Kerpen. .
Wäre Michael Schumacher ein Mensch, der jeden Jahrestag feiert, er käme in diesen Tagen aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Vor exakt 20 Jahren, am 25. August 1991, startete er im belgischen Spa-Francorchamps zu seinem allerersten Grand Prix in der Formel-1. Aber der inzwischen siebenmalige Weltmeister betont stets, dass ihm die Erfolge der Vergangenheit nicht allzu viel bedeuten. „Ich lebe lieber in der Gegenwart“, hat Schumacher oft genug gesagt. Doch auf dem Weg zum Grand Prix von Belgien 2011 (So., 14 Uhr/RTL live) machte er gestern ausnahmsweise einmal Station in der Historie. „Schumi“ zu Gast auf der Kartbahn in Kerpen-Manheim, wo alles anfing. Und das sicher nicht nur, weil es mit seinem „Silberpfeil“ von Mercedes zur Zeit nicht optimal läuft.
Die „Rennsportfreunde Graf Berghe von Trips“ wurden 50 Jahre alt. Wenige Tage vor dem 50. Todestag des Grafen, der auf der nahe gelegenen Burg Hemmersbach aufgewachsen war und als Ferrari-Werksfahrer 1961 dicht vor dem WM-Triumph stand, als er in Monza tödlich verunglückte. Trips hatte die ersten Karts aus den USA nach Europa importiert und den Anstoß zum Bau einer geeigneten Piste gegeben – sozusagen der Beginn des rheinischen Formel-1-Nestes, wo so viele Talente „ausgebrütet“ und flügge wurden.
Autogramme- und Interview-Marathon
Zusammen mit „Schumi“ kehrte gestern auch Sebastian Vettel, der aktuelle Weltmeister, zur Feier des Tages zu seinen Wurzeln zurück. Auch er hat in Kerpen die ersten Runden gedreht. Kein Wunder, dass es rund um die Bahn am Rande des Braunkohle-Tagebaus westlich von Köln eng wurde. Parkplätze überfüllt, Ordnungsamt und Polizei im Knöllchen-Stress. Riesengedränge an der Piste, wo zwar jede Menge Security-Kräfte im Einsatz waren, das Chaos aber höchstens noch vergrößerten. Da wurde RTL-Unikum Kai Ebel beinahe von ein paar Kart-Mechanikern mit ihrem Transporter gerammt, der Bunte-Chefreporter wartete vergeblich auf sein Interview mit Sebastian Vettel, es ging drunter und drüber auf dem „Erftland-Ring“. Und mittendrin Vettel und Schumacher. Das vorgesehene Renn-Programm für Nachwuchsklassen drohte in dem ganzen Rummel um die beiden Champions stecken zu bleiben.
Verzweifelt mahnte der Rennleiter ein Ende des Autogramme- und Interview-Marathons an. „Nun macht doch bitte mal Schluss“, flehte er, und dann, im schönsten Kölsch: „Sonss könne mer all noh Huss jonn.“ Und irgendwann ging’s tatsächlich weiter…
Bei der Flucht vor den Fans spielte Michael Schumacher übrigens seine ganze Routine aus und konnte Sebastian Vettel abhängen – zum ersten Mal seit Jahren. Der „Hausherr“ der Kerpener Kartbahn – er soll einige Anteile an der Anlage besitzen – nutzte die Zeit zu Verhandlungen mit Jürgen Großmann, dem Chef des Essener Energie-Riesen RWE. Es ging um die Zukunft der inzwischen legendär gewordenen Nachwuchsschmiede des deutschen Motorsports. Denn die Tage der Kerpener Kartbahn sind gezählt. Ein weiteres Jubiläum wird es hier nicht mehr geben. Die Braunkohlebagger werden das Gelände bald verschlingen.
Ende der Kart-Strecke
Für viele Fans und auch für „Schumi“ kein schöner Gedanke. „Da blutet einem schon das Herz“, sagte der längst in die Schweiz umgesiedelte berühmteste Sohn der Gemeinde, „ich bin immer wieder gerne hierher zurückgekehrt. Es gibt inzwischen viele Kart-Klubs in Deutschland. Aber keinen mit einer so beeindruckenden Bilanz. Mit der Art und Weise, wie hier Nachwuchsarbeit betrieben wurde, ist Kerpen-Manheim unerreicht.“
Großmann bestätigte, dass damit nicht ein für alle Male Schluss sein muss. „Wir werden eine Lösung finden“, sagte der Konzern-Boss beim Abschied und stellte einen Wiederaufbau an anderer Stelle in Aussicht. „Allerdings ohne einige Geburtsfehler“, wie er hinzufügte. Erster Berater dürfte dabei Michael Schumacher gewesen sein. Vielleicht ein kleiner Hinweis auf eine mögliche Zukunft für den Rekord-Weltmeister – falls ihm seine Formel-1-Gegenwart irgendwann mal nicht mehr genug Spaß vermittelt.