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Nach dem DFB-Pokalspiel ging es in die Verlängerung und bei „Hart aber fair“ um das Schwulsein in der Bundesliga. Trainer Peter Neururer sieht die Liga bereit für einen Präzedenzfall: Nicht die sexuelle Neigung, sondern einzig und allein die Leistung wäre für Mitspieler und Fans relevant.

Der Zeitpunkt war gut gewählt, auch wenn die Debatte über Homosexualität im Profifußball langsam wieder abebbt. Unmittelbar nach den 120 Pokalminuten zwischen Schalke 04 und Bayern München diskutierte Frank Plasberg in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ mit einer Männerrunde über Schwulsein in der Bundesliga. Obwohl sich nach dem langen Pokalduell auf Schalke die Uhrzeit schon Mitternacht näherte, dürften einige Fußball-Fans den fliegenden Wechsel vom Rasen ins Studio mitgemacht haben.

Für die 75-minütige Verlängerung galt: Bei Plasberg nichts Neues. So wie der Pokal sprichwörtlich und bekanntermaßen seine eigenen Gesetze hat, hat diese auch das Thema Schwulsein im Fußball. Es ist ein Tabu. Sei schwul, aber rede nicht darüber. Dem Sport fehlt weiter ein markanter Präzedenzfall, ein bekennender und prominenter Homosexueller in und aus den eigenen Reihen, der mit seinem Outing Reaktionen provozieren würde.

Kerner fand gar nicht erst in die Diskussion

So fischte auch die teilweise lebhaft wie herzhaft diskutierende Plasberg-Runde bei ihrer Gruppen-Therapie im Trüben. Und verlor sich oftmals in Plattitüden. Moderator Johannes B. Kerner, sonst Meister des gepflegten Dialogs, fand gar nicht ins Gespräch. Marcus Urban, einst ein talentierter Fußballer, der wegen seiner Homosexualität die mögliche Profikarriere verpasst hatte, wurde in seinen Erinnerungen zu selten konkret. Schade, denn der ehemalige Kicker, der früher Gegenspieler als schwule Sau beschimpfte und sich inzwischen zu seiner Homosexualität bekennt, hätte sicher viele prägnante Momente aus seinem Alltag des Verbergens und Versteckens im harten Männersport parat gehabt.

So heimsten die drei anderen Diskussionsteilnehmer den meisten Applaus ein. So wie Vorzeige-Macho Claude-Oliver Rudolph, der den Proleten nicht nur von Berufswegen schauspielerte. „Ich betreibe 40 Jahre Kampfsport, habe alle Länder dieser Welt gesehen, weiß, wie das Volk denkt“, spielte sich Rudolph auf und kritisierte die allgegenwärtige Politische Korrektheit in der gesamten Diskussion. Sollte sich ein Fußballer wirklich outen, würde der in der Szene, vom Mitspieler bis zum Fan, diskriminiert, bepöbelt und geächtet, war Rudolph war sicher. Das sah Peter Neururer, langjähriger Bundesliga-Trainer, ganz anders. Die Bundesliga sei bereit für den Präzedenzfall. Eine starke Persönlichkeit, ein Leistungsträger könne sich outen. Nicht die sexuelle Neigung, sondern einzig und allein die Leistung wäre für Mitspieler und Fans relevant.

Diesen Mut zum Bekenntnis und Geständnis wünschte sich auch der Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Allerdings müssten dafür Vereine und Verbände unterstützende Rahmenbedingungen schaffen. Beck wies darauf hin, dass auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Homosexualität, trotz aller Aufgeklärtheit, weiter ein Tabu sei. „Schauen Sie doch mal in die Spitzen der Wirtschaft, in die Dax-Vorstände. Da gibt es keine bekannten Homosexuellen“, sagte Beck, der sich als Schwuler selbst im politischen Tagesgeschäft, in dem sich längst Außenminister wie Bürgermeister zu ihrer sexuellen Neigung bekennen, Witze und Schmähungen anhören muss.