Essen. Sportmanager Michael Mronz engagiert sich für Olympische Spiele an Rhein und Ruhr. Menschen und Region sollen nachhaltig davon profitieren.
Michael Mronz ist ein Macher, kein Zauderer. Das wird schnell deutlich, wenn er über das Thema spricht, das ihn bewegt. Der Sportmanager engagiert sich dafür, die Olympischen Spiele 2032 an Rhein und Ruhr zu holen. Der 52 Jahre alte Kölner redet nicht bedächtig. Was er vermitteln will, bekräftigt der Gründer der „Rhein Ruhr City 2032 Initiative“ mit Leidenschaft. Denn er weiß: Von seiner Idee muss er zunächst einmal viele Menschen überzeugen.
Herr Mronz, Sie sind ein vielbeschäftigter Sportmanager. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich auch noch so ein Mammutprojekt zuzumuten?
Michael Mronz: Wenn man sich die Metropolregion Rhein-Ruhr anschaut, erkennt man schnell, dass es keine andere in Europa gibt, die ein solches Potenzial hat. Erstens haben wir hier neun DAX- und zwölf MDAX-Unternehmen, 450.000 mittelständische Unternehmen und 500.000 Studierende. Zum anderen 115.000 Hotelbetten, obwohl das IOC für Olympia-Ausrichter 42.000 vorschreibt, und eine einzigartige Sportstätten-Infrastruktur: 90 Prozent der benötigten Sportstätten für die Spiele sind bereis heute vorhanden. Wir müssen uns als Region verstehen, und so ein Großereignis kann dazu führen, dass nicht mehr nur einzelne Städte an sich denken.
Was ist denn Ihre persönliche Motivation?
Mronz: Als Überzeugungstäter, der aus dem Sport kommt, liebe ich sportliche Großereignisse, Olympische sowie Paralympische Spiele sind das größte Fest des Sports. In München und Hamburg haben die Bürgerinnen und Bürger dagegen votiert, das fand ich schade. Aber wir müssen uns fragen: Hat es der Sport richtig verstanden, die Idee zu transportieren? Ich glaube, dass ein solches Ereignis eine unglaubliche Kraft entwickelt. Wenn wir an 2006 denken, an das Sommermärchen – was das alles verändert hat. Zum Beispiel ist der Umgang mit der Nationalfahne heute ein ganz anderer als vor dieser Fußball-Weltmeisterschaft. Ich finde außerdem, dass der Wert des Sports für die Gesellschaft wieder mehr zum Ausdruck gebracht werden muss. Integration, Inklusion, Gesundheit, Teamgeist, Fairplay – all das hat uns im Team dazu bewogen, das Thema anzugehen. Es ist ein Thema, für das wir brennen.
Sie investieren sehr viel Zeit. Werden Sie von der Initiativ-Gesellschaft bezahlt?
Mronz: Nein, wir haben die Rhein Ruhr City GmbH mit Sitz in Essen gegründet und Wirtschaftspartner wie Evonik, die RAG-Stiftung, die Telekom oder Daimler dafür begeistert, die die Initiative unterstützen und Mitarbeiter und Projekte finanzieren. Als Geschäftsführer habe ich einen Null-Euro-Vertrag. Es ist nicht das Unternehmerische, das mich derzeit reizt. Es geht mir um die Frage, ob wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern eine Konzeption entwickeln können, bei der alle sagen: Ja, das ist etwas, das uns als Gesellschaft und Region weiterbringen kann. Und zwar in zentralen Fragen, die wir uns momentan stellen. Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus, wie die Arbeitswelt von morgen? Daher sind Dialog-Veranstaltungen wichtig für uns, um ein Angebot zu entwickeln, das aus der Mitte der Gesellschaft heraus kommt und von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Von jeder Dialog-Veranstaltung nehmen wir neue Ideen und kritische Anregungen mit.
Auch interessant
Heißt das, dass heute Olympische Spiele ohne Nachhaltigkeitskonzept und soziales Konzept gar nicht mehr denkbar sind?
Mronz: Entscheidend ist, dass wir eine Antwort auf die Frage geben müssen: Was habe ich als Bürger davon? Diese Antwort können die Spiele allein nicht sein. Klar ist: Es muss ein nachhaltiger Nutzen durch Olympia für die ganze Region möglich sein. Hier zählen andere Argumente als das Ereignis an sich. Auch vor der Fußball-WM 2006 herrschte große Skepsis. Das Ereignis selbst hat kein Akzeptanzproblem, die Begeisterung dafür wird da sein. Die Einschaltquoten waren noch nie so hoch wie heute.
Aber weil Zuschauen oder ein Ereignis in der eigenen Region auszurichten etwas anderes ist, ist also auch Skepsis legitim?
Mronz: Ich finde Skepsis genau richtig, denn dadurch setzt man sich kritisch mit dem Thema auseinander. Unsere Erwartungshaltung ist nicht, dass man momentan sagt: Ja, wir bewerben uns. Sondern wir werben dafür, uns das Vertrauen zu schenken für die Prüfung, ob es lohnenswert ist, sich mit Rhein-Ruhr zu bewerben.
Wann wäre denn der richtige Zeitpunkt für ein Referendum? Erst eine umfassende Bürgerbefragung würde ja messen, wie erfolgreich Sie sind.
Mronz: Eine konkrete Antwort war vor dem Sommer dieses Jahres leichter. Weil das IOC erstens die Entscheidung getroffen hat, dass sich in Zukunft auch Regionen bewerben können – was gut für uns ist. Und weil es zweitens das Vergabeverfahren geändert hat. Bisher wurden sieben Jahre vorher die Spiele vergeben, jetzt können die Spiele 2032 später oder früher als 2025 vergeben werden. Also muss man genau sehen, wann das sein wird, um danach zu schauen, wann man die Bürger befragt.
Aber Sie sind auf jeden Fall für eine Bürgerbefragung?
Mronz: Ja! Sicherlich kann man darüber diskutieren, ob es sinnvoller wäre, wenn die Befragung aus der Bürgerschaft initiiert wird und nicht aus der Politik. Wichtig ist, die Bürger mitzunehmen.
Welches Ergebnis würde Ihnen dann reichen? 51:49?
Mronz: In der Demokratie ist es wie im Sport. Wenn man im Fußball nach 120 Minuten und Elfmeterschießen ein Tor mehr geschossen hat und das Spiel 8:7 ausgegangen ist, dann hat man gewonnen. Das Mehrheitsprinzip ist die Grundlage unserer Demokratie.
Was riskieren wir denn? Viele Städte haben desolate Haushalte. Da stellt sich die Frage: Passt ein Projekt wie Olympische Spiele in diese Region?
Mronz: Mir ist es genau deshalb wichtig, dass wir als Privatinitiative gestartet sind – ohne Steuergelder. So können wir unvoreingenommen in den Dialog mit den Menschen treten. Das ist der entscheidende Unterschied zu Hamburg und München. Wenn wir das Gefühl bekommen, die Menschen finden das alles nicht nachvollziehbar, sollten wir das Konzept nicht weiter verfolgen. Aber wir nehmen momentan mit, dass sie das Konzept überzeugend finden. Sie finden es klasse, dass die Arena auf Schalke auch für Schwimmen genutzt werden soll. Wir sind schon nachhaltig, bevor die Spiele anfangen. Über Kosten haben wir noch kein Wort verloren. Weil das zum jetzigen Zeitpunkt unseriös wäre. Wir verstehen, wenn Menschen sagen: Die Konzeption finden wir bisher logisch, aber es fehlen noch entscheidende Punkte. Auch die Frage, wohin ein Leichtathletik-Stadion kommt.
Danach hätten wir jetzt auch gefragt...
Mronz: Es kommen noch weitere Fragen dazu. Wohin kommt ein Olympisches Dorf? Wohin ein Medienzentrum? Und schließlich: Wie sehen die Finanzen aus?
Auch interessant
Das klingt nachvollziehbar. Irgendwann aber werden Sie all diese Fragen beantworten müssen.
Mronz: Diese Fragen werden wir weit vor einer Bürgerbefragung beantworten. In Hamburg hieß es am Anfang, Olympische Spiele kosten 3,5 Milliarden Euro, dann 6,7, am Ende 11,6. Wir werden alle Budgetposten sehr seriös und nachvollziehbar darlegen. Die Kosten für die Sportstätten, die gering sind, weil schon 90 Prozent vorhanden sind, die Kosten für die Durchführung der Spiele. Die Einnahmepotenziale wie auch die Verpflichtungen. Neu ist: Wir brauchen kein Infrastruktur- und Verkehrskonzept für die Olympischen Spiele. Wenn, dann brauchen wir es für die Region. Und da wäre es eine Chance, dies durch Olympia mit einem vorgegebenen Zieldatum – 2032 – zu versehen.
Das Verkehrsproblem wird im Ruhrgebiet durch den permanenten Stau auf der A 40 dokumentiert. Und es gibt die fehlende Verzahnung im öffentlichen Nahverkehr. Wenn sich durch die Idee von Olympischen Spielen 2032 daran nachhaltig etwas verändern sollte, gäbe es vermutlich mehr Unterstützung, weil den Menschen der Alltag erleichtert würde.
Mronz: Ganz genau. Diese essenziellen Zukunftsthemen werden nicht für, sondern durch die Olympischen Spiele angeschoben. Durch Rhein Ruhr City ist es bereits gelungen, dass 14 Kommunen ein Wir-Denken entwickelt haben und übergeordnete Themen auf der Agenda stehen. Das Thema Mobilität wird in Zukunft nicht mehr an der Stadtgrenze enden, sondern kann nur als Region, im „wir“ gedacht werden.
Schulen, Kindergärten, Sportstätten, Krankenhäuser: Dort, wo es die Menschen direkt betrifft, bemängeln sie Sanierungsstaus. Wenn diese Probleme nicht gelöst werden – wie lässt sich dann für Zustimmung zu Olympischen Spielen werben?
Mronz: Mögliche Olympische Spiele sind kein Allheilmittel, um alle existierenden Probleme zu lösen. Diese Probleme gab es auch vor 20 Jahren, und eine Fußball-WM gab es trotzdem in Deutschland. Die aktuelle Landesregierung hat 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um den Renovierungsstau bei den Sportvereinen abzubauen. Das hat es so noch nie gegeben. Das ist sensationell.
Welche Signale vernehmen Sie vom Deutschen Olympischen Sportbund?
Mronz: Wir sind von Beginn an im Austausch. Ich kann total verstehen, dass der DOSB nicht mit wehender Fahne vorneweg läuft, nachdem er zweimal Schiffbruch erlitt. Aber die Zurückhaltung ist schon der Aussage des DOSB gewichen, dass man sich eine Bewerbung zwischen 2030 und 2040 für Sommer- oder Winterspiele vorstellen kann.
Es wäre gut möglich, dass eine Bewerbung von Rhein-Ruhr im Wettbewerb stünde mit Metropolen aus anderen Teilen der Welt. Es könnte Kräfte geben, die deshalb auf Berlin warten.
Mronz: Es sollte der Bewerber für Deutschland an den Start gehen, der ökologisch und ökonomisch das sinnvollste, nachhaltigste Konzept hat. Und zweitens der mit dem besten Sportkonzept. Ich glaube, dass unser Angebot attraktiv ist. Wir können Sportarten wie Basketball, Schwimmen, Reiten, Hockey, Volleyball und Handball vor jeweils 40.000 bis 50.000 Zuschauern präsentieren, ohne etwas neu bauen zu müssen. Das ist einmalig in der olympischen Geschichte. Wir können ein großes Fest des Sports feiern.
Sie müssten Tausende Athleten im Olympischen Dorf unterbringen. Dazu brauchen Sie eine große Fläche. Wie soll das gehen?
Mronz: Ich glaube, dass wir für das Olympische Dorf drei, vier Standorte als Alternativen haben werden, und zwar dort, wo es auch eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Nachnutzung gibt. Dazu sind wir in Gesprächen miteinigen Kommunen, aber sehen Sie mir nach, dass ich die heute noch nicht nenne.
Auch interessant
Und wie sieht es mit dem Leichtathletik-Stadion aus?
Mronz: Dafür gibt es drei Konzepte. Das eine ist: Wenn ein Bundesligist ein neues Stadion plant oder ein bestehendes renoviert, gibt es Techniken, wie man temporär ein Leichtathletik-Stadion integrieren kann. Möglichkeit zwei: ein kombiniertes Stadion für etwa 25.000 Zuschauer, das gebaut und weiterhin genutzt wird und temporär für die Spiele aufgestockt wird. Dritte Möglichkeit: ein Stadion, das temporär gebaut und komplett zurückgebaut wird.
Ministerpräsident Laschet hat Ihr Konzept eines „ohne Gigantismus und ohne Pomp“ genannt. Das IOC aber hat die Spiele bisher oft genau gegenteilig inszeniert. Und der Ruf des IOC ist auch nicht der beste, man denke auch an Korruption und den Doping-Skandal um Russland. Könnte Ihnen deshalb eine Ablehnung entgegenschlagen, für die Sie gar nichts können?
Mronz: Wir werben für unser Konzept! Das Ganze ist ein Marathon. Und beim Marathon geht es nicht darum, ständig vorne zu liegen, sondern wenn man über die Ziellinie läuft. Wenn wir am Ende eine Konzeption haben, die von zehn Millionen Menschen mitentwickelt worden ist, ist das schon ein schlagkräftiges Argument.