf Kreta "fast 100 Olympiateilnehmer, die Sporthilfe und Sponsoren" getroffen. Vom DOSB sei niemand dabei gewesen. "Der einzige Kontakt, den ich mit Thomas Bach hatte, war nach meinem Olympiasieg", monierte Brink.

Brink sieht Deutschland im Wettbewerb zu den großen Sportnationen als fast chancenlos an. Ziel könne nicht sein, mit China oder den USA zu konkurrieren, dort spiele der Sport eine andere gesellschaftliche Rolle. "Dass wir in London im Medaillenspiegel überhaupt auf Platz fünf landeten, ist für mich fast schon ein Wunder", so Brink.

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Die DOSB-Forderung nach mehr Geld ist Brink zu "eindimensional". Der gesellschaftliche Nutzen des Sportes müsse mehr in den Mittelpunkt gestellt werden, denn für die Sportler würden ja Steuergelder bereitgestellt, so der Beachvolleyballer. "Sollte dann am Ende tatsächlich ein gesellschaftliches Interesse bestehen, dass wir uns über die Medaillen mit anderen Nationen messen wollen - dann brauchen wir einiges mehr an finanzieller Unterstützung."

Als Vorbild nannte Brink das britische Fördersystem. "Die Strukturen, die Zusammenarbeit mit den führenden Universitäten des Landes, das alles ist vorbildlich und nachhaltig." Zudem hätten die Briten mit dem "Team Great Britain" eine starke Marke geschaffen, "dafür aber auch richtig investiert".

Sportler erwarten "totale Transparenz"

Zielvereinbarungen des DOSB, die Jahre vor Großereignissen beschlossen werden, nannte der Schlagmann des Deutschland-Achters Kristof Wilke "albern". 'Kann ich heute garantieren, dass ich 2016 in Rio am Start bin und Gold hole? Nein", so Wilke. Brink nannte es grotesk, dass die Veröffentlichung der Ziele für die Olympischen Spiele 2012 von Journalisten eingeklagt werden musste. "Es sind öffentliche Gelder, die in den Sport fließen und uns unterstützen. Deshalb erwarte ich von allen Beteiligten totale Transparenz." (sid)