Pyeongchang. Biathletin Laura Dahlmeier hält dem Druck stand und holt im Sprintrennen ihren ersten Olympiasieg. Anschließend strahlt sie über das ganze Gesicht.

Da stand sie nun im gleißenden Flutlicht des Alpensia Biathlon Centers, atmete vor der Blumenzeremonie noch einmal tief durch und stieg dann schwungvoll auf das Podest, um dort noch einmal in die Höhe zu springen. Fast so, als wollte sie nach den Sternen greifen. Dabei hatte Laura Dahlmeier gerade erstmals den höchsten sportlichen Gipfel erklommen.

"Davon habe ich schon als Kind geträumt und früher in meinem Kinderzimmer für diesen Tag geübt. Da habe ich auf dem Stockbett gestanden und gejubelt", verriet die Biathlon-Königin. Als Schulanfängerin schrieb sie einer Freundin als Berufswunsch einst sogar Olympiasiegerin ins Poesiealbum. Und auch die Medaillenvergabe spielte die kleine Laura ganz gern mal durch. Wie es sich tatsächlich anfühlt, wird sie am Sonntagabend erfahren, wenn es zur offiziellen Siegerehrung auf der Olympic Plaza in Pyeongchang kommt.

Dank einer beeindruckenden Darbietung mit einer fehlerfreien Schießleistung ließ Dahlmeier der Konkurrenz im 7,5-km-Sprint keine Chance. Sie verwies die Norwegerin Marte Olsbu (1 Fehler) um 24,2 Sekunden auf den zweiten Platz. Veronika Vitkova aus Tschechien wurde Dritte (1/25,8 s). Auf Platz fünf landete Vanessa Hinz (1/40,3). Ein Patzer beim letzten Schuss verdarb der Schlierseerin die greifbare Medaille. Am Montag bietet sich eine neue Chance in der 10-km-Verfolgung, in die Dahlmeier nun als klare Favoritin geht.

Dahlmeier strahlte übers ganze Gesicht

Kati Wilhelm, die bislang einzige deutsche Sprint-Olympiasiegerin (2002), hatte am Schießstand mitgefiebert und nach der tollen Vorstellung erklärt: "Jetzt können es ganz große Spiele für Laura werden." Aber mit der Zukunft wollte sich die 24-Jährige partout noch nicht beschäftigen. Sie genoss den Erfolg in vollen Zügen: "Das war ein unheimlich wichtiges Rennen für mich. Für diesen Tag habe ich so viel investiert. Dass der Traum in Erfüllung geht, ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagte Dahlmeier und strahlte übers ganze Gesicht.

In den Stolz mischte sich gewiss auch jede Menge Erleichterung. Sie galt als große Hoffnungsträgerin auf das erste deutsche Olympia-Gold in Pyeongchang - und wurde dieser Erwartungshaltung gerecht. Wieder einmal. Auf niemanden ist derart Verlass wie auf die Partenkirchenerin. Seit drei Jahren dominiert sie die Biathlon-Szene und ruft bei den Saison-Höhepunkten regelmäßig ihre Bestform ab. Seit dem 5. März 2016 hat sie bei den Großereignissen (Weltmeisterschaft, Olympische Spiele) in elf Wettbewerben in Folge stets eine Medaille gewonnen; sechs der letzten sieben glänzen sogar golden. Hinzu kam im vergangenen Winter der Gesamtweltcup.

"Diesen Auftakt hatte ich mir insgeheim gewünscht", meinte Bundestrainer Gerald Hönig und wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. Vor allem nach dem Desaster von Sotschi vor vier Jahren, als die deutschen Biathletinnen erstmals bei Olympia ohne Edelmetall geblieben waren, genoss er diesen glänzenden Auftakt. Doch hinter dem Erfolg steckt eine enorme akribische Vorbereitung. Während sich einige Konkurrentinnen vor einem Jahr die weite Reise zum Weltcup nach Pyeongchang geschenkt hatten, erklärte Dahlmeier die olympische Generalprobe zum Pflichtprogramm. Jedes einzelne Teilstück der Strecke nahm sie genau unter die Lupe, begutachtete die verschiedenen Übergänge. Beim Kampf um die Sekunden sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Am Schießstand testete sie bei unterschiedlichsten Bedingungen und stellte fest: "Ich komme hier gut zurecht." Die beiden Weltcup-Erfolge (Sprint, Verfolgung) gaben zusätzliche Sicherheit.

Starke Leistung am Schießstand

"Das war jedoch kein Selbstläufer. Laura hat sich diesen Sieg hart erarbeitet - vorher und auch während des Rennens", resümierte Hönig und meinte damit nicht nur die fulminante Schlussrunde. Vor allem die Leistung am Schießstand bei Windböen bis zu elf Stundenkilometern war eines Champions würdig. Im Liegendanschlag reagierte sie zweimal auf die tückischen Verhältnisse, in dem sie am Raster der Zieleinstellung drehte. Stehend wartete sie nach drei Treffern ganz cool eine Böe ab, um dann die letzten beiden Scheiben abzuräumen.

"Man muss fokussiert sein und bei sich bleiben", beschrieb Dahlmeier ihr Erfolgsgeheimnis. Neben ihr gelang nur zwei weiteren Athletinnen im 87-köpfigen Feld ein makelloses Schießergebnis. Dass es vor der spärlichen Kulisse ungewöhnlich leise im Stadion war, störte sie nicht: "Das mag ich sogar mehr, als wenn 50 000 Leute schreien."

In der Ruhe liegt offenbar ihre Kraft.