Pyeongchang. Skispringer Andreas Wellinger holte in Pyeongchang seine zweite Medaille - diesmal Silber. Im Team müssen auch die Kollegen in Top-Form sein.
Deutsche Medaillen im Skispringen werden in Südkorea nicht nur auf der Schanze, sondern vor allem im Bett und in der Tiefgarage des Athletendorfs gemacht. So muss man das wohl verstehen, Andreas Wellinger hat davon erzählt. Jedenfalls betrachtet es der Olympiasieger von der Normalschanze als sein Erfolgsgeheimnis.
Alle vier Deutschen waren unter den Top 15
Natürlich kommt es weiterhin auf Flughaltung, Landung und erst recht Weite an, aber die Voraussetzungen für Gold, Silber und Bronze werden bei den DSV-Adlern in der Unterkunft geschaffen. In der Garage im Olympischen Dorf, „die so riesig ist, dass da 10.000 Autos reinpassen“, sagt Wellinger nach dem Gewinn der Silbermedaille von der Großschanze, haben die Teamkollegen und er ein provisorisches Trainingszentrum eingerichtet, „denn eine Sporthalle gibt es im Dorf ja nicht.“ Noch wichtiger jedoch sind die Matratzen, die von den Deutschen in ihrem Quartier ausgetauscht wurden. Der eigene Lieferant habe mehr als 30 Exemplare mit unterschiedlichen Härtegraden zur Verfügung gestellt. Um sich wohlzufühlen, habe der DSV-Co-Trainer deshalb vor den Olympischen Spielen probegelegen. „Unsere Matratze fühlt sich deutlich besser an als die, die vorher im Bett war. Und ich bin ziemlich durcheinander, wenn ich schlecht geschlafen habe“, erzählt der 22-Jährige. Aber: „Er hat zum Glück gleich fünf gute geblockt.“
Von einer dieser fünf Matratzen ist in Pyeongchang schon ein Medaillengewinner aufgestanden – drei der vier Teamkollegen Wellingers sollen am Montag dasselbe sagen können, wenn die Skispringer mit der Mannschaft (ab 13.30 Uhr deutscher Zeit) ihren letzten olympischen Wettbewerb absolviert haben. „Wenn jeder die Leistung bringt, müssen sich die anderen lang machen, um uns zu schlagen“, sagt Vorzeigespringer Wellinger optimistisch.
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Seit Sonntagabend steht fest, dass Markus Eisenbichler für eine Medaille nicht mehr infrage kommt. Nach einem letzten Trainingssprung beorderte Bundestrainer Werner Schuster stattdessen Stephan Leyhe ins DSV-Quartett. Der Willinger schaute bisher bei den Einzelwettbewerben nur zu, scheiterte stets hauchdünn in der internen Qualifikation an Karl Geiger. „Er springt sehr stabil, hat keine Ausreißer“, rechtfertigt Schuster seine Nominierung.
Ob es für Wellinger, Geiger, Leyhe und Richard Freitag im Nationenduell mit den norwegischen Flugassen und den Polen um Kamil Stoch, der auf der Großschanze seinen Titel von Sotschi 2014 verteidigte, zu Gold, Silber oder Bronze reicht, hängt nicht allein von Überflieger Wellinger ab. Für erneutes Team-Gold wie schon vor vier Jahren nimmt Richard Freitag eine entscheidende Rolle ein.
Um den Unterschied zu machen, bedarf es mindestens zweier Topspringer. Alle vier Deutschen waren am Samstag von der Großschanze unter den Top 15. Freitag (9.) jedoch ist mit Ausnahme von der Skiflug-WM, als er im Januar in Oberstdorf Bronze gewann, weit entfernt von seinem Leistungsvermögen, das ihn den Weltcup bis zum Sturz bei der Vierschanzentournee in Innsbruck hat bestimmen lassen.
Wellinger: "Mit der Goldmedaille habe ich alle Erwartungen übertroffen"
Der 26-Jährige glaubt zwar, inzwischen wieder eine Linie für sich gefunden zu haben, „aber die sollte auch vielleicht irgendwann mal aufgehen. So viel fehlt nicht, es sind nur Kleinigkeiten.“ Werner Schuster weiß um die Bedeutung eines guten Richard Freitags für das Team. Deshalb wählt der Bundestrainer statt einer schonungslosen Analyse aufbauende Worte. „Er springt nach wie vor nicht schlecht“, so Schuster. „Aber nicht schlecht ist im Moment zu wenig, um eine Medaille zu holen. Dafür muss man gut beziehungsweise sehr gut springen.“ Der Stimme des Österreichers ist zu entnehmen, wie sehr er es bedauert, dass Freitag sein unglaubliches Potenzial in Pyeongchang noch nicht mit Medaillen belohnen konnte. Weil es nicht zu zwei Sprüngen innerhalb eines Wettkampfes ohne Beanstandungen kam. Schuster: „Es geht jetzt darum, ihn zu unterstützen, den Kopf freizukriegen. Da kann er sich auf die Kollegen verlassen. Ich bin mir sicher, dass Richard dem Team nochmal helfen kann.“
Weil Skispringen ein Tagesgeschäft ist, darf man die Athleten tatsächlich nie frühzeitig abschreiben. Wellinger dagegen hat gerade den Vorteil, einen starken Sprung nach dem anderen sicher zu landen. „Ich mach’s einfach“, antwortet der bayrische Lausbub auf die Frage, wie er sich die Konstanz in seinen Sprüngen erkläre. „Mit der Goldmedaille habe ich alle Erwartungen übertroffen, deswegen konnte ich mich umso entspannter vorbereiten.“ Dazu gehört in Pyeongchang dann auch, mal das Handy mit den minütlich eintreffenden Glückwunsch-Nachrichten beiseite zu legen und einen dänischen Krimi zu lesen.
Wo er sich diese Entspannung holt? Natürlich in seinem Bett.