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In den Gesichtern der RWE-Verantwortlichen spiegelte sich nach gut drei Stunden eine gewisse Zufriedenheit. Sie schüttelten erleichtert Hände und waren sich einig: „Ist doch ganz ordentlich gelaufen.“
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Die mahnenden Worte fanden Gehör, die Mitgliederversammlung der Rot-Weißen im Cinemaxx ging problemlos über die Bühne. Es gab keine Tumulte von enttäuschten und verärgerten Fans, keinen Eklat, keine Aggressionen. Die 526 Mitglieder konnten und wollten zwar ihren Unmut nicht verbergen, aber die kritische Auseinandersetzung zwischen Volk und RWE-Verantwortlichen blieb stets sachlich.
„Nur der RWE“ – projizierte der Beamer auf die Leinwand im proppenvollen Kinosaal. Vor dem Podium hingen RWE-Fahnen mit der Aufschrift „Mythos Hafenstraße“. Doch Emotionen und Herzblut sind derzeit weniger gefragt, sondern mehr ein kühler Kopf und nüchterner Sachverstand.
„Das ist in jedem Fall eine Zäsur“
Weil der Klub keinen Präsidenten mehr hat, war der Ehrenratsvorsitzende Walther Müggenburg zum Verhandlungsleiter bestellt worden. Ein Rot-Weißer – 40 Jahre RWE-Fan, 34 Jahre Mitglied, wie Müggenburg von sich selbst sagt. Und er hatte mit seiner souveränen Leitung wesentlichen Anteil an der Sachlichkeit dieser Sitzung.
Die erste kritische Situation kam schon früh. Die Tagesordnungspunkte sechs und sieben sollten gestrichen werden angesichts des anstehenden Insolvenzverfahrens: Keine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, keine Wahlen des Aufsichtsrates. Damit auch kein neue Führung. Aber für die Vorständler Thomas Hermes, Uwe Pietsch und Klaus Grewer, die wie angekündigt zurücktraten, gab es ohnehin keine Kandidaten.
Die Fans sträubten sich zunächst, diesem Angebot zu vertrauen. Ihnen war eher nach neuen Gesichtern. Doch auch Marcus Wehler, Kanzlei-Kollege des vorläufigen Insolvenzverwalters Frank Kebekus, mahnte nachdrücklich, dass man ein klares Ergebnis brauche und vor allem ein funktions- und handlungsfähiges Vereinsorgan, damit das Insolvenzverfahren bis zum 30 Juni eröffnet werden könne. „Wenn hier das Personalchaos ausbricht“, warnte Wehler, „könnte das schiefgehen. Und dann geht es in die Kreisklasse. Das sollte allen klar sein.“ Und wenn das Insolvenzverfahren eröffnet sei, hätten die Gremien bei RWE ohnehin keine Befugnisse mehr, sondern der Insolvenzverwalter das Sagen. „Das ist in jedem Fall eine Zäsur.“
Aufsichtsrat um Dietmar Bückemeyer bleibt im Amt
Die Mitglieder sahen es ein. Mit vier Gegenstimmen und zwölf Enthaltungen stimmten sie dem Antrag zu: Der Aufsichtsrat um Dietmar Bückemeyer bleibt im Amt und übernimmt die Aufgaben des Vorstandes, so dass die von den Sponsoren geforderte „Funktionsfähigkeit“ des Klubs gewährleistet ist. Allerdings wird die nächste Mitgliederversammlung mit den Wahlen nicht, wie von den RWE-Verantwortlichen vorgeschlagen, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens stattfinden, sondern – wie von den Mitgliedern beantragt – bis spätestens Ende dieses Jahres.
Auch auf dem Podium blieben direkte Schuldzuweisungen für die Misere aus. Thomas Hermes fasste die bekannten Stationen die zur Regionalliga-Lizenzverweigerung und zum Insolvenzantrag führten, noch einmal zusammen. „Herr Balensiefer, der im Auftrag der GVE die Geschäfte führte, wies früh darauf, dass die Saison mit 2,5 bis 3 Mio. unterfinanziert sei. Und dass die Liquiditätslücke im Oktober beginnen würde.“ Man habe im November 2009 darauf verzichtet, die Bürgschaft zu ziehen, um die Sponsoren nicht zu brüskieren. Und weil die städtischen Töchter ihre Hilfe signalisiert hätten. Dann wiederum habe man sie nicht mehr ziehen können, weil der Verein bis zuletzt liquide gewesen sei.
Dietmar Bückemeyer rechtfertige sich, dass mit der vom Vorstand eigenmächtigen Entlassung des Sportlichen Leiters Thomas Strunz durch den Vorstand, das Vertrauen zwischen Sponsoren und Aufsichtsrat auf der einen sowie dem Vorstand auf der anderen Seite zerstört worden sei. Die zuvor gelobte Gemeinsamkeit war dahin. „Der Fünf-Jahres-Plan ist sehr früh über den Haufen geworfen worden.“ Man habe damals viel zu emotional gehandelt. Aber er habe anschließend trotzdem weiter bei RWE mitgearbeitet.
Etat wurde auf 2,2 Millionen Euro eingedampft
Da weder die Lizenz für die NRW-Liga beantragt, noch das Insolvenzverfahren eröffnet ist, erfuhren die RWE-Mitglieder auch nur in Ansätzen, wie die Zukunft in der 5.Liga aussehen und wer sie gestalten soll.
Der bisherige U-23-Trainer Waldemar Wrobel und Teammanager Damian Jamro genießen das Vertrauen des Aufsichtsrates, wie Dietmar Bückemeyer feststellte. Der Etat ist von 6,8 auf 2,2 Milionen Euro eingedampft worden. Das sei zwar viel. Für die erste Mannschaft sind im Etat 500 000 Euro für Spieler und rund 400 000 für die Kosten innerhalb des Spielbetriebs (z.B. Fahrtkosten) veranschlagt. Für die U 23 sind 120 000 Euro veranschlagt. Bei der Jugend (ca. 500 000 Euro) soll es keinerlei Einsparungen geben. „Da sind wir uns mit der Stadt und den Sponsoren einig“, versicherte Aufsichtsratsmitglied Hans-Henning Schäfer. Die A-Junioren sollen sogar in die Bundesliga zurückkehren. Für die restliche Organisation innerhalb des Klubs (Geschäftsstelle, Ticketing etc.) seien eine halbe Mio. kalkuliert. RWE plant bei seinem Lizenantrag für die 5.Liga mit einem Zuschauerschnitt von 3000.
Der Vertrag von Geschäftsführer Kai Stütz soll verlängert werden. Ihm könnte Betriebswirt Stefan Wagner zur Seite stehen, der schon als Controller an der Hafenstraße arbeitet. Im kaufmännischen Bereich soll der ehemalige (ehrenamtliche) Vorstandsberater Dirk Buttler helfen.
Die sportliche Kompetenz könnte durch ein Expertenteam erhöht werden, das kostenlos berät. Der ehemalige Bundesligaspieler Dieter Bast hat bereits seine Unterstützung zugesagt. Ex-Torhüter Frank Kurth will ebenfalls helfen. Er saß bereits am Sonntag im Cinemaxx. „Ziel für die kommende Saison ist Platz fünf. Dann bin ich zufrieden“, sagte Bückemeyer. „Der Aufstieg ist Träumerei.“