Spa. Charles Leclerc hat den Großen Preis von Belgien in Spa gewonnen. Überschattet wurde das Rennen vom Tod des Formel-2-Piloten Anthoine Hubert.

Längst hat die Dunkelheit die Rennstrecke von Spa-Francorchamps verschluckt, die Schicksalskurve von Eau Rouge ist nur zu erahnen. Wer vom Fahrerlager herüberblickt, erkennt oben an der Kuppe Blaulichter, die die Konturen des dichten Ardennen-Waldes bizarr verzerren. Sie illuminieren am späten Samstagabend den Schockzustand, unter dem die Motorsportwelt an diesem Wochenende steht.

Beim Formel-2-Rennen im Rahmen des Großen Preises von Belgien ist der 22 Jahre alte Franzose Anthoine Hubert, eines der großen Talente des Sports, nach einem Unfall ums Leben gekommen, eine knappe Stunde nach Ende des Qualifyings zur Formel 1. Das Rennen der Nachwuchsformel wurde unmittelbar nach dem Crash in der zweiten Runde abgebrochen, der für Sonntag geplante zweite Lauf aus Pietät ebenfalls gestrichen. Auch die Königsklasse musste die Frage überdenken, ob man das Rennen wie geplant ablaufen lassen konnte. Chase Carey, der Chef der Rennserie, wurde zum ersten Mal mit der ganzen Brutalität des Motorsports konfrontiert, dem US-Amerikaner war die Nachdenklichkeit anzusehen.

Verkettung unglücklicher Umstände

Die Tragik nahm in der Senke von Eau Rouge ihren Lauf, die langgestreckte Bergaufkurve galt als eine der gefährlichsten der Welt. Hier hatte bei einem Sportwagenrennen 1985 auch der hochtalentierte deutsche Rennfahrer Stefan Bellof sein Leben lassen müssen. Eau Rouge, das war immer der Mut, wer als letzter bremst. Inzwischen ist die Passage deutlich entschärft, die Formel 1 kann hier Vollgas fahren, auch für die schwächer motorisierten Formel-2-Rennwagen mit ihren allerdings immer noch über 600 PS ist sie normalerweise kein Problem. Respekt bleibt aber angebracht. Der Horror-Crash in der Radillon getauften Hochgeschwindigkeitspassage entstand aus einer Verkettung unglücklicher Umstände.

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Die Fernsehbilder zeigten die Ursache des Unfalls nicht, offenbar war zu Beginn der zweiten Runde ein Reifenschaden am Auto des Franzosen Guliano Alesi aufgetreten. Anthoine Hubert musste dann auf den asphaltierten Randstreifen ausweichen, wobei er am oberen Ende der Kurve die Kontrolle über das Auto verlor und in die Barrieren geriet. Von dort wurde sein Auto auf die Strecke zurückgeschleudert. Der von hinten ebenfalls in der Auslaufzone heranschießende US-Amerikaner Juan Manuel Correa, der für das Sauber Junior-Team startet, krachte wie ein Torpedo mit voller Wucht und angeblich 270 km/h genau auf Höhe des Sitzes in Huberts Arden-Rennwagen. Der 20 Jahre alte Correa überschlug sich mit seinem Fahrzeug und blieb kopfüber auf der Piste liegen, das andere Auto wurde in mehrere Teile zerrissen.

Die TV-Übertragung wurde sofort abgebrochen – im Motorsport Anzeichen dafür, dass etwas wirklich Schlimmes passiert ist. Nach anderthalb Stunden dann die traurige Bestätigung durch den Automobil-Weltverband Fia, dass Anthoine Hubert seinen Verletzungen im medizinischen Zentrum an der Rennstrecke erlegen sei. Der Zustand von Juan Manuel Correa wurde als stabil gemeldet. Er erlitt Frakturen an den Beinen und eine leichte Verletzung der Wirbelsäule.

Eine beklemmende Stille

Die beklemmende Stille in Spa hielt an, nahezu alle Rennfahrer und Verantwortlichen der Formel 1 und Formel 2 brachten ihr Entsetzen, ihre Trauer und ihr Mitgefühl zum Ausdruck. Anthoine Hubert wäre in drei Wochen 23 Jahre alt geworden.

Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton verband sein Entsetzen in einem emotionalen Instagram-Post mit einer Mahnung, wenn nicht gar Warnung: „Wenn auch nur ein Einziger, der diesen Sport schaut und genießt, denkt, dass das, was wir machen, sicher ist, irrt er sich gewaltig. Alle Fahrer riskieren ihr Leben, wenn sie auf die Strecke gehen. Für mich ist Anthoine ein Held, weil er dieses Risiko eingegangen ist, um seine Träume zu verwirklichen.“