Jeongseon. Deutschlands Skihoffnungen gehen an den Start. Thomas Dreßen ist Favorit in der Abfahrt. Viktoria Rebensburg im Riesenslalom.

Es war dann doch ein bedeutender Moment, als sich Thomas Dreßen am Dienstag um kurz nach halb zwölf Ortszeit aus dem Starthäuschen der Abfahrtsstrecke in Jeongseon abdrückte. Mit ein paar Skateschritten nahm Deutschlands Skihoffnung Tempo auf, nach drei Tagen Wind und Wetter in Südkorea konnte endlich der erste olympische Wettbewerb gestartet werden. Dreßen fuhr als Erster die verkürzte Kombinationsabfahrt und hielt auch nach dem 65. Starter noch immer die Bestzeit. Lange musste er in der sogenannten Leaderbox ausharren.

„Ach, das war cool“, sagte der 24-Jährige, als ihm die Sonne kräftig in den Nacken schien. „Da hockt man doch immer gerne.“

Am Ende der ersten alpinen Entscheidung mit dem erwarteten Sieg von Austria-Superstar Marcel Hirscher war Dreßen Neunter. Weil zur Kombination eben noch ein Slalom gehört. „G’scheit Gas gegeben“ habe Dreßen, „aber ich habe mir schon ein besseres Ergebnis ausgerechnet. Nach der Ausgangslage willst du natürlich eine Medaille holen – das ist das, worum es bei Olympia geht.“

Ein Tag – zwei Medaillenhoffnungen

Der Groll war schnell verflogen, denn die erste Fahrt bei den Winterspielen von Pyeongchang musste nicht mit einer Medaille um den Hals gebunden beendet werden. Um die geht es viel mehr morgen, am Super-Donnerstag für den Deutschen Skiverband.

Thomas Dreßen startet in der von Samstag verlegten Abfahrt (3.30 Uhr deutscher Zeit), Viktoria Rebensburg kann im benachbarten Skigebiet Yongpyong im Riesenslalom (2.00 und 5.45 Uhr) zum Gold fahren. Dreßen: „Die Vicky ist mit Sicherheit Medaillenfavoritin, ich sehe mich als Außenseiter-Favorit.“ Ein Tag, zwei Medaillenhoffnungen und unendlich viel Druck für den Verband. DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier betont: „Thomas ist im engen Kreis der Medaillenkandidaten, das können wir nicht wegdiskutieren.“ Eine Medaille soll es werden, lieber zwei, denn: „Man weiß ja nie, was solche Donnerstage bringen, aber danach wird’s wieder etwas schwieriger.“

Erstes Gold seit 1994 möglich

Ein Triumph Dreßens auf der 2857 Meter langen Abfahrt wäre für den Verband das erste Herren-Gold seit Markus Wasmeiers Doppel-Gold 1994. Mit dem Sieg auf der Kitzbüheler Streif Ende Januar habe er bereits einen Status erreicht, mit dem nicht einmal Olympiasieger mithalten könnten, meint Maier. Es war das beste Resultat einer Runderneuerung im Männer-Speed-Lager, das 2014 gar bedingt durch Aussichtslosigkeit schon vor seiner Auflösung stand.

Dann kamen Mathias Berthold als Chef- und Christian Schwaiger als Techniktrainer zu den Abfahrern. Die Österreicher führten 2010 die DSV-Damen um Maria Riesch, damals ohne Namenszusatz Höfl, zu dreimal Olympia-Gold. Das wollen Berthold als Motivator und Schwaiger als Technikveredler 2018 mit Dreßen sowie Andi Sander und Josef Ferstl nachholen. „Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin“, sagt Dreßen.

Auch Viktoria Rebensburg geht als Favoritin in den Riesenslalom. 2010 in Vancouver gewann die Tegernseerin mit 20 Jahren Gold, vier Jahre später folgte in Sotschi Bronze – nun kann sie als erste nach der Italienerin Deborah Compagnoni Doppel-Olympiasiegerin in ihrer Lieblingsdisziplin werden. Die Ruhe auf der Piste behält Rebensburg auch, wenn sie an diesen Umstand denkt: „Wer aufs Podium fahren will, bei dem muss alles passen. Deshalb sind solche Rekorde definitiv nicht in meinem Kopf.“