Budapest. . Nach den Weltmeistern Keke Rosberg, Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen erobert jetzt Valtteri Bottas die Formel 1. Im Williams-Rennstall hat der 24 Jahre alte Finne die eigentliche Nummer 1, Felipe Massa, schon längst hinter sich gelassen. Trotzdem bleibt er vor dem Grand Prix von Ungarn bescheiden.
Ausgerechnet jetzt, da Williams so richtig in Schwung gekommen ist, steht mit dem Großen Preis von Ungarn so etwas wie die verkehrsberuhigte Zone der Formel 1 auf dem Programm. Valtteri Bottas, neben Vettels Teamkollege Daniel Ricciardo die Überraschung der Saison, erwartet dennoch keinen Karriereknick. Es ist erst der 30. Grand Prix für den Finnen, aber schon fordert das britische Branchenblatt „autosport“: „Mach’ Platz, Kimi.“
Der Mann mit der Startnummer 77 stiehlt dem zehn Jahre älteren Ferrari-Piloten die Schau. Räikkönen war zweimal Siebter in diesem Jahr, Bottas in Hockenheim zum zweiten Mal in Folge Zweiter. Dadurch ist seinem Team ein psychologisch wichtiges Überholmanöver gelungen – die Dinos aus Mittelengland sind in der Konstrukteurs-WM an Ferrari vorbei auf Rang drei gezogen. Und Noch-Weltmeister Sebastian Vettel lobt: „Williams hat es verdient, mal wieder weiter vorn zu sein.“ Was für eine Renaissance – letztmals war der Traditionsrennstall 1997 Champion.
Das ganze Team hat eine neuer Richtung
Der Aufschwung beschleunigt auch das Selbstbewusstsein. „Wenn man wie wir Weltmeister werden will, dann muss man Teams wie Ferrari, Red Bull oder auch Mercedes schlagen. Das ist unser Ziel“, sagt Renn-Ingenieur Rob Smedley.
Mittlerweile sind Mercedes-Power, die Routine und der Sieghunger synchronisiert worden. Das ganze Team hat eine neue Richtung bekommen. Und mit dem erst 24 Jahre alten Bottas gibt es einen Vollstrecker im Cockpit. Eine Art Räikkönen 2.0, der die natürlichen Rennfahrerinstinkte mit einem ungeheuren Fahrgefühl paart.
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Einer, der auch die Vorgaben der Ingenieure exakt umsetzt. Der sehr schnell lernt und mit dem es einfach ist zu arbeiten, der nicht ausschließlich in „Ich“, sondern auch in „Wir“ denken kann. Dazu unterscheidet ihn vom großen Landsmann noch eins: Er spricht. Freiwillig, ausgiebig, klug. Zum frischen Ruhm sagt er: „Es fühlt sich gut an, Teil des Erfolgs zu sein.“
Im internen Stall-Duell mit Felipe Massa, der eigentlich als Nummer eins bei Williams verpflichtet wurde, steht es nach Punkten derzeit 91:30 für Bottas. Der Brasilianer tut sich weit schwerer als gedacht mit dem Finnen, der sich sein Erkenntnisse nicht nur in der Rennfabrik und im Simulator unermüdlich erarbeitet, sondern diese auch sofort radikal umsetzt.
Zweite Saison, drei Podestplätze in Serie, Bottas’ Leistungen werden von seiner Chefin Claire Williams als „einfach grandios“ eingestuft. Und solche Komplimente wollen in einer von rauem Charme geprägten Rennstallatmosphäre schon etwas heißen.
Olympia-Schwimmerin als Freundin
In den sozialen Medien ist „BO77AS“ ein Markenzeichen, für die Vermarktung sicher nicht hinderlich ist auch seine Beziehung zur finnischen Olympiaschwimmerin Emilia Pikkarainen. Selbst Teamgründer Frank Williams, nicht gerade für Lobeshymnen auf das Personal bekannt, reiht sich ein: „Jedes Team träumt davon, dass der Himmel einen jungen Mann schickt, der geboren wurde, um Rennen zu fahren. Ayrton Senna war so einer, Emerson Fittipaldi und Vettel vielleicht auch. Wir hoffen wirklich sehr, dass Valtteri auch einer von dieser Sorte ist.“
Bottas selbst zieht Pragmatismus jeglichem Pathos vor und hat die Nachfolge der finnischen Weltmeister Keke Rosberg, Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen noch in die Ferne gerückt: „Ich möchte in Ungarn gut abschneiden, das würde mir nämlich für die Sommerferien ein gutes Gefühl geben.“