Essen. Nachdem die Essener eine 2:0-Führung wieder einmal verspielten, sorgten Standards in der Schlussphase für den hohen 5:2-Erfolg über die U23 des 1. FC Köln. Platzek mit Doppelpack.
Irgendwann musste das Pendel ja auch mal zurückschlagen. Vergebene Führungen, grenzwertige Rote Karten, fragwürdige Elfmeterentscheidungen - es hatte sich einiges zusammen gebraut an der Hafenstraße. Bis Samstagnachmittag, als der Kölner Kapitän Roman Prokoph nach einer Viertelstunde einen Kopfball aus drei Metern nur an die Unterkante der Latte platzierte. Oha, ging da etwa was? Es ging, und wie: 5:2 (1:0) hieß es am Ende für Rot-Weiss gegen Kölns U23. Viel zu hoch, natürlich, aber vielleicht deutlich genug, um der Mannschaft das endlich zu verleihen, was RWE-Coach Sven Demandt vor dem Spiel als Credo an die Pinnwand geschrieben hatte: Stabilität.
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Es lief vieles richtig für Rot-Weiss von Beginn an. Mit der ersten echten guten Chance, eingeleitet von Kamil Bednarski, traf Roussel Ngankam (27.), aber wahrscheinlich weiß er bis heute nicht, wie er die Bogenlampe in den Winkel bugsiert hat. Ein kurioser Treffer. Und einer mit Wirkung, hinein in den Elan der Gäste, die das Spiel in der Anfangsphase eigentlich im Griff hatten. „Da waren wir uns zu sicher, mit dem 0:1 haben wir das Spiel aus der Hand gegeben”, konstatierte nachher FC-Trainer Stefan Emmerling und bescheinigte seinem Team in dieser Phase Überheblichkeit.
Die spätestens nicht mehr angebracht war, als der wieselflinke Ngankam nach einer Stunde das Tor des Tages erzielte: Unaufhaltsam von außen zum Tor strebend, und dann aus unmöglichem Winkel vollendend – Lothar Emmerich schaute von seiner Wolke wohlwollend zu (YouTube WM 1966, Deutschland - Spanien). „Da dachte man, eigentlich kann jetzt nicht mehr so viel passieren”, gestand später auch RWE-Coach Sven Demandt. Eigentlich nicht, es sei denn, es spielt Rot-Weiss. Solange es bei den Essenern aber weiterhin auf der linken Abwehrseite so reinzieht, wird sich daran wohl nichts ändern. Beim 1:2-Anschlusstreffer durch den kleinen wendigen Anas Ouahim stand Patrick Huckle in respektvollem Abstand, beim 2:2-Ausgleich durch Foulelfmeter Prokoph, bemängelte Demandt zwar “wir bekommen einfach zu viele Elfmeter gegen uns”, wohlwissend, dass der foulende Kasim Rabihic nur das letzte Glied in der Fehlerkette war. Es begann viel eher bei Huckle, der wieder überlaufen wurde. Das Murren unter den Fans wird jedenfalls lauter, wann der schnellere und technisch beschlagenere Leroy Kwadwo, der diese Position bekleiden könnte, denn nun endlich seine Chance bekäme.
Plötzlich klappt es auch mit den Standards
Als die Kölner fälschlicherweise nun dachten, hier ginge noch mehr, hatte das Fußballschicksal doch das Bonmot des Nachmittags parat: Kurz nach dem 2:2 sah Abwehrchef Philipp Zeiger bei einer Ecke von Kevin Grund im gegnerischen Strafraum die Kugel frei vor seinem Fuß liegen und schoss sie einfach mal ins Tor. Nicht die schlechteste Idee. Und als Marcel Platzek nach 87 Minuten, wiederum nach Ecke Grund, frei zum 4:2 einköpfen konnte, hatte sich das Spiel erneut auf wundersame Weise gedreht. “Wir haben aus Standards bislang viel zu wenig gemacht, obwohl wir über treffsichere Schützen verfügen, darum haben wir das am Freitag auch ein besser mehr geübt”, so Demandt, selbst überrascht vom postwendend einsetzenden Lernerfolg.
Als Platzek direkt vor dem Abpfiff einen Konter noch zu einem Doppelpack nutzte und zum 5:2 abschloss, war es endgültig des Guten zu viel. Aber wollte sich ernsthaft jemand von den nur 5737 Zuschauern beklagen? Wohl kaum. Bei aller Instabilität in der Ballarbeit nach hinten: Mit Bednarski, Ngankam, Platzek, Ivan und später mit Grund verfügt RWE endlich wieder über so viel Offensiv-Qualitäten, die weitere Torspektakel in den nächsten Wochen nicht ausschließen. „Ich glaube, es war ein sehr unterhaltsames Spiel für die Zuschauer”, meinte der Gästetrainer. Da hat er Recht.