Köln. . Mercedes hat bekannt gegeben, den auslaufenden Vertrag von Michael Schumacher nicht zu verlängern. Nun äußern sich Fahrer, Teamchefs und Experten. Die ersten Stimmen zur Entscheidung.

Michael Schumacher: 'Ich hatte drei schöne Jahre beim Mercedes-F1-Team, die leider sportlich nicht so gelaufen sind, wie wir uns das alle gewünscht hatten. Ich wünsche Lewis alles Gute und der gesamten Mannschaft den Erfolg, für dessen Aufbau wir so hart gearbeitet haben. Ich möchte mich beim Team für das Vertrauen und bei den Jungs für ihren unbedingten Einsatz bedanken. Jetzt werde ich mich auf die kommenden Rennen konzentrieren.'

Lewis Hamilton: 'Es ist für mich jetzt die Zeit gekommen, eine neue Herausforderung anzunehmen, und ich freue mich, ein neues Kapitel damit zu beginnen, für Mercedes zu starten. Mercedes-Benz besitzt eine unglaubliche Motorsport-Tradition sowie einen leidenschaftlichen Siegeswillen, den auch ich teile.'

Nico Rosberg: 'Sehr cool, dass Lewis mein neuer Teamkollege wird. Das wird eine weitere große Herausforderung.'

Ross Brawn (Mercedes-Teamchef): 'Zunächst möchte ich Michael Schumacher im Namen von Mercedes AMG Petronas für seinen wichtigen Beitrag zur Entwicklung unseres Teams, in den letzten drei Saisons danken. Seine Energie und sein Einsatz haben nie nachgelassen, auch dann nicht, wenn unsere Resultate nicht unseren Erwartungen entsprachen. Wir sind entschlossen, die Saison 2012 gemeinsam auf einem Hoch zu beenden. Es war und ist ein Vergnügen, mit Michael Schumacher zusammenzuarbeiten. Mit Blick auf 2013 freue ich mich, Lewis Hamilton in unserem Team willkommen zu heißen. Ein Fahrer von Lewis' Fähigkeiten im Team unterstreicht die Bedeutung von Mercedes-Benz in der Formel 1. Ich glaube, dass Lewis und Nico die interessanteste und aufregendste Fahrerpaarung im kommenden Jahr im Feld sein wird, und ich freue mich darauf, zu sehen, was wir zusammen erreichen können.'

Norbert Haug: "Es bedarf eines großartigen Fahrers, um Schumacher zu ersetzen." 

Norbert Haug (Mercedes-Motorsportchef): 'Mercedes-Benz hat Lewis während seiner Karriere, vom Kartsport über die Formel 3 bis zur erfolgreichen Partnerschaft mit McLaren unterstützt. Es wird für uns alle im Team ein schöner Moment sein, ihn nächste Saison am Steuer eines Werks-Silberpfeils zu sehen und dabei die Tradition britischer Mercedes-Benz Grand Prix-Fahrer wie Sir Stirling Moss und Richard Seaman fortzusetzen. Natürlich bedarf es eines großartigen Fahrers, um einen so legendären und erfolgreichen Fahrer wie Michael Schumacher zu ersetzen. Während der vergangenen drei Jahre war Michael ein großartiger Fahrer und vorbildlicher Botschafter für Mercedes, und seine Erfahrung war ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung unseres Teams in Brackley. Wir bedanken uns bei ihm für seine Loyalität, sein Teamplay und seinen Einsatz. Wir werden sehr hart zusammen arbeiten, um die bestmöglichen Ergebnisse im Rest der Saison 2012 zu erzielen.'

Niki Lauda: 'Michael Schumacher hat nichts zu bereuen, auch wenn sein Comeback nicht so verlaufen ist, wie er sich das vorgestellt hat. Sein Denkmal hat dadurch keine Risse erhalten. Von ihm wird immer in Erinnerung bleiben, dass er siebenfacher Weltmeister ist. In den drei Jahren hatte er einfach kein Top-Auto, da wird es auch für einen Schumacher schwierig. Sein Abschied reißt ein Riesenloch. Aber mit Lewis Hamilton hat Mercedes einen super Mann geholt, der das Team weiter nach vorne bringen wird.'

Marc Surer (Sky-Experte): 'Michael tut mir ein bisschen leid. Er erlebt jetzt bei Mercedes die gleiche Situation wie vor ein paar Jahren bei Ferrari. Damals musste er für Kimi Räikkönen Platz machen, jetzt für Hamilton. Die Tatsache, dass er selbst eine Entscheidung für Oktober angekündigt hatte, zeigt, dass er nicht ganz freiwillig geht.'

Robert Harting (Diskus-Olympiasieger): 'Das ist ein reisengroßer Verlust. Michael ist natürlich ein extremer Sympathieträger. Er trägt den sportlichen Geist in die Gesellschaft. Wenn so eine Bank wegbricht, dann ist das ein Verlust. Jetzt müssen andere einspringen. Ich hoffe natürlich, dass Sebastian (Vettel, d. Red.) das macht. Persönlich ist Schumacher für mich die erste große Sport-Ikone gewesen. Ich habe mit meinem Vater immer auf der Couch gesessen und Formel-1-Rennen geguckt. Das war für mich die Person überhaupt, die den deutschen Sport repräsentiert hat. Ich hoffe, dass das jetzt auf viele andere verteilt wird und der Geist dadurch in Deutschland nicht stirbt.'

Willi Weber glaubt, Schumacher wird Mercedes-Berater 

Herr Weber, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie gehört haben, dass sich Mercedes von Ihrem ehemaligen Schützling Michael Schumacher trennen wird?

Willi Weber (Schumachers ehemaliger Manager): Ich war schon betroffen und berührt. In habe ihn in Monza das letzte Mal gesehen - er war voller Elan und Ehrgeiz, er hat mich voll überzeugt. Dort bin ich davon ausgegangen, dass mit Mercedes schon alles in trockenen Tüchern ist und er weiterfährt.

Was ist schiefgelaufen?

Weber: Schwer zu sagen. Fakt ist aber, dass Mercedes Michael nie ein Auto zur Verfügung gestellt hat, das um Siege oder Titel mitfahren kann - so wie sie es von Beginn an vollmundig angekündigt haben. Zu keiner Zeit war man dazu in der Lage. Und Fakt ist, dass Michael alles in seiner Macht stehende getan hat, um dem Team weiterzuhelfen. Er ist ein Perfektionist.

Dennoch stand auch Schumacher zuletzt in der Kritik, die nach seinem Unfall in Singapur ihren Höhepunkt hatte. Seitdem wurde auch immer wieder sein Alter angeführt...

Weber: Ich konnte diese Diskussion nie nachvollziehen. Auch Nico Rosberg war nie in der Lage, mit dem aktuellen Auto etwas auszurichen. Und: Das Pech, das Michael in dieser Saison an der Hufe hatte, war grausam. Wenn ein Auto stehen geblieben ist, war es seins. Nichts rechtfertigt diese Diskussion.

Die nächste Diskussion dreht sich um seine berufliche Zukunft ...

Weber: Ich bin der Meinnung, dass Michael schon seit langem mit Mercedes diskutiert, dass er künftig in ihren Reihen eine Berater- oder Botschafterfunktion einnimmt. Ich glaube, er geht diesen Weg.

Also endet die unvergleichliche Karriere des Rekord-Weltmeisters am 25. November in Sao Paulo?

Weber: Nichts ist unmöglich. Ferrari ist so eine Idee von mir. Wäre ich noch sein Manager, würde ich jedenfalls noch heute ins Auto steigen, nach Italien fahren und mich mit Luca di Montezemolo unterhalten. Dort hatte Michael seine erfolgreichste Zeit.

Und Sauber?

Weber: Nein, er bräuchte ein Angebot von einem Team, das gewinnen will und kann. Nichts gegen Sauber, die gerade ein schnelleres Auto haben als Mercedes, aber ich glaube nicht, dass es das ist, was Michael will. Ich denke, er würde sich mit einem Wechsel von einem Weltkonzern in ein Privatteam keinen Gefallen tun. Infrage kommen aus meiner Sicht nur Ferrari und McLaren - und McLaren ist besetzt.

Was wünschen Sie Michael Schumacher?

Weber: Ich wünsche ihm, dass Mercedes ihm in den letzten Rennen ein Auto hinstellt, mit dem er noch mal gewinnen kann. Und darüber hinaus, dass er das gute Händchen behält, das er bislang immer bei seinen Entscheidungen hatte. (sid)

"Schumacher reißt ein Riesenloch", sagt Niki Lauda im Interview 

Herr Lauda, Mercedes wird den auslaufenden Vertrag mit Michael Schumacher nicht verlängern. Die richtige Entscheidung?

Niki Lauda (dreifacher Formel-1-Weltmeister): Ich kenne die Details nicht, aber dass Lewis Hamilton kommt, finde ich gut. Schumacher reißt ein Riesenloch. Aber Hamilton ist ein absoluter Top-Fahrer, der diese Herausforderung meistern kann und und das Team weiter nach vorne bringt. Da sind die Weichen richtig gestellt worden.

Zuletzt stand Schumacher heftig in der Kritik. Überrascht Sie der Abschied trotzdem?

Lauda: Sein Comeback ist sicher schwieriger verlaufen, als er sich das vorgestellt hatte. Aber in den drei Jahren hatte er auch nie ein Auto, das richtig schnell und zuverlässig war. Und ohne Top-Auto wird es auch für einen Schumacher nicht einfach. Aber ich glaube nicht, dass er mit seinen 43 Jahren generell zu alt ist für die Formel 1.

Glauben Sie, dass er durch seine Rückkehr seinem Vermächtnis geschadet hat?

Lauda: Nein, das ist Schmarrn. Michael kann trotzdem ein positives Fazit ziehen. Sein Denkmal hat dadurch keine Risse erhalten. Von ihm wird immer in Erinnerung bleiben, dass er siebenfacher Weltmeister ist. Das hat niemand zuvor erreicht, das kann ihm auch keiner nehmen.

Und vielleicht fährt er ja sogar doch weiter...

Lauda: Da will ich jetzt keine Ratschläge geben. Er wird sich sicher genau und in aller Ruhe überlegen, wie seine Zukunft aussehen soll. Wie und wann er sich entscheidet, werden wir dann sehen.

Sie sind zum Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums des Teams berufen worden. Wie wird Ihre Aufgabe aussehen?

Lauda: Ich werde das in den nächsten Wochen mit voller Kraft angehen. Als Chairman sitze ich über dem Team und werde so gut es geht meine Erfahrungen einbringen, damit wir möglichst bald ein richtig schnelles Auto kriegen. (sid)