Mainz. Christian Streich war am Samstag zu Gast im ZDF-Sportstudio. Der Freiburger Trainer sammelte vor allem durch seine unkonventionelle und bodenständige Art viele Sympathien. Im Sportstudio verriet Streich, was ihn mit Jogi Löw verbindet und was er von Jürgen Klopp hält.

Jubelarien für einen Trainer im ZDF-Sportstudio. Welcher Coach hat das jemals erlebt? Keiner. Außer: Christian Streich. Legendär sein Auftritt am Samstagabend im Studio am Lerchenberg. Legendär, weil der Mann einfach nur Fußball lebt und darüber spricht, als wäre er der Nachbar von nebenan oder der Zuschauer auf irgendeinem Aschenplatz beim Kreisliga-Spiel am Sonntag, mit dem man bei Bier und Bratwurst über blöde Tore diskutiert.

Streich ist authentisch und unkonventionell

Authentisch ist Streich. Weil er sich – bis jetzt – auch im Profigeschäft nicht verbiegen lässt. Pädagoge von Haus aus. Na klar. Sonst hätte der Kult-Typ wohl nie so viel Einfühlungsvermögen für seine junge Burschen im Breisgau investieren können. Aus der Regionalliga hat er einen Großteil seiner Mannschaft rekrutiert. Mit den Nobodys schaffte der Zauberer auf einen Streich dank einer sensationellen Serie den Klassenerhalt. Totgesagt war der SC Freiburg als Schlusslicht zu Beginn der Rückrunde mit fünf Punkten Rückstand.

Dann kam Christian Streich. Aus dem Hinterhalt. Eigentlich wollte er nie in das Haifischbecken Bundesliga eintauchen. Manager Christian Duffner gelang es im Winter, ihn zu überreden, die Nachfolge von Markus Sorg anzutreten. Seitdem ist er da – dieser Mann mit seiner unkonventionellen Art. Streich, sagt, was er denkt. Im Leben sei der Mensch ja grundsätzlich gesteuert von Handbewegungen. Deshalb wäre es so wahnsinnig reizvoll, das Spiel mit dem Fuß zu einer Perfektion im Sport zu gestalten. „Wir haben das Glück, junge Leute ausbilden zu dürfen, die das Fußballspiel lieben“, sagt Christian Streich.

Christian Steich spielte neben Jogi Löw

Das sei nicht vergleichbar mit den Problemen der Lehrer-Kollegen. Junge Menschen auf Topniveau in Mathe oder Chemie zu trimmen, weil die Fächer zwangsläufig im Lehrplan stünden, sei weitaus schwieriger. ZDF-Moderator Sven Voss, der nach einem Tiefpunkt („Abstieg von Raul auf Schalke“) – er meinte den Abschied des Weltstars im Spiel gegen Hertha BSC Berlin – dann doch noch zu besserer Form auflief, kitzelte so einige kuriose Antworten aus dem Freiburger Unikum heraus. Mit DFB-Bundestrainer Jogi Löw stand Christian Streich in den 1980er-Jahren in einer Zweitliga-Mannschaft beim SCF.

Christian Streich und der SC Freiburg

Christian Streich wurde am 29. Dezember 2011 als Nachfolger des entlassenen Marcus Sorg Cheftrainer des SC Freiburg. Sein Vertrag läuft bis 2014 und gilt für die erste und die 2. Liga. In der Hinrunde war Streich Co-Trainer von Sorg, in den vier vorherigen Jahren unter Robin Dutt hatte er auch schon zum Trainerteam der Profis gehört. Streich ist seit 1995 beim SC, trainierte zunächst die U15 und anschließend 13 Jahre lang mit großem Erfolg die U19 (einmal deutscher Meister, dreimal Pokalsieger). Während seiner Zeit in der A-Jugend trainierte er unter anderem Toprak, Schwaab, Aogo und Pitroipa sowie seine jetzigen Spieler Baumann, Flum, Caligiuri und Schmid.

Aus Weil am Rhein

Streich stammt aus Weil am Rhein. Als Spieler bestritt Streich in der Saison 1989/90 für den FC Homburg zehn Bundesliga-Spiele. Für eine größere Karriere mangelte es dem Spieler Streich, der im Mittelfeld und der Abwehr zu Hause war, laut eigener Aussage an Schnelligkeit und körperlicher Robustheit. Quelle: impire

„Ja, der Jogi – das ist jetzt schon ein großer Trainer“, sinnierte Streich. Joachim Löw hatte ihn in einem Zitat als Protagonisten einer Fußballschule im Stile des FC Barcelona bezeichnet. Das ehrte Christian Streich, aber von so einer Vollendung sei er so weit entfernt wie mit Aussichten, mal die ganzen großen Stars des FC Bayern München trainieren zu dürfen. „Das ist alles zu weit weg für mich“, sagte Streich. Er sei als ehemaliger A-Jugend-Coach verwurzelt mit den Strukturen beim SC Freiburg. Ohne stolz zu sein: „Ich bin nicht der Cheftrainer – ich bin nur Trainer. Es gibt über hundert Mitarbeiter, die im Verein an diesem Erfolg des Nichtabstiegs gearbeitet haben.“

Streich zollt BVB-Coach Klopp großen Respekt

Phänomenal ist die Bilanz unter seiner Regie in der Rückrunde. Die Krönung wird der 34. Spieltag sein. Dann gastiert der SC Freiburg beim Deutschen Meister Borussia Dortmund. „Ganz, ganz schwer“, werde das, sagte Streich über diese letzte Saison-Herausforderung. „Es ist unglaublich, was die Dortmunder geleistet haben.“ Großen Respekt zollt er vor der Leistung seines Kollegen Jürgen Klopp. Egal, wie das Spiel ausgeht: Die Schale hält der BVB nach 90 Minuten in der Hand. Abschenken werden die Freiburger die Partie sicher nicht. Weil sie einen Trainer haben, der immer ins Schwarze trifft. Nebenbei: Zweimal versenkte Christian Streich den Ball auch beim Torwandschießen des ZDF. Es war ihm fast schon peinlich gegen den 15-Jährigen Konkurrenten.

Und nach der Saison? Da fällt Streich nicht in ein psychologisches Loch. „Ich freue mich auf Berlin, wenn ich als Zuschauer das Pokal-Endspiel mit unserer A-Jugend auf der Tribüne sehen kann.“ Anschließend verschwinde er mit „Freunden im Urlaub“. Tief im Süden.