Krasnaja Poljana. Jetzt fällt auch noch Andrea Henkel aus. Nach den öffentlichen Rücktrittsgedanken von Chef-Bundestrainer Uwe Müssiggang muss nun ausgerechnet die derzeit beste deutsche Biathletin für das olympische Einzelrennen passen.
Die WM-Zweite des Vorjahres lässt den Klassiker am Freitag aus, um in den letzten Olympia-Rennen ihrer Karriere in Krasnaja Poljana wieder fit zu sein. "Darauf haben wir uns mit Andrea angesichts ihres noch immer anhaltenden Hustens verständigt", sagte Damen-Bundestrainer Gerald Hönig und befand: "Vielleicht hätten wir sie schon im Sprint nicht einsetzen sollen, doch danach ist man immer klüger."
In den Bergen über Sotschi war die Rücktrittsankündigung des 62-jährigen Müssiggang zum Saisonende nur eine Randnotiz. "Ganz ehrlich, andere Leute gehen da auch in Rente. Ich finde das nicht ungewöhnlich", sagte Olympia-Touristin Magdalena Neuner bei ihrem Besuch im Biathlon-Stadion Laura.
"Das berührt mich kaum. Uwes Tätigkeit hatte nur geringen Einfluss auf meine Arbeit. Wir haben hier andere Aufgaben zu lösen", meinte Trainer-Kollege Ricco Groß, der noch immer der erfolgreichste deutsche Biathlet bei Winterspielen ist. "Daran denken die Mädchen nicht", meinte Hönig zum selben Thema.
Müssiggang werde auch nach diesem Winter eine Funktion im Verband übernehmen. "Das ist relativ klar", sagte DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach. Er verwies darauf, dass die Pläne des Cheftrainers schon lange bekannt seien. "Das hat nichts mit irgendwelchen Ergebnissen bei Olympia zu tun." Es sei aus Verbandsicht auch "völlig legitim, dass man in dem Alter auch einmal darüber diskutiert, wie es weitergeht. Aber da werden wir im Frühjahr drüberreden." Sportdirektor Thomas Pfüller stellte fest: "Die Weichen sind gestellt. Wir haben uns schon Gedanken über die ganze Situation gemacht."
Für Henkels Heimtrainer Hönig und seinen Ruhpoldinger Kollegen Groß ging es beim Abschlusstraining bei strahlendem Sonnenschein und Frühlingswetter vor allem darum, Evi Sachenbacher-Stehle sowie die Olympia-Neulinge Laura Dahlmeier, Franziska Hildebrand und Franziska Preuß auf das längste Biathlon-Rennen einzustimmen. Doch ohne ihre erfolgreichste Skijägerin sind die deutschen Frauen nur Außenseiterinnen. "Andrea hat schließlich die einzigen beiden Weltcup-Podestplätze in diesem Jahr für uns geholt", erinnerte Hönig.
Wichtig war besonders, "das Negativ-Erlebnis vom Dienstag aus den Köpfen zu bekommen", meinte Hönig. Da gab es im Verfolger mit den Plätzen 27 für Sachenbacher-Stehle, 29 für Henkel, 30 für Dahlmeier und 40 für Preuß das schwächste Ergebnis, das deutsche Skijägerinnen jemals bei Olympia eingefahren hatten.
Trotz ihrer Erkältung trainierte die achtmalige Weltmeisterin Henkel am Donnerstag ganz normal. Dass sie noch immer angeschlagen ist, war am Schießstand aber deutlich zu hören. Dennoch war die 36-Jährige, die nach der Übungseinheit zur Doping-Probe gebeten wurde, gut gelaunt. Erst hustete sie, dann lachte sie über den Witz ihres Trainers. "Sie raucht ja nicht mehr", beschied Hönig einem Journalisten, der meinte, dass es dem Biathlon-Sorgenkind wieder bessergehen würde.
Die zweimalige Olympiasiegerin und ihr langjähriger Heimtrainer sind gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, dass sie nicht startet. "An der Spitze geht's so eng zu, dass du nur in bester Verfassung mit um die Medaillen kämpfen kannst. Wenn du nicht topfit bist, hast du keine Chance", bemerkte Hönig. Eine fitte Andrea Henkel soll im Massenstart am Montag wieder angreifen. Auch für die Mixed-Staffel am Mittwoch und die Damen-Staffel am Samstag wird die Altmeisterin gebraucht. (dpa)