Silverstone. Weltmeister Sebastian Vettel startet vom zweiten Platz aus in den Großen Preis von Großbritannien. Im Qualifying musste der Red-Bull-Pilot Teamkollege Mark Webber hauchdünn den Vortritt lassen. Derweil gibt es Aufregung um eine Regeländerung.

Kleiner Fehler - große Wirkung: Eine Unachtsamkeit hat Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel in Silverstone die achte Pole Position im neunten Rennen gekostet. "Ich habe mich kurz vor der Ziellinie verschaltet. Wäre das nicht passiert, hätte es wohl gereicht", sagte Vettel, dem am Samstag im Qualifying für den britischen Grand Prix (Sonntag, 14.00 Uhr MESZ/RTL und Sky) am Ende 32 Tausendstelsekunden auf den Teamkollegen Mark Webber fehlten. Als Zweiter steht der 24-Jährige dennoch auch in England wieder in der ersten Startreihe, die auch nach den Regeländerungen weiter fest in Red-Bull-Hand ist. Ferrari-Pilot Fernando Alonso als Dritter kam aber bis auf eine Zehntelsekunde an die "Bullen" heran.

Nach zähen Streitigkeiten und vielen Gesprächen um die aktuelle Einstufung der Motoren war Vettel froh, "ins Auto steigen zu können und das zu tun, was wirklich wichtig ist." Zuvor hatten Red Bulls Motorenlieferant Renault und die von Mercedes ausgerüstete Konkurrenz zäh um technische Details gerungen, die der Automobil-Weltverband FIA innerhalb von 24 Stunden gleich zweimal geändert hatte.

Während Ferrari mit Alonso und dem viertplatzierten Felipe Massa so nah an Red Bull dran war wie noch nie in dieser Saison, nutzten den Lokalmatadoren Jenson Button und Lewis Hamilton in ihren McLaren-Mercedes die Änderungen vorerst nichts. Der WM-Zweite Button, der vor dem 9. von 19 WM-Läufen wie Webber (beide 109 Punkte) 77 Zähler Rückstand auf Vettel (186) hat, steht beim Heimspiel nur auf Rang fünf, Hamilton kam sogar nicht über einen enttäuschenden zehnten Platz hinaus. "Meine Platzierung ist nicht schrecklich, aber wir sind bis jetzt einfach zu langsam am Wochenende", meinte Button.

Schumacher: "Zu früh rausgegangen"

Einen Rang vor Hamilton steht als zweitbester Deutscher Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Adrian Sutil (Force-India-Mercedes) als Elfter, Rekordweltmeister Michael Schumacher im zweiten Mercedes auf Platz 13 und Nick Heidfeld (Renault) auf Position 16 blieben in der zweiten Qualifikationsrunde hängen. Virgin-Pilot Timo Glock steht auf Startplatz 20.

"Wir sind zu früh rausgegangen, später waren dann meine Reifen nicht mehr gut genug. Darum bin ich nicht in den dritten Abschnitt gekommen", meinte Schumacher. Rosberg sah Rang neun aber als Fortschritt. "Wir haben denke ich einen Schritt nach vorne gemacht", sagte er.

Hinterher hatte es allerdings heftigen Streit gegeben - vor allem zwischen dem mit Renault-Motoren fahrenden Red-Bull-Team und dem von Mercedes ausgerüsteten McLaren-Rennstall. Nach dem ab Silverstone geltenden Verbot, zur Verbesserung des Abtriebs mit einem automatischen Zwischengas den Diffusor im Heck anzuströmen, rangeln die Hersteller um genaue Einstufungen ihrer Motorsteuerungen durch den Automobil-Weltverband FIA.

Erst am Freitagmorgen hatte die FIA Renault genehmigt, auch bei nicht getretenem Gaspedal die Drosselklappen des Motors zu 50 Prozent statt der zuvor zugestandenen maximal 20 Prozent zu öffnen. Renault hatte dafür Zuverlässigkeitsgründe angeführt.

Lauda: "So einen Blödsinn habe ich noch nie erlebt"

Nach Intervention der Konkurrenten - McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh hatte sich auf einer offiziellen Pressekonferenz ein heftiges Wortgefecht mit Red-Bull-Teamchef Christian Horner geliefert - wurde dieses Zugeständnis am Samstagmorgen aber kurzfristig wieder zurückgenommen. Teams mit Mercedes-Motoren, die anders aufgebaut sind, war von der FIA erlaubt worden, bei geschlossenem Gaspedal zusätzlich Benzin einzuspritzen. Mit beiden Verfahren war zuvor die Anströmung des Diffusors verbessert worden.

Unmittelbar vor dem Qualifying gab es dann noch eine Krisensitzung aller Teams. Darin wurde laut Horner als Kompromiss vereinbart, dass Red Bull in Silverstone mit der eingeschränkten Variante fährt, wenn im Gegenzug noch im Laufe des Wochenendes eine verbindliche Regelung für den Rest der Saison vereinbart wird.

Scharfe Worte über diesen Streit fand Ex-Weltmeister und RTL-Experte Niki Lauda. "Kasperltheater, das ist noch ein freundliches Wort. So einen Blödsinn habe ich noch nie erlebt. Das entspricht nicht dem Standard der Formel 1", sagte Lauda: "Wenn die FIA Regeln ändern will, dann rechtzeitig. Es kann nicht sein, dass man herkommt und nicht weiß, was man eigentlich ändern will." (sid)