Monza. Die wiederholt auftretenden Fehler an der Lichtmaschine von Sebastian Vettels Red Bull müssen bis Singapur gefunden werden. Das Team weiß, dass es sich keine Ausfälle mehr leisten kann.
Als Sebastian Vettel unter der milden Abendsonne das Fahrerlager in Monza verließ, wirkte er angeschlagen. Der Weg zum Titel-Hattrick ist nach dem Ausfall im Königlichen Park plötzlich sehr weit. Aus eigener Kraft kann Vettel seinen Rivalen Fernando Alonso kaum einholen. Zumal der Ferrari des Spaniers in dieser Saison im entscheidenden Augenblick ohne Pannen über die Runden kommt. Red Bull und Renault rätseln dagegen, warum an Vettels Auto mal wieder die Lichtmaschine ihren Geist aufgab - es war der dritte Ausfall des Weltmeisters in diesem Jahr.
"Vettel ist nervös", schrieb die "Gazzetta dello Sport" am Montag. Die Zeitung "La Stampa" will sogar festgestellt haben, dass Vettel frustriert sei, weil er ein mittelmäßiges Auto fahre. Das ist wohl übertrieben, doch der Weltmeister gab nach dem Rennen zu: "Wir sind zu langsam." Und wenn dann auch noch die Technik streikt, ist der WM-Titel nicht mehr zu gewinnen. "Es geht weiter, wir glauben weiter dran. An der Situation hat sich nichts geändert", sagte Vettel. Doch das klang eher wie eine Durchhalteparole.
Renault steht vor einem Rätsel
Auch am späten Abend war das Vettel-Team bei der Ursachenforschung nicht schlauer. "Wir sahen, wie die Temperaturen stiegen und haben gebetet, dass wir über die Runden kommen", sagte Renault-Ingenieur Remi Taffin dem Fachmagazin "auto motor und sport". Noch hat er keine Erklärung. "Es waren zwei brandneue Teile, hatten kaum 500 Kilometer drauf", sagte Taffin.
Renault wird die Lichtmaschine in dieser Woche komplett überprüfen. Die Ursache des Schadens wird nach Taffins Ansicht aber nur schwer festzustellen sein: "Wir haben seit 2011 praktisch nichts geändert. Deshalb müssen wir mit dem Lieferanten sprechen." Das Team träfe keine Schuld. "Es liegt weder an Red Bull, noch an Vettel, noch an den Umständen, noch an der Fahrweise", sagt Taffin.
39 Punkte liegt Vettel in der Gesamtwertung hinter dem WM-Führenden Alonso zurück, der beim Ferrari-Heimspiel vom zehnten Startplatz bis auf Rang drei nach vorne raste. Vettel ist auch nicht mehr der Jäger Nummer eins, sondern plötzlich nur noch die vierte Kraft. Für die Zeitung "Tuttosport" ist der WM-Titel schon so nahe, dass "Alonso ihn fast schon anfassen kann".
Alonso: "Wie ein Film mit Happy End"
Dass der Brite Lewis Hamilton dem McLaren-Team mit einer fehlerfreien Fahrt den dritten Sieg in Folge bescherte und jetzt WM-Zweiter ist, schienen die Tifosi nicht mitbekommen zu haben. Alonso hat den Blick für die Realitäten aber nicht verloren: "Lewis ist mein gefährlichster Gegner." Im Kampf um den WM-Titel sei es "wie ein Film mit Happy End" gewesen, sagte der Ferrari-Pilot.
Dagegen war man bei Red Bull restlos bedient. Christian Horner schüttelte den Kopf und schlug fassungslos die Hände vor das Gesicht. "Das ist eine Schande. Es wird jetzt ziemlich schwierig", sagte der Red-Bull-Teamchef. Fast trotzig fügte er hinzu: "Wir werden weiterkämpfen. Noch ist nichts verloren."
Fährt bei Red Bull jetzt die Angst mit?
Ausgerechnet beim Abschied aus Europa in dieser Saison erlebte Red Bull ein Debakel, denn auch Vettels Teamkollege Mark Webber musste wegen "Bremsplatten" aufgeben. Es war der erste Doppel-Ausfall seit Korea 2010. Noch sind sieben Rennen zu fahren, in denen maximal 175 Punkte vergeben werden. Doch solange die Ingenieure bei der Suche nach dem Fehler an der Lichtmaschine im Dunkeln tappen, fährt auch die Angst vor der nächsten Panne mit. Das weiß Horner. "Wir können uns keine Ausfälle mehr leisten", sagte der Red-Bull-Teamchef.
Der Ärger mit der Lichtmaschine hat mit Blick auf das nächste Rennen sogar eine gewisse Komik. Am 23. September startet die Formel 1 in Singapur, das einzige Nachtrennen im WM-Kalender. Es ist zugleich der Auftakt für sieben Übersee-Rennen bis hin zum Finale am 25. November in Sao Paulo. (dapd)