Essen. .

Was vor fünf Jahren als Experiment begann, hat sich in die Champions League der rund 30.000 deutschen Sportbars gespielt. Am 19. April feiert die „11 Freunde Bar“ Geburtstag. „Wir wollen den Fans zurückgeben, was der Fußball verloren hat - ein Stück Heimat“, sagt Ideengeber Thomas Siepmann.

Auch das gibt’s in der „11 Freunde Bar“ zu bestaunen: Franz Beckenbauer als Barbie-Puppe. Foto Remo Bodo Tietz
Auch das gibt’s in der „11 Freunde Bar“ zu bestaunen: Franz Beckenbauer als Barbie-Puppe. Foto Remo Bodo Tietz © WAZ FotoPool

Wer das Grün der „11 Freunde Bar“ betritt, blickt direkt in den Fußball-Himmel. An Gott vorbeigeschmuggelt hat sich natürlich Stan Libuda, doch auch internationale Größen wie George Best - einer der besten Spieler, den Irland je hervor gebracht hat - blicken gerahmt auf die Gäste des bekanntesten Fußball-Wohnzimmers Deutschlands herab.

Fast andächtig schaut Thomas Siepmann zu seinen Idolen auf, ehe er - angelehnt an einem der vielen Tische im Tipp-Kick-Stil - auf die wechselvolle Geschichte der kleinen Eckkneipe an der Kunigunda-Straße zu sprechen kommt. Rund 80 Jahre hat das Lokal mittlerweile auf dem Buckel. Wo früher - damals noch als „Kunigunda Schenke“ - Herrengedecke aus Pils und Korn serviert wurden, bestellen die Gäste heute einen „BeckHamburger“ oder das „Schalke-Schaschlik“.

Kneipe und Museum zugleich

Vor fünf Jahren als Experiment aus der Taufe gehoben, hat sich die Bar mittlerweile in die Champions League der rund 30.000 deutschen Sportbars gespielt. Ein Indiz dafür ist der DSF-Stammtisch „Dritte Halbzeit“, der jeden Dienstag um 22.30 Uhr live aus der 70 Quadratmeter kleinen Bar in Rüttenscheid übertragen wird. Sebastian Kehl, Reiner Calmund, Mario Basler, Jürgen Kohler - kaum eine Fußballgröße, die noch nicht im Scheinwerferlicht stand.

Mit einem solchen Erfolg hätte Thomas Siepmann, der hauptberuflich Geschäftsführer einer Essener Marketing-Agentur ist, nicht gerechnet. Doch schon bei der Eröffnung 2005 rannten Fußballfans ihm und seiner Frau Kyung-Ae den Laden ein. „Ohne meine Frau wäre das alles hier nicht möglich. Sie schmeißt den Laden - auch wenn sie zuerst nur froh war, den ganzen Krempel aus der Wohnung zu haben“, erinnert sich Siepmann. Denn die „11 Freunde Bar“ ist Kneipe und Fußball-Museum zugleich.

Rund 2.000 Andenken lassen den deutschen Fußball der 50er- und 70er-Jahre wieder aufleben. Angefangen von einem funktionstüchtigen Fernseher, auf dem schon 1954 die Helden von Bern flimmerten, über eine Franz Beckenbauer-Barbie, die Mattel zu des Kaisers Zeiten bei New York Cosmos auflegte bis hin zu einem Tipp-Kick-Spiel aus den 30er-Jahren - an den Wänden ist kaum ein freies Plätzchen, an dem es nichts zu entdecken gibt. Da verwundert es nicht, dass bereits die Planer des neuen DFB-Museums bei dem leidenschaftlichen Sammler Siepmann angeklopft und Gespräche über Leihgaben geführt haben.

Den Fans ein Stück Heimat wieder geben

Eingespieltes Team: Thomas Siepmann und Ehefrau Kyung-Ae. Foto: 11 Freunde Bar
Eingespieltes Team: Thomas Siepmann und Ehefrau Kyung-Ae. Foto: 11 Freunde Bar

„Wir versuchen, den Fans hier das wiederzugeben, was der deutsche Fußball verloren hat - ein Stück Heimat. In den seelenlosen Beton-Arenen ist davon heute leider nicht mehr viel zu spüren“, sagt Siepmann. Das Konzept geht auf. So erzählt Siepmann gerne die Geschichte vom 80-jährigen Opa, der seinem Enkel Vorträge über Kuzorra hält.

In der Brust des in Kettwig aufgewachsenen Siepmanns schlagen zwei Herzen, eines für den MSV, das andere für RWE. Und als wohl einziger RWE-Fan kann der zweifache Familienvater dem Dauer-Tief der Rothosen etwas Positives abgewinnen: „Als relative Fußballdiaspora ist Essen als Standort für eine Fußballkneipe ideal. In Gelsenkirchen oder Dortmund wäre eine solche Bar, die für alle Fans offen ist, wohl nicht so leicht umzusetzen.“ Ein buntes Miteinander aus blau-weiß, schwarz-gelb, rot-weiß und vielen anderen Farbkombinationen, das seit fünf Jahren funktioniert. Und während sonst „aufm Platz“ zählt, rückt die „11 Freunde Bar“ am Montag, 19. April, ausnahmsweise selbst auf die Mittellinie. Zum fünften Geburtstag laden die Siepmanns zum Experten-Hattrick mit dem Kabarettisten „Obel“, Fußball-Legende Willi „Ente“ Lippens und WDR-Urgestein Dietmar Schott ein, die das runde Leder mit Parodien und witzigen Anekdoten ins Eckige bringen wollen. Unter anderem stellen Schott und Lippens das Buch „Ich danke Sie! Der Fußballer Willi Ente Lippens“ vor.

Tickets für die Geburtstagslesung gibt es für acht Euro unter tickets@11freunde-
diebar.de, unter 0201 / 84 2290 und an der Abendkasse.