Düsseldorf. Schlechte Nachrichten für eine Olympia-Bewerbung von Rhein-Ruhr: Brisbane ist der bevorzugte IOC-Ausrichter für 2032. Bach bezieht Stellung.
Es war Michael Mronz am Mittwochabend kurz nach 20 Uhr deutlich anzuhören, in welcher Gemütsverfassung er sich befand. Gut eine halbe Stunde zuvor hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Person von Präsident Thomas Bach im Anschluss an die Sitzung des Exekutivkomitees verkündet: Brisbane ist unser Favorit für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2032. Das Bestreben Mronz‘, mit einer Privatinitiative das Fünf-Ringe-Spektakel an Rhein und Ruhr zu holen, hat dadurch einen herben Dämpfer erhalten. Denn wenn aus NRW-Sicht alles schiefläuft, kann Brisbane als Hauptstadt des australischen Bundesstaates Queensland bereits während der 138. IOC-Session, die im Rahmen der Olympischen Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August) abgehalten wird, als Ausrichter der Spiele 2032 vorgeschlagen werden.
IOC-Präsident Thomas Bach hat das frühe Votum für Brisbane als bevorzugten Bewerber für die Sommerspiele 2032 gegen Kritik verteidigt. Das neue Verfahren „ist kostengünstiger, verhindert jegliche unzulässige Einflussnahme, ist unpolitischer und versachlicht es zunehmend“, sagte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees.
Zu wenig Rückhalt im eigenen Land
„Wir nehmen den überraschenden Schritt des IOC zur Kenntnis, kurzfristig mit den offiziellen Verhandlungen mit einem von mehreren potenziellen Bewerbern für die Vergabe der Spiele 2032 zu beginnen“, sagte Mronz dann nicht mehr selbst am Telefon; so ließ der 53-Jährige sich in einer Minuten zuvor verschickten Stellungnahme zitieren. Die Initiatoren der Rhein-Ruhr-Bewerbung wollen ihre Bemühungen um die Sommerspiele jedoch trotzdem fortsetzen. Mronz: „Unser Angebot für ökologisch und ökonomisch nachhaltige Spiele werden wir weiter aufrechterhalten.“
Was war geschehen? Erstmals hat ein Evaluierungskomitee des IOC die bisherigen Konzepte begutachtet und bewertet. Der Australier John Coates, IOC-Vizepräsident und ein enger Verbündeter von Thomas Bach, hatte dies initiiert. Diese Gruppe war im Zuge des geänderten Verfahrens errichtet worden, laut dem sich nicht nur Städte, sondern auch ganze Regionen um die Austragung bewerben können.
IOC-Spitze einstimmig für Vorschlag
Die Absichtserklärungen von Rhein-Ruhr hat sich die IOC-Gruppe um die Norwegerin Kristin Kloster Aasen genauso angeschaut wie die von Doha, Jakarta, Budapest, Madrid und eben Brisbane. Mit dem Ergebnis: Die Australier hinterließen den besten Eindruck, die IOC-Spitze um Bach folgte dem Vorschlag „einstimmig“ und machte Queensland zum großen Favoriten für die Spiele in elf Jahren.
Denn sollten nun folgende Exklusiv-Verhandlungen zwischen der Evaluierungskommission und dem Nationalen Olympischen Komitee Australiens zu einem positiven Abschluss finden, wird Brisbane auf der IOC-Session in Tokio als Ausrichter für 2032 vorgeschlagen.
IOC-Präsident Bach: "Keine Entscheidung gegen jemanden"
Bach betonte zwar: „Dies ist keine Entscheidung gegen jemanden. Es ist nur ein Votum für einen Interessenten zu diesem Zeitpunkt.“ Die weiteren Kandidaten befinden sich damit jedoch im Hintertreffen. Kloster Aasen hatte in ihrer Erklärung, warum Brisbane so einen guten Eindruck hinterlassen habe, die starke Unterstützung der Stadt durch das australische NOK hervorgehoben. Die habe es „im Falle Deutschlands leider nicht gegeben“, beklagte Mronz. Der Deutsche Olympische-Sportbund (DOSB) hat nach IOC-Angaben bislang auf konkrete Gespräche über die Ausrichtung der Sommerspiele 2032 an Rhein und Ruhr verzichtet. Aber: „Das ist die Basis für die Empfehlung bezüglich der deutschen Bewerbung“, so Kloster Aasen. „Wir respektieren das.“
NRW-Ministerpräsident und Oberbürgermeister beraten
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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich am Dienstag noch optimistisch geäußert, dass nun eine „entscheidende Phase“ beginne und „wir in Bälde offizieller Bewerber der Bundesrepublik für die Olympischen Spiele werden können“. Der CDU-Chef versicherte ebenso, der DOSB stehe wie auch die Bundes- und Landesregierung hinter der Initiative. Am Freitag will Laschet mit den Oberbürgermeistern der beteiligten Städte über die geplante Bürgerbefragung sprechen, die wohl an die Bundestagswahl am 26. September gekoppelt sein könnte. Die mehrheitliche Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger sowie eine gesicherte Finanzierung hatte DOSB-Chef Alfons Hörmann stets als zwingende Grundlage für eine Bewerbung bezeichnet. In der Vergangenheit waren geplante Olympia-Bewerbungen in München und Hamburg am Votum der Bevölkerung gescheitert.
Hörmann will sich nun mit dem Team um Mronz zusammensetzen und über das weitere Vorgehen sprechen. „Gemeinsam mit der privaten Initiative Rhein-Ruhr, die mit höchster Professionalität und beeindruckendem Engagement den Traum von Olympischen und Paralympischen Spielen in Deutschland gelebt hat, werden wir die Situation nach dieser Enttäuschung neu bewerten“, sagte er. Für ihn sei die Entscheidung des IOC nicht überraschend gekommen. Brisbane habe seit Monaten als der klare Favorit im Rennen um 2032 gegolten, weil die Stadt an der Gold Coast bereits alle notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung mitbringe. „Dazu zählt neben einem guten Konzept vor allem die starke Unterstützung durch die Bevölkerung und die Politik“, betonte Hörmann.
Chefplaner Mronz will nicht aufgeben
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Aufgeben will Michael Mronz nicht: „Im internationalen Vergleich hat die Bewerbung von Rhein und Ruhr ein sehr überzeugendes Angebot“, sagt er. „Dem IOC liegt unser Konzept und der Fahrplan inklusive der Bürgerbeteiligung vor.“ Das Problem: Nur wenn sich Brisbane mit der Evaluierungskommission nicht einigen kann, kehren die Australier in ein normales Bewerbungsverfahren zurück – und Rhein-Ruhr könnte wieder hoffen.
Die SPD-Politikerin Dagmar Freitag indes hält das Rennen um die Olympischen Spiele für 2032 für so gut wie gelaufen. „Die Mitteilung des IOC ist aus meiner Sicht weit mehr als nur eine unverbindliche Vorfestlegung auf Brisbane als Ausrichterstadt der Olympischen und Paralympischen Spiele 2032“, sagte die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages. „Langjährige Beobachter der Szene haben genau dieses schon seit geraumer Zeit prognostiziert“, sagte Freitag. „Und das neue Auswahlsystem, von IOC-Präsident Thomas Bach als 'kostengünstiger und unpolitischer, zudem jegliche unzulässige Einflussnahme verhindernd' gepriesen, ist aus meiner Sicht an Intransparenz kaum noch zu überbieten.“