Essen.. RWE-Boss Michael Welling spricht im Interview über Schlafstörungen in der vorigen Saison, über Sponsoren und den neuen „Kühlschrank“ des Vereins.
Sonntag (14 Uhr) startet Rot-Weiss Essen in Wiedenbrück in die neue Regionalliga-Saison. Über die hohen Erwartungen für die neue Spielzeit, mit einem kurzen Blick auf die vergangene, unterhielten wir uns mit RWE-Boss Michael Welling.
Herr Welling, Sonntag startet RWE in die neue Saison, die alte ist vielleicht gerade erst verdaut. Schlafen Sie wieder besser?
Michael Welling: Ich schlafe aktuell aufgrund des Arbeitspensums sehr wenig, der wenige Schlaf ist aber definitiv erholsamer als der Schlaf in der Endphase der letzten Saison.
War die letzte Saison die schwärzeste Phase ihrer nunmehr fast sechsjährigen Amtszeit?
Welling: Ich würde die letzten zwei Jahre hier nennen wollen. Atmosphärisch war bekanntlich die Zeit mit Uwe Harttgen (Ex-Vorstand Sport, d.R.) besonders herausfordernd, sportlich war hingegen die letzte schlecht – eine Katastrophe.
Ertappt man sich da nicht schon mal bei der Überlegung, etwas anderes im Leben anzupacken?
Welling: In ganz schwachen Momenten fragt man sich sicherlich, warum man das macht. Die Schwierigkeit bei uns ist: Einzig die sportlichen Ergebnisse zählen für die Beurteilung der gesamten Arbeit. Dies ist vor allem für die Kollegen auf der Geschäftsstelle, und somit auch für mich, eine tägliche Herausforderung.
Und ausgerechnet in dieser Phase zünden Sie das Projekt „Hoch 3“. Wie kommt es, dass Fans, Stadt und Mannschaft ausgerechnet jetzt in finsterer Zeit Rücken an Rücken stehen? Oder ist es das berühmte Pfeifen im Walde?
Welling: Wir pfeifen ja immer, die „Adiolé“ oder „Opa Luscheskowski“; egal, ob auf dem Berg triumphierend oder im Tal sinnierend. Mit Blick auf „Hoch 3“ ist allerdings zu konstatieren: Die Pläne liegen seit Oktober, November in der Schublade, als niemand überhaupt Abstiegskampf in Erwägung gezogen hat.
Das Projekt wurde angenommen, mit Timo Brauer eine Identifikationsfigur zurück gewonnen, schon schaut man bei Rot-Weiss wieder in glänzende Augen. Ist diese Ansammlung von positiv Bekloppten rational zu erfassen?
Welling: Nein, Fußball ist irrational, im Fußball herrschen pure Emotionen. Diese Treue und Begeisterung sucht in Deutschland ihresgleichen. Auch deswegen sind wir ja überzeugt, dass der Profifußball nach Essen gehört. Das Fundament ist da, und die Wirkung für die Stadt wäre in jeder Form positiv.
Richtig, aber auch jetzt gilt immer noch Preißlers Wort: „Entscheidend ist auffem Platz.“ Und am Ende des Tages muss man leider immer noch durch dieses Nadelöhr Richtung Dritte Liga. Was macht Sie diesmal optimistisch, dass Sie den roten Faden unterwegs nicht verlieren?
Welling: Das Thema Relegation könnte alleine eine ganze Zeitung füllen. Die Ungerechtigkeit des Systems ist offenkundig, ist für uns aber egal. Wir müssen die Situation annehmen wie sie ist. Wir wollen innerhalb der nächsten drei Jahre aufsteigen und wir sind sicher, dass uns das mit dieser Mannschaft, den positiv Bekloppten auf den Tribünen und der Unterstützung einer ganzen Stadt für diese Stadt gelingen wird.
Welling: „Bei RWO würde man in Depressionen verfallen“
Den Glauben und den Neid der anderen gibt es schon wieder als Vorschusslorbeer. Kaum ein Trainer hat RWE in der allseits beliebten Favoritenumfrage nicht auf dem Schirm. Und RWO-Chef Sommers glänzt mit der Aussage: Viktoria Köln und RWE werden jedenfalls nicht Meister. Ist die Angst in Oberhausen schon wieder so groß? Ist sie berechtigt?
Welling: Was die Favoritenrolle angeht, die müssen wir in dieser Liga selbstbewusst annehmen. Wir würden auch als Favorit genannt, wenn wir mit unserer U 19 spielen würden. Was Hajo betrifft: Ich glaube, bei RWO würde man in Depressionen verfallen, sollten wir aufsteigen, vor allem, weil in Oberhausen dann eine ganz wichtige Einnahmequelle wegbrechen würde. Aber auch nach einem Aufstieg würde ich gerne weiter regelmäßig ein kühles Stauder mit Hajo Sommers trinken.
Selbstbewusstsein ist ein gutes Stichwort: Gegen Aue sah man zu Anfang sieben Spieler aus der Stammelf der Vorsaison auf dem Platz, aber vom Auftreten her war es eine völlig andere Mannschaft. Was macht Trainer Sven Demandt anders als sein Vorgänger?
Welling: Das kann ich im Detail nicht beantworten, aber wir wissen alle, dass es beim Fußball nicht immer nur um rein sportliche Dinge geht: Es müssen viele Rädchen ineinander greifen.
Ein Führungsspieler jedenfalls sagte: „Unser Trainer ist echt cool.“ Was meinte er damit?
Welling: Vielleicht hat er seinen Trainer gegoogelt und den Spitznamen zu Spielerzeiten herausgefunden: Sven Demandt wurde „The Fridge – der Kühlschrank“ genannt.
Aber auch „The Fridge“ kann nichts garantieren. Was passiert bei Rot-Weiss, wenn es in den anvisierten drei Jahren nicht klappt mit dem Aufstieg? Würde das heißen: Amateurlager für immer?
Welling: Allein die Frage zeigt den oftmals noch vorherrschenden Geist: Man denkt, auch weil viele negative Erinnerungen da sind, zunächst immer an das Schlechteste. Da bin ich anders: Wir glauben an uns, wir arbeiten für den Erfolg und wir werden ihn gemeinsam verwirklichen.