Essen. Nach vielen Jahren im Profigeschäft musste es für den 33-jährigen Ex-Bochumer unbedingt der Traditionsverein an der Hafenstraße sein. Die Gründe.
Rot-Weiss Essen ist Luxus - den muss man sich gönnen können. Und Felix Bastians kann: Nach einer kleinen Fußball-Weltreise, die ihn in 18 Profijahren von England über China und Belgien wieder in die Heimat zurück führte, gab es für den 33-jährigen Ex-Profi im September vergangenen Jahres nur eine Wahl: „Ich habe richtig Bock darauf, hier an der Hafenstraße zu spielen und mit dem Verein nach 13 langen Jahren in der Regionalliga den nächsten Schritt zu gehen.“
Natürlich gab es im Juli, als sein Engagement beim belgischen Erstligisten Waasland-Beveren endete, noch ganz andere Angebote aus der zweiten Bundesliga. „Aber die wären gerade nicht vor der Haustür gewesen. Jetzt genieße ich es, meine Familie im Stadion sitzen zu haben und freue mich, dass auch meine Omma die Spiele sehen kann.“
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Ja, er sagt „Omma“, worauf das mit dem überzeugten „Ruhri“ beim Bochumer auch geklärt wäre. Dass er wirklich Bock hat auf diesen Verein in Bochums Nachbarstadt, das beweist der Ex-Bundesligaprofi (Bochum, Hertha, Freiburg) Woche für Woche nun im rot-weissen Trikot. Wenn er mit seinem unheimlichen Speed die linke Seite beackert, dabei aber immer leichtfüßig und technisch versiert vorgeht, herrscht beim Gegner Vollalarm, wenn Bastians zur Flanke ansetzt. Die Sprintschuhe wurden ihm quasi in die Wiege gelegt. Vater Werner (65) war Ende der Siebziger mal Deutschlands schnellster Sprinter, mit 10,36 Sekunden Bestzeit über 100 Meter.
Die erreicht Sohn Felix vielleicht nicht, aber dafür nimmt er ja auch überaus gekonnt den Ball mit. Sonntag, in der Regenschlacht gegen Düsseldorf, lieferte er sogar den Dosenöffner zum 1:0. „Felix stand da, wo eigentlich ein Mittelstürmer hingehört, das macht er schon top“, lobte ihn hinterher auch Trainer Christian Neidhart, der in der Zeit, als Abwehrchef Daniel Heber längere Zeit ausfiel, heilfroh war, diesen Routinier in seiner Abwehrkette zu wissen.
Vorzügliche Ausbildung bei Nottingham Forest
Bastians kam - und war sofort wichtiger Bestandteil im Team, inzwischen gehört er wie selbstverständlich auch dem Spielerrat an. Sein Wort hat Gewicht, in der Kabine wie auf dem Spielfeld.
Seine vorzügliche Ausbildung genoss er vor allem in England. Aus der BVB-Jugend ging es mit 16 zu Nottingham Forest, für den Nachwuchsfußballer schlicht das Paradies. „In Dortmund haben wir zu der Zeit noch auf Asche trainiert“, erinnert er sich. Und in Nottingham? Alles vom Feinsten: Vier Rasenplätze nur für die Jugend. Und wenn es in England „Cats and Dogs“ regnete, also eigentlich immer, ging es in den Indoor Dome. Auf dem Trainingsgelände wartete schon der Privatlehrer für den schulischen Unterricht. „Das war eine andere Welt, ich habe es sehr genossen.“
Nach vier Jahren England ging es über die Schweizer Station Young Boys Bern hinein in die Bundesliga. 2018 dann folgte die Abenteuerreise China, zu Tianjin Teda, mit dem Zug 20 Minuten von Peking entfernt. „Eine schöne Stadt, wir haben uns als Familie sehr wohl gefühlt. Aber der Anfang war schon hart: Ohne funktionierendes Handy, ohne Konto - da ging nichts.“ Es wurden immerhin drei Jahre, drei lukrative Jahre, wie Bastians zugibt, da kann man auf der Zielgeraden seiner Karriere schon mal honorig sein und nicht mehr dem letzten Euro hinterher jagen.
Lieber dem Gegner in der Regionalliga, um am Ende das große Ziel mit RWE zu feiern. Einen kleinen Vorgeschmack gab es dieser Tage zum 115-jährigen Bestehen des Vereins, als auch im Stadion ein kleines rot-weisses Feuerwerk abgebrannt wurde. „Da habe ich zum Betreuer Peter gesagt: Was passiert denn hier erst, wenn es mit dem Aufstieg klappen sollte? Die gehen doch hier alle eine Woche nicht zur Arbeit!“
Vertrag läuft zum Saisonende aus
Die Mannschaft hingegen habe noch viel Arbeit vor sich, da spricht Bastians wie ein Trainer: „In der Regionalliga ist jeder Gegner schwer, wir müssen uns jedes Mal maximal konzentrieren. An die Dritte Liga dürfen wir noch keinen Gedanken verschwenden, wir müssen schön Schritt für Schritt vorgehen.“
Sollte es klappen, „würde ich mich freuen, wenn der Verein mich weiter braucht“, so Bastians, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft. Wer ihn gegen Düsseldorf noch kurz vor Ende die Seitenlinie entlang sprinten sah, hegt keinen Zweifel, dass Kraft und Schnelligkeit beim Top-Athleten noch etliche Jahre anhalten.
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