Pyeongchang. . Deutschlands Olympia-Chef Alfons Hörmann schwärmt in unserem Interview von den deutschen Sportlern – und übt Kritik an Russland.

Am Sonntag enden die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, Deutschland wird mit einer nationalen Rekordzahl an Goldmedaillen am Ende glänzend dastehen. Kein Wunder, dass Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), vollauf zufrieden ist. Vor den letzten Wettbewerben spricht der 57-Jährige über Olympia in Südkorea und Deutschland, die Probleme des IOC und ein bedauerliches Versäumnis Russlands.

Welche Eindrücke haben Sie von Südkorea gewonnen?

Alfons Hörmann: Spannend, dynamisch, fleißig, innovativ. Die Bevölkerung zeigt eine Leistungsbereitschaft, die aus deutschem Verständnis in den Grenzbereich oder darüber hinaus geht.

Eine Wintersportnation wird aber nicht mehr daraus, oder?

Hörmann: Das würde ich mit den neu geschaffenen Anlagen, vielen jungen Menschen und der Nähe durch zwei Stunden Zugfahrt nach Seoul nicht sagen. Die Voraussetzungen sind eigentlich traumhaft, ich würde mir ein solches Zentrum in Deutschland wünschen.

War es richtig, Winterspiele hierher zu vergeben?

Hörmann: Südkorea kann mit bestem Gewissen sagen: Wir haben sehr erfolgreiche Winterspiele ausgeführt. Die Tatsache, dass der Weltsport Interesse hat, neue Regionen zu erschließen, ist unter internationalen Gesichtspunkten nachvollziehbar. Ein bisschen schade ist, dass die Spiele mit Peking 2022 nun zweimal in unmittelbarer Folge in Asien stattfinden. Umso mehr sollten sich die Europäer bemühen, dass sich 2026 ein anderes Szenario ergibt.

Wie realistisch sind denn noch Olympische Spiele in Deutschland in den nächsten Jahren?

Hörmann: National muss sich die Stimmungslage wieder dahin entwickeln, wie es in den letzten zwei Wochen der Fall war. Dann müsste es möglich sein, und es wäre erstrebenswert, zwischen 2030 und 2040 noch mal ins Rennen zu gehen.

Das Ruhrgebiet zeigt sich konkret an einer Austragung 2032 interessiert. Gibt es Punkte, die dagegen sprechen?

Hörmann: Ich sehe erst einmal prinzipiell kein Ausschlusskriterium, warum das nicht möglich sein sollte.

Die letzten Bewerbungen sind gescheitert oder gar nicht erst ermöglicht worden. Die Deutschen haben sich offensichtlich davon verabschiedet, Olympia-Gastgeber sein zu wollen.

Hörmann: Leider stellen wir fest, dass es immer dann, wenn die Bevölkerung zu Großprojekten gefragt wird, tendenziell leichter fällt, Gegner als Befürworter zu mobilisieren. Einem Land wie Deutschland, das politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich international stark positioniert ist, würde es gut zu Gesicht stehen, Großsportveranstaltungen verschiedener Arten auszurichten.

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Das Vertrauen in Olympia fehlt. Ein großes Problem des IOC ist das Doping, im Russland-Fall hat es eine sehr schwache Figur abgegeben. In Pyeongchang gab es bisher nur drei Sünder, aber zufrieden kann man nicht sein.

Hörmann: Die Tatsache, dass einzelne Sportler ertappt wurden, spricht dafür, dass die Kontrollsysteme greifen. Die Athleten aus unserem Team berichten, dass professionell und intensiv kontrolliert worden ist.

Oft muss der Medaillenspiegel im Nachhinein korrigiert werden.

Hörmann: Dass Einzelfälle auch Jahre danach gefunden werden, spricht ja nur für funktionierende Kontrollsysteme. Aber das kann nicht die Zielsetzung sein. Man kann nur hoffen, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada künftig so agiert, dass sich Sotschi nie wiederholt.

Ist das IOC aktiv genug?

Hörmann: Da bin ich klar auf Seiten des IOC. Ich bin der Meinung, dass es im Antidopingkampf von den Aktivitäten bis hin zur Finanzierung alles Menschenmögliche unternimmt. Da steht dann schon eher die Wada in der Pflicht, die im Hinblick auf Russland, was vor und während der Spiele in Sotschi gelaufen ist, nicht ansatzweise in der Professionalität gearbeitet hat, wie man es von ihr erwarten muss.

Jetzt kommen ausgerechnet zwei der drei Erwischten aus Russland. Einzelfälle? Oder lässt das vermuten, dass das Dopingsystem noch immer funktioniert?

Hörmann: Ich finde es höchst bedauerlich, dass es wieder aus dem russischen Team kommt, weil es neue Spekulationen nährt.

Wäre es da überhaupt ratsam, die Russen am Sonntag bei der Abschlussfeier wieder hinter ihrer Fahne laufen zu lassen?

Hörmann: Ich persönlich sehe es als sehr ambitioniert an, das hier schon vor Ort umzusetzen. Den Status „Unter Beobachtung“ hätte ich mir bis Tokio gut vorstellen können.

Wenn Sie russische Funktionäre hier erlebt haben, wirkten die geläutert oder gedemütigt?

Hörmann: Ich konnte weder das eine noch das andere erkennen. Ich hätte mir im Umfeld der Spiele einmal ein klares Statement für Fairplay vorstellen können. Dafür wäre hier in Pyeongchang genau der richtige Platz und Zeitpunkt gewesen. Aber ich habe keines vernommen.

Das Abschneiden der deutschen Athleten war sehr erfreulich. Wie fällt Ihr sportliches Fazit aus?

Hörmann: Wir sind zuversichtlich angereist, aber mit der notwendigen Portion Gelassenheit und Demut. Und mit dem Grundsatz: Lasst uns für die Sportler bestmögliche Voraussetzungen schaffen, mit eigenem Trainingscenter und einem Deutschen Haus, in dem sich die Athleten im besten Sinne des Wortes zu Tages- und Nachtzeit wohlfühlen können. Wir wollten in Abstimmung mit dem Chef de Mission, Dirk Schimmelpfennig, nicht so sehr an Zielvorgaben und Medaillenspiegeln orientiert in die Spiele gehen. Die Tatsache, dass sich professionelle Lockerheit und Erfolgsfokussierung, verteilt auf verschiedene Sportarten, so schön im Ergebnis widerspiegelt, ist Bestätigung für den gesamten Kurs. Das Team ist insgesamt vorbildlich aufgetreten.