London. Es war ein großer Tag des deutschen Ruderns und ein herrlicher Tag für Bundestrainer Ralf Holtmeyer. Der 56-Jährige trug seine Gefühle nach dem Olympiasieg des Deutschland-Achters jedoch nicht nach außen. Im nächsten Winter muss sich Holtmeyer wohl einige neue Ruderer suchen.
Während sich seine großen Jungs die Freudentränen aus den Augenwinkeln wischten, erzählte der „Vater des Erfolgs“ ganz ruhig, wie er die unfassbar starke Vorstellung seiner Besatzung erlebt hatte. Ruder-Bundestrainer Ralf Holtmeyer wirkte fast so, als ob der Deutschland-Achter vor wenigen Minuten nicht olympisches Gold, sondern die Stadtmeisterschaft von Dortmund gewonnen hätte. Hebt er sich die Emotionen für später auf? „So ist es“, antwortete er, „im Ziel habe ich mein Fahrrad abgestellt und mich mit meinen Trainerkollegen gefreut. Aber geweint habe ich nicht.“
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Es war ein großer Tag des deutschen Ruderns und ein herrlicher Tag für Holtmeyer, auch wenn der 56-Jährige seine Gefühle nicht nach außen trägt. Nach der Pleite von 2008 ist er von den Frauen zu den Männern gewechselt und hat es geschafft, aus dem Pannen-Boot einen perfekten Achter zu machen. Holtmeyer ist Architekt und ein bisschen Darwinist. Er weiß, dass es im Achter um die absolute Harmonie geht. Acht Ruderer müssen in perfekter Synchronität ihre Blätter in das Wasser tauchen und ebenso kraftvoll wie elegant durch das Wasser ziehen. Aber bevor es auf dem Wasser um hundertprozentige Übereinstimmung geht, ist im Winter an Land erst einmal von Harmonie nichts zu sehen. 20 Ruderer bewerben sich in Dortmund um die acht freien Plätze. Holtmeyer setzt auf knallhartes Ausleseprinzip. So hat er schon 1988 den Achter zum Gold geführt. „Wir müssen nicht acht Freunde sein, um Erfolg zu haben. Wir sind keine Thekenmannschaft.“
Prinzip des Ralf Holtmeyer ist erneut vergoldet worden
Und so legen sich die Ruderer kräftig ins Zeug, schuften mit Gewichten und stellen sich der Qualifikation in Zweierbooten. „Im Winter und Frühjahr sind wir erbitterte Rivalen“, sagt Schlagmann Kristof Wilke, „danach bilden wir aber ein gutes Team. Die Stimmung ist toll.“ Nur die Stärksten kommen durch, das Prinzip des Ralf Holtmeyer ist erneut vergoldet worden. „Es ist sein Geheimnis des Erfolgs“, sagt Michael Vesper, der Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sport-Bundes, „vielleicht sollten andere Sportarten auch so verfahren, auch wenn man es nicht verallgemeinern kann.“
Im nächsten Winter muss sich Holtmeyer wohl einige neue Ruderer suchen. „Ich weiß noch nicht, wie es weiter geht“, sagt Wilke, „wir alle haben Studium und Beruf schleifen lassen. Ich werde in Ruhe entscheiden, ob und wann ich wieder in ein Boot steige.“ Architekt Holtmeyer wird ein neues Boot bauen. Vorhang auf zum Casting: Wie werde ich Weltmeister und Olympiasieger? Groß und stark müssen die Bewerber sein, aber der Deutschland-Achter von London 2012 wird ein Unikat bleiben.