Sotschi. Die Winterspiele von Sotschi sind Putins Spiele. Was er will, das wird umgesetzt. 50 Milliarden Euro wurden so verschlungen - nie zuvor war Olympia so teuer. Trotzdem wird bei dem Gang durch die Stadt deutlich: vieles ist vordergründig herausgeputzt, aber bitte nicht genauer dahinter schauen.

Die Pizzeria Milano liegt am Rand des Olympiaparks. Italienische Delikatessen will sie den Touristen schmackhaft machen. Gut gemeint, aber schlecht ausgeführt: Das Restaurant ist ein typisches Beispiel für die Unzulänglichkeiten dieser Winterspiele in Sotschi, die am Freitag mit einer sicherlich pompösen Eröffnungsfeier vor 40000 Zuschauern im Fischt-Stadion und rund drei Milliarden Menschen vor den Fernsehschirmen beginnen.

Statt eines grünen Rasens lädt die Pizzeria Milano ihre Gäste mit einem Geröllfeld aus. Kleine Nadelbäume werden mit Seilen von vier Seiten gestützt, weil sie sonst in den grauen Schutt fallen würden.

Vieles in Sotschi ist ein Gemisch von Gigantismus und Dilettantismus. Futuristische Eishallen, die den höchsten sportlichen Ansprüchen genügen, und nur wenige Meter daneben Schutthalden, auf denen kurz vor dem Beginn des größten Spektakels der olympischen Sport-Welt noch die letzten Abfälle verbrannt werden.

Mit dem Jeep entlang der Schwarzmeerküste

Die Winterspiele von Sotschi sind Putins Spiele. Der Präsident der Russischen Föderation hat selbst den Ort ausgesucht, wie er jetzt erzählte. In einem Jeep sei er an der Schwarzmeerküste entlang gefahren und habe sich gedacht, hier wolle er der Welt seine große Show präsentieren.

Was Putin Superzar will, das wird umgesetzt. Auch wenn es 50 Milliarden Euro kostet. Noch nie zuvor ist eine solch gigantische Summe für Olympische Spiele ausgegeben worden. Die immens hohen Ausgaben erklären sich einerseits damit, dass in Russland ein guter Teil von vornherein durch Korruption verschwindet. Andererseits gab es in Sotschi vorher: Nichts. Aber der Macher der Spiele hatte sich sein Wintermärchen für 2014 eben so ausgemalt. Als erstes überzeugte Putin, mit welchen Mitteln auch immer, das Internationale Olympische Komitee (IOC) beim Kongress vor sechseinhalb Jahren in Guatemala, die Spiele an die Schwarzmeerküste zu vergeben, um dort ein neues Wintersportzentrum zu errichten.

Sechseinhalb Jahre später kann das persönliche Prestigeobjekt des Präsidenten ab Freitag über die Bühne gehen. Das IOC unter ihrem neuen Präsidenten Thomas Bach hält Putin bis heute treu die Stange. Nur mit dem Zeitplan hat es trotz der Order von ganz oben nicht ganz hingehauen. So gleichen nicht nur die meisten Hotels eher Baustellen. Der Regimekritiker Boris Nemzow hat viel an Putins Spielen auszusetzen. Die größte Sorge bereiten dem in Sotschi geborenen Nemzow die eilig hochgezogenen Bauten: “Wenn alle Besucher überleben, ist das ein großer Erfolg. Das ist kein Scherz.”

Vieles in Sotschi erinnert an Putinsche, pardon, Potemkinsche Dörfer. Vordergründig herausgeputzt, aber bitte nicht genauer dahinter schauen.

Es gibt mehr Kritikpunkte als olympische Sportarten

Aber die Diskrepanz von Sein und Schein ist nur ein Manko der Spiele von Sotschi. Homophobie, Umweltzerstörung, Gigantismus, Terrorgefahr, Korruption, Doping, Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung von Wanderarbeitern, Massentötung von streunenden Hunden: Es gibt mehr Kritikpunkte, die in den vergangenen Wochen in der Öffentlichkeit zum Ärger des großen Machers diskutiert wurden, als olympische Sportarten.

Vorfreude auf Olympia 2014

Krasnaja Poljana heißt das Wintersportgebiet nahe Sotschi, wo zahlreiche Wettkämpfe von Olympia 2014 ausgetragen werden.
Krasnaja Poljana heißt das Wintersportgebiet nahe Sotschi, wo zahlreiche Wettkämpfe von Olympia 2014 ausgetragen werden. © dpa
Sonne, Strand und ... Schnee. Ein Blick von der  Strand-Promenade in Sotschi mit dem Kaukasus im Hintergrund zeigt die Vielfalt der Region. Andere würden sagen: ...
Sonne, Strand und ... Schnee. Ein Blick von der Strand-Promenade in Sotschi mit dem Kaukasus im Hintergrund zeigt die Vielfalt der Region. Andere würden sagen: ... © dpa
... Russlands Ministerpräsident Putin hat mit Sotschi, den einzigen Ort im Land gefunden, ...
... Russlands Ministerpräsident Putin hat mit Sotschi, den einzigen Ort im Land gefunden, ... © imago/GEPA pictures
... an dem fast nie Schnee liegt. So zieren in diesen Tagen Palmen den Olympia-Park.
... an dem fast nie Schnee liegt. So zieren in diesen Tagen Palmen den Olympia-Park. © dpa
Für winterliche Verhältnisse müssen die Sportler in die nahe gelegenden Berge von Krasnaya Polyana reisen.
Für winterliche Verhältnisse müssen die Sportler in die nahe gelegenden Berge von Krasnaya Polyana reisen. © dpa
... von Krasnaya Polyana reisen.
... von Krasnaya Polyana reisen. © dpa
Dort haben die Organisatoren ein Muster-Skigebiet in die Natur gesetzt.
Dort haben die Organisatoren ein Muster-Skigebiet in die Natur gesetzt. © imago/GEPA pictures
Der deutsche Slopestyle-Fahrer Benedikt Mayr beim Training ...
Der deutsche Slopestyle-Fahrer Benedikt Mayr beim Training ... © dpa
... im Rosa Khutor Extreme Park in der Nähe von Sotschi.
... im Rosa Khutor Extreme Park in der Nähe von Sotschi. © dpa
Auch Norwegens Biathlon-Superstar Ole Einar Bjoerndalen ist bereits eingetroffen. Ebenso wie einige der weltbesten Fotografen, ...
Auch Norwegens Biathlon-Superstar Ole Einar Bjoerndalen ist bereits eingetroffen. Ebenso wie einige der weltbesten Fotografen, ... © dpa
... die von den Sportlern ...
... die von den Sportlern ... © dpa
... wunderbare Fotos schießen.
... wunderbare Fotos schießen. © dpa
Langläufer beim Training vor den olympischen Ringen.
Langläufer beim Training vor den olympischen Ringen. © dpa
Die Freestyle-Skifahrerin Lisa Zimmermann gehört zu den Hoffnungsträgerinnen der Deutschen.
Die Freestyle-Skifahrerin Lisa Zimmermann gehört zu den Hoffnungsträgerinnen der Deutschen. © dpa
Letzte Vorbereitungen ...
Letzte Vorbereitungen ... © dpa
... an der Biathlon-Wettkampfstätte.
... an der Biathlon-Wettkampfstätte. © dpa
Gute Laune haben Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und ihr Freund Matthias Grosse während ...
Gute Laune haben Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und ihr Freund Matthias Grosse während ... © dpa
... des Trainings in der Adler Arena in Sotschi.
... des Trainings in der Adler Arena in Sotschi. © dpa
Ein Kinderspielplatz vor dem Iceberg Skating Palace.
Ein Kinderspielplatz vor dem Iceberg Skating Palace. © imago/GEPA pictures
Die kanadischen Eiskunstläufer Kirsten Moore-Towers und Dylan Moscovitch beim Training.
Die kanadischen Eiskunstläufer Kirsten Moore-Towers und Dylan Moscovitch beim Training. © dpa
Auch das deutsche Paar Daniel und Maylin Wende sind eingetroffen.
Auch das deutsche Paar Daniel und Maylin Wende sind eingetroffen. © dpa
Der Bolshoy Ice Dome und die Olympische Flamme im Olympia Park.
Der Bolshoy Ice Dome und die Olympische Flamme im Olympia Park. © imago/GEPA pictures
Sotschi 2014 sind ...
Sotschi 2014 sind ... © imago/GEPA pictures
... Putins Spiele.
... Putins Spiele. © dpa
Ob der Funke bei solch politischen Spielen wohl auf Athleten und Zuschauer überspringt?
Ob der Funke bei solch politischen Spielen wohl auf Athleten und Zuschauer überspringt? © dpa
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Das wichtigste Problem und gleichzeitig die größte Sorge stellt die Gefahr eines terroristischen Anschlags dar. Mindestens 50000, einige Quellen sprechen sogar von 100000 Polizisten und Soldaten sollen für die Sicherheit der 370000 Einwohner, der Zuschauer und der Sportler sorgen. Es wird sich zeigen, ob in einer solchen Atmosphäre wirklich freudige Stimmung bei den Besuchern aufkommen wird, die normalerweise im Wechselspiel mit den Sportlern das ausmachen, was als Fest des Sports bezeichnet wird.

Es heißt, Sotschi sei erst recht nach den Anschlägen Ende Dezember in Wolgograd, bei denen über 30 Menschen den Tod fanden, zu einer Festung geworden. Für den Betrachter vor Ort ist die Präsenz von Polizisten und Soldaten eher überraschend dezent als erdrückend. Vielleicht hat der alte KGB-Mann Putin aber auch einen Großteil seiner Leute als Zivilisten getarnt.

Die Sportler sind größtenteils zufrieden

Die eigentlichen Hauptpersonen des olympischen Spektakels, die Sportler, sind größtenteils zufrieden. Kritische Geister wie der deutsche Skirennfahrer Felix Neureuther oder seine Schweizer Kollegin Lara Gut bemängeln die Vergabe der megateuren Spiele ins subtropische Sotschi, der mit 137 Kilometern längsten Stadt Europas. Olympia finde nur noch dort statt, wo am meisten bezahlt werde, schimpfte Neureuther, das sei der falsche Weg. Olympische Spiel sollten sportlich bleiben und nicht zu politischen werden, bemängelte Gut.

Die Bedingungen in Sotschi und in der 40 Kilometer entfernten Bergregion sind derzeit optimal. An der Küste strahlt bei zehn Grad die Sonne am blauen Himmel. Der über 3000 Meter hohe schneebedeckte Kamm des Westkaukasus bildet ein imposantes Bild. Abends werden die hypermodernen Sportstätten in ein durch Scheinwerfer angestrahltes Farbenmeer verwandelt. Wie die 12000 Zuschauer fassende Eishalle, bei deren Schöpfung sich die Architekten von einem gefrorenen Wassertropfen inspirieren ließen. Oder das Olympiastadion Fischt, in dem am Freitag die Spiele eröffnet und beim nächsten Putin-Prestigeobjekt 2018 Spiele der Fußball-WM ausgetragen werden.

"Das ist total cool, das Wetter ist perfekt"

Maria Höfl-Riesch wird heute die deutsche Mannschaft ins Stadion führen. “Ich bin bisher sehr zufrieden”, sagte die Fahnenträgerin, “wir alle hatten Angst, dass es zu warm werde, dass es keinen Schnee gebe. Das Gegenteil ist der Fall.” Fast schon euphorisch äußerten sich die deutschen Biathletinnen Evi Sachenbacher-Stehle und Franziska Preuß. “Das ist total cool, das Wetter ist perfekt”, sagte Preuß und ihre Kollegin Sachenbacher-Stehle meinte vor ihren vierten Winterspielen: “Es ist ein Traum zum Laufen. Das ist so, wie man sich Olympia vorstellt.” Das sieht längst nicht jeder so.