Essen. Warum das 11:0 aus dem Hinspiel für die Rot-Weissen keine Rolle mehr spielt. RWE-Coach Neidhart war nach dem 3:3 in Köln nur noch Fußballfan.

Da wurde auch der RWE-Coach am Ende eines aufregenden Fußballabends einfach nur zum Fußballfan: „Keiner, der heute hier war, musste sein Kommen bereuen, das war ein richtig geiles Fußballspiel“, frohlockte Christian Neidhart nach dem packenden 3:3 beim Aufstiegskonkurrenten Fortuna Köln.

Ja, war es, natürlich wäre es noch geiler für die Gäste gewesen, sie wären mit den drei Punkten heimgefahren, was die Rückeroberung der Tabellenspitze bedeutet hätte, da könnten sie beim Verband am Grünen Tisch die Punkte hin- und herschieben wie sie wollen. Die Möglichkeiten jedenfalls waren im Überfluss vorhanden. Wer dreimal auswärts in Führung geht, der hat alle Chancen dazu.

Wenn es an diesem Abend vor 6117 Zuschauern etwas vom RWE-Coach zu bekritteln gab, dann war es die Chancenausbeute in der ersten Halbzeit: „Da hätten wir bereits alles klar machen können“, so Neidhart. Kollege Alexander Ende nickte ganz verschämt bei den Worten seines Kollegen aus Essen.

Fortuna-Trainer lobt die „brutale individuelle Klasse“ von RWE

Der Fortuna-Trainer sprach anschließend von der „brutalen individuellen Klasse“, die der Gast vor allem in den ersten 45 Minuten gezeigt hatte. Nun sollte man mit mittelfristigen Prognosen noch vorsichtig umgehen, aber die lange Coronapause sowie die (noch nicht amtlichen) Punktabzüge vor Gericht haben das Team offensichtlich nur noch mehr zusammengeschweißt, wie es der Trainer versprochen hat.

Die erste Halbzeit im Südstadion gehört sicherlich zum Besten, was die rot-weisse Mannschaft in dieser Saison zu leisten imstande ist. Da rauschten die RWE-Angriffszüge nur so an den beiden „Wolkenkratzern“ in der Kölner Abwehr vorbei. Bis sich Dominik Lanius und der endlos lange Jannik Löhden gedreht hatten, stand die rot-weisse Gefahr schon vor ihrem formidablen Torhüter Andre Weis.

Dreimal geführt, am Ende doch nicht gewonnen: Die Geste von Felix Herzenbruch (links) nach dem Spiel spricht Bände. Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services
Dreimal geführt, am Ende doch nicht gewonnen: Die Geste von Felix Herzenbruch (links) nach dem Spiel spricht Bände. Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Dass die Post vorne aber so abgehen konnte, war im RWE-Mittelfeld einem Mann zu verdanken, der endlich einmal wieder seine Bestform zeigte: Das, was Cedric Harenbrock auf engstem Raum fabrizierte, ehe er aus dem Fußgelenk einen Pass in die Tiefe zauberte, war der pure Genuss. Ohne Luca Dürholtz, der als Letzter am Montag aus der Quarantäne zurückgekehrt war und dessen Einsatz noch keinen Sinn gemacht hätte, blühte Harenbrock auf und fühlte sich in Sachen kreativer Ideen wohl in erster Linie verantwortlich.

In der zweiten Halbzeit, bei aufkommender größerer Entschlossenheit der Gastgeber, schien es, als würden die Essener selbst daran zweifeln, wie lange die Kraft nach der trainingslosen Coronazeit wohl reichen würde.

Durchhalteparolen bei Fortuna Köln

Bestes Beispiel war Thomas Eisfeld, der nach 70 Minuten mit Krämpfen in beiden Beinen liegen blieb und die „Erste Hilfe“ vom Kollegen Felix Bastians und vom Fortunen Andre Dej benötigte, um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen.

Das Rechenspiel sieht nun aus RWE-Sicht noch immer positiv aus: Gewinnt man die beiden Nachholspiele (in Ahlen, gegen Lippstadt), hat man einen Puffer von fünf (Münster) bzw. sechs Punkten (Fortuna) auf die Konkurrenz. A propos Fortuna: Hatte man vor dem Spiel noch eine Kampfansage Richtung Essen gerichtet, so fiel sie nachher schon wesentlich moderater aus. Der lange Löhden habe nach dem Spiel von seiner RWO-Zeit berichtet. „Da hatten sie auch neun Punkte Rückstand, bevor der Schlussspurt begann. Am letzten Spieltag waren sie für 30 Minuten Aufsteiger“, wusste Coach Ende zu berichten. So spricht einer, der die letzte Wunderkerze entzünden muss.

Gegen Uerdingen muss die Einstellung stimmen

Christian Neidhart gewann dem einen Punkt durchaus etwas Positives ab: „Hättest du hier gewonnen, dann wäre die Einstellung am Samstag gegen Uerdingen vielleicht eine andere. So weißt du, nach dem einen Punkt, musst du gegen Uerdingen unbedingt gewinnen.“ Und die Serie blieb auch noch bestehen: „Wir haben gegen keine Spitzenmannschaft bislang verloren.“

Gegen Uerdingen schwirrt nicht mehr das 11:0 aus dem Hinspiel in den Köpfen. „Sie haben zuletzt ein paar Mal gewonnen und stehen jetzt defensiv deutlich stabiler. Es wird ein schweres Ding, das wir seriös angehen werden“, verspricht Torjäger Simon Engelmann.

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