Sakhir. . Politische Unruhen überschatten den Grand Prix von Bahrain. Aber Formel-1-Chef Ecclestone lässt sich davon nicht irritieren. Die Verharmlosung durch Funktionäre und Manager, dass die Formel 1 sich nicht in die Politik einmische und deshalb beruhigt fahren könne, hat sich als trügerisch erwiesen.

Beim Gespräch hätte man Sebastian Vettel gern in die Augen geschaut. Immerhin hat sein Red-Bull-Rennstall nach dem klebrigen Start in diese Formel-1-Saison angeordnet, dass es keine Sonderbehandlung für den Champion mehr gibt. Sprich: Vettel muss mit der Heckvariante antreten, mit der auch sein Konkurrent Mark Webber fährt. Und das ist Ausdruck der spannenden Frage: Wann kann der Dominator der letzten beiden Jahre wieder zurück auf die Erfolgsspur finden? Das wichtigste neue Teil an Vettel ist aber zunächst die große, graue Ray-Ban-Sonnenbrille. Damit sieht er ein bisschen aus wie Jochen Rindt. Ein Schutzschild gegen die Fragen nach der eigenen und der technischen Befindlichkeit und – natürlich – nach seiner Einschätzung der Lage in Bahrain vor dem Grand Prix am Sonntag (14 Uhr/RTL, Sky und im DerWesten-Ticker). Vettel sagt nur, er freue sich, wenn endlich gefahren werde.

Damit sind auf dem Bahrain International Circuit aber weder die Diskussion um die moralische-politische Rolle der Formel 1 noch die Ängste verschwunden. Der Force-India-Rennstall von Nico Hülkenberg ist zum zweiten Training nicht mehr angetreten, damit niemand im Dunkeln ins Hotel fahren müsse, nachdem tags zuvor vier Teammitglieder mit ihrem Bus in einen Konflikt geraten waren, bei dem Molotowcocktails flogen. Zwei Techniker waren daraufhin schon abgereist.

Bernie Ecclestone, der den Veranstaltern (und damit der Regierung von Bahrain) ein volles Starterfeld garantiert, eilte zur Garage von Force India. Aber der kleine Konflikt im großen ließ sich nicht lösen. Das Team blieb an der Strecke, hielt aber die Vorbereitungen ab, während die anderen trainierten. Ein perfektes Beispiel für die wachsende allgemeine Verunsicherung – und die Unsinnigkeit, nicht vorher stärker über einen Startverzicht in dem Krisenstaat am Golf nachgedacht zu haben.

Zwischen den Fronten

Der Rennzirkus ist angekommen im Golf-Staat, und die Verharmlosung durch Funktionäre und Manager, dass die Formel 1 sich nicht in die Politik einmische und deshalb beruhigt im instabilen und weiterhin von Gewalt erschütterten Königreich fahren könne, hat sich bereits als trügerisch erwiesen. Es sind viele Gruppen mit unterschiedlichen Interessen, die gerade mobil machen, um die Weltöffentlichkeit, die der vierte WM-Lauf mit sich bringt, auszunutzen. Sie wollen sehen, wie weit sie gehen können, wie nah sie an die Formel 1 herankommen, heißt es aus Reihen der Protestbewegung. Das ist ein unberechenbares Gemisch. Denn immer ist da die staatliche Gegenseite, die der Welt ein beruhigtes Bahrain vorführen und entsprechend aggressiv die Proteste im Keim ersticken will.

Wut auf Ecclestone

Der Besuch eines früheren Oppositionsführers im Medienzentrum an der Strecke war ein Witz, er sagte noch weniger als die Rennfahrer und Teamchefs, die vertraglich zum Schweigen verpflichtet sind. Khadija Al Mousawi, die Ehefrau des hungerstreikenden Protestführers Abdulhadi Al Khawaja, griff derweil Bernie Ecclestone an: Es mache sie wütend, dass er glaube, „dass hier alle glücklich sind. Ich kann versichern, dass meine Familie nicht glücklich ist“.