London. Für die deutschen Sportler war es ein erfolgreicher Tag bei den Palalympics - insbesondere beim Weitsprung. Gold und Silber holten die deutschen Springer und beinahe wäre noch Bronze dazugekommen. Zudem gab es einen Weltrekord zu feiern.

Doppelsieg in der Sprungkuhle und als Krönung ein Weltrekord: Weitspringer Markus Rehm hat bei der Leichtathletik-Wettbewerben der Paralympics mit einer phänomenalen Leistung vor Wojtek Czyz die Goldmedaille im Weitsprung gewonnen. Nach seinem Triumph fiel der überglückliche Rehm seiner Trainerin Steffi Nerius in die Arme. Den totalen deutschen Triumph verhinderte der Däne Daniel Jörgensen, der sich vor dem Leverkusener Heinrich Popow den dritten Platz sicherte.

In einem wahren Krimi hatte sich zudem Sportschütze Josef Neumaier die Bronzemedaille mit dem Luftgewehr gesichert. Radsportler Tobias Graf holte im Velodrome mit Silber in der Einer-Verfolgung über 3000 m bereits sein zweites Edelmetall. Judoka Matthias Krieger aus Heidelberg ergatterte die Bronzemedaille.

Nie zuvor sprang jemand in dieser Klasse 7,35 Meter

Vor 80.000 Zuschauern im Londoner Olympiastadion sicherte sich der unterschenkelamputierte Rehm (24) mit der in seiner Klasse nie dargebotenen Weite von 7,35 (1090 Punkte) seinen ersten Sieg bei Paralympics und verwies Czyz auf den Silberrang.

Der oberschenkelamputierte viermalige Paralympics-Champion Wojtek Czyz (Kaiserslautern), der 2004 in Athen und 2008 in Peking jeweils mit Gold aus der Sprungkuhle kam, musste sich in einem hochklassigen Wettkampf trotz der persönlichen Bestweite von 6,33 m (983 Punkte) mit Silber begnügen. Der linksseitig beinamputierte Popow verpasste mit 6,07 m (954) knapp die Medaillenränge. Weil in dem Wettbewerb mehrere Klassen miteinander konkurrierten, wurden die Weiten in Punkte umgerechnet, um die Chancengleichheit zu wahren.

Konzentrieren bis zum letzten Schuss

„Da muss man einfach die Ruhe bewahren und sich konzentrieren bis zum letzten Schuss“, gab sich Neumaier nach seiner vierten paralympischen Medaille betont cool. Zuvor hatte der 54-Jährige erst in der dritten Runde des Shoot-offs dem Südkoreaner Lee Seung-Chul den Zahn gezogen. „Ich war während des Finals herzinfarktgefährdet und bin jetzt überglücklich“, sagte Bundestrainer Uwe Knapp.

Nach der Finalserie hatten Neumaier, 1996 in Atlanta Sieger im Kleinkaliber-Dreistellungskampf, und der Südkoreaner mit 693,4 Ringen gleichauf gelegen. Die Goldmedaille ging an Dong Chao (China/699,5), der Jonas Jakobsson (Schweden/696,5) auf den Silberrang verwies.

Graf gewinnt nach Bronze auch Silber 

Deutlicher war die Angelegenheit im mit 6000 Zuschauern gefüllten Velodrome. Der linksseitig oberschenkelamputierte Freiburger Graf verlor im Finale der Einer-Verfolgung über 3000 m klar gegen den Chinesen Liang Guihua, durfte sich aber über Silber und nach Bronze über 1000 m im Einzelzeitfahren über seine zweite Medaille bei den größten Paralympics der Geschichte freuen. „Wenn man seinen Lauf verliert, ist das immer enttäuschend. Dennoch fühlt es sich so an, als ob ich Silber gewonnen habe“, sagte der 28-Jährige.

Der dreimalige Paralympics-Champion Michael Teuber (44) verpasste in der Einer-Verfolgung über 3000 m auch im zweiten Anlauf eine Medaille. Der inkomplett querschnittsgelähmte Münchner unterlag im kleinen Finale klar gegen den Argentinier Rodrigo Fernando Lopez. Unter ohrenbetäubendem Lärm ließ Lokalmatador Mark Lee Colbourne im Finale dem Chinesen Li Zhang Yu keine Chance. Teuber hatte am Vortag im Einzelzeitfahren über 1000 m den 19. Rang belegt.

Einrollen mit Platz 11

Der linksseitig armamputierte Wolfgang Sacher (45) hat sich mit einem elften Platz im Zeitfahren über den Kilometer für seine weiteren Rennen eingerollt. „Für mich war es eine Möglichkeit, sich auf den Wettkampf morgen vorzubereiten.“ Sacher, der vor vier Jahren in Peking Gold im Zeitfahren auf der Straße gewonnen hatte, tritt am Samstag in der Einer-Verfolgung über 4000 m an.

Die Goldmedaille ging an den Spanier Alfonso Cabello. Der Brite Jon-Allan Butterworth sicherte sich dank eines furiosen Endspurts vor dem Chinesen Liu Xinyang den Silberrang. Die größte Aufmerksamkeit sicherte sich aber der zweimalige Paralympics-Champion Jody Cundy aus Großbritannien.

Eklat durch Jody Cundy

Der Topfavorit kam nach dem Start nicht in den Tritt und brach das Rennen ab. Da die Jury aber auf einen Fehler des Athleten und keinen Materialfehler erkannte, durfte Cundy nicht noch einmal antreten und kam nicht in die Wertung - was folgte war ein Wutausbruch des Brite in den Katakomben. „Ich war in der Form meines Lebens. Es ist zwar nur ein Bahnrennen, aber es war das wichtigste in meinem Leben“, sagte der 33-Jährige.

Mit einer Ippon-Wertung setzte sich der sehbehinderte Judoka Krieger (28) in der Klasse bis 81 kg im Kampf um Bronze gegen Anatoli Schewtschenko durch. „Die Zuschauer waren einfach unglaublich, das war ein Traum“, sagte Krieger, der von zahlreichen deutschen Fans angefeuert wurde und durch die Medaille die Stimmung im deutschen Lager aufhellte. Denn das Kämpferherz von Sebastian Junk wurde nicht belohnt.

Trotz Kreuzbandriss angetreten

Der Mannheimer hatte sich sechs Wochen vor den Spielen in London einen Kreuzbandriss zugezogen. In Absprache mit dem Arzt nahm er trotz der Verletzung teil und verschob den Operations-Termin auf nach den Spielen.

Doch gleich im ersten Kampf gegen den Türken Ibrahim Halil Onel fiel der 28-Jährige auf das komplett getapte Knie und verdrehte es. Durch die Wertung schied der sehbehinderte Junk aus dem Wettbewerb aus, er hätte jedoch ohnehin nicht weiterkämpfen können.

Die blinde deutsche Fahnenträgerin Daniela Schulte (Berlin) hat bei ihrem ersten von sechs Starts bei den paralympischen Schwimmwettbewerben beim Sieg der Italienerin Cecilia Camellini als Sechste die Podestplätze klar verfehlt.
(sid)