Dortmund. . Der Dortmunder Heiko Wasser kommentiert seit 25 Jahren Formel-1-Rennen. Ein Gespräch über Marotten der Fahrer und die neue Saison ohne Rosberg.
Schlank ist er, hat über den Winter zehn Kilo verloren. Bevor er aber entspannt über Autorennen sprechen kann, flucht Heiko Wasser (59). Durch das Fenster des Cafés in der Dortmunder Innenstadt beobachtet der Mann, der für RTL die Formel-1-Rennen kommentiert, eine Frau, die an der Leine ihres Hundes zerrt. „Am liebsten würde ich rüberlaufen.“ Doch dann hebt sich seine Laune. Mensch und Tier da draußen verstehen sich wieder prima. Das Gespräch dreht in Richtung BVB.
Während der Formel-1-Saison bleibt Ihnen weniger Zeit für den Fußball. Werden Sie sich Freitagabend in Dortmund noch von der Borussia verabschieden?
Heiko Wasser: Klar. Ich versuche, bei möglichst vielen Heimspielen dabei zu sein und in der Champions League auch bei den Auswärtsspielen. Nach 25 Jahren Formel 1 habe ich eine Routine entwickelt und kann zwischen zwei Rennen oft noch einen Stadionbesuch schieben. Auch wenn ich es niemals schaffen werde, wie Christian Danner ausschließlich mit Handgepäck zu fliegen.
Sie benötigen ja auch Platz für Schwarz und Gelb.
Wasser: Das ist richtig. Ich habe immer schwarz-gelbe Laufbekleidung dabei und bei ganz wichtigen Anlässen wie Meisterschaften ein Trikot. Irgendwie verstehe ich mich auch als Dortmund-Botschafter und hänge schon mal eine Borussia-Fahne aus dem Hotelfenster. Ich könnte mit niemandem im Team zusammenarbeiten, der Bayern-Fan ist.
Und mit einem Schalker?
Wasser: Schon eher. Schalke tut uns ja nichts. Die werden niemals Meister. Keine Konkurrenz.
Was erwarten Sie von der neuen Formel-1-Saison? Wird nach den vielen Diskussionen um Regeländerungen nun das Sportliche im Mittelpunkt stehen?
Wasser: Eine Formel 1, in der nicht über die Regeln gemeckert wird, wird es nie geben. Und wenn Ferrari wirklich so gut ist, wie die Tests gezeigt haben, werden einige Menschen sofort etwas Illegales wittern. Meine Hoffnung ist, dass nun alle kapiert haben, wie wichtig es ist, dass die Formel 1 sich wieder mehr den Fans öffnet.
Könnte dabei der Rückzug des Langzeit-Chefs Bernie Ecclestone hilfreich sein?
Wasser: Ecclestone hat sich gegen alles gewehrt, was mit den neuen Medien zu tun hat. Twitter und Facebook hat er nicht gemocht. Arbeitsabläufe waren kompliziert, das haben wir auch bei der Fernsehberichterstattung zu spüren bekommen. Zuletzt hatte die Formel 1 etwas von einem Hochsicherheitstrakt. Meine große Hoffnung ist, dass die neuen amerikanischen Eigentümrer nun die Show verbessern.
Sie berichten seit 25 Jahren von den Rennstrecken. Wie wurde die Formel 1 früher wahrgenommen und wie ist es heute?
Wasser: Die Rennen mit Michael Schumacher waren natürlich die gute alte Zeit. Da waren die Glanzzeiten von Steffi Graf und Boris Becker gerade vorbei, im Fußball waren wir international etwas aus dem Geschäft, also hat Deutschland sonntags um 14 Uhr Formel 1 geschaut. Die Schumacher-Quoten haben wir selbst in den besten Vettel-Jahren nicht mehr erreicht. Jetzt ist die Formel 1 wieder im Aufwind. Im vergangenen Jahr hat man die Begeisterung deutlich gespürt.
Und dann kam der Rücktritt von Nico Rosberg. . .
Wasser: Es ist schade, dass er nicht mehr dabei ist. Ich bin sogar etwas beleidigt, weil er uns um eine spannende Revanche bringt. Er kann doch nicht so sang- und klanglos zurücktreten. Bei allem Verständnis für seine familiäre Situation. Ich hätte allen Fans und mir noch eine Saison mit ihm gewünscht. Rosberg gegen Hamilton – das war Deutschland gegen England. Gut gegen Böse. Bieder gegen Bunt. Mehr geht nicht.
Wie haben Sie Rosberg als Menschen erlebt?
Wasser: Ich mag Nico, er ist ein netter Junge. Aber er war mir manchmal zu kompliziert. Perfektion kann auch eine zu große Belastung sein. Nachdem er zweimal gegen Hamilton verloren hatte, hat er seine Atemtechnik analysiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er in bestimmten Kurven zu lange die Luft angehalten hat. Er befürchtete eine Sauerstoffunterversorgung. Solche Details zeigen, wie wissenschaftlich er seine Karriere angegangen ist.
Zu welchem Fahrer hatten Sie in all den Jahren die beste Verbindung?
Wasser: Einen sehr guten Draht hatte ich zu Michael Schumacher. Wir sind zusammen Ski gefahren und haben Fußball gespielt. Bei meiner Hochzeit hat er als Erster gratuliert und morgens um acht Blumen geschickt. Auch zu Mika Häkkinen hatte ich einen guten Kontakt. „Don’t step on the turtle“, waren seine Worte, als ich ihn besucht habe. Er hatte Schildkröten. Ein toller Kontrast für einen Rennfahrer, wie ic h finde.
Michael Schumacher ist nach seinem Rücktritt wieder eingestiegen. Glauben Sie, dass auch Nico Rosberg eines Tages auf die Rennstrecke zurückkehrt?
Wasser: Jetzt möchte er ja offensichtlich erst einmal seinem Kind beim Großwerden zusehen. Aber ich kenne genug Fahrer, denen es nach zwei, drei Jahren zu langweilig wurde. Ich gehe so weit, zu sagen, dass 90 Prozent der ehemaligen Formel-1-Fahrer schwach würden, wenn sie die Chance hätten, wieder Rennen zu fahren.
Was erwarten Sie von der neuen Saison, die am 26. März in Australien beginnt (7 Uhr/RTL)?
Wasser: Ich traue mich nicht, einen Favoriten vorherzusagen. Aber ich glaube, dass Sebastian Vettel und Ferrari gut funktionieren werden. Wünschen würde ich mir, dass vor dem letzten Rennen noch drei Fahrer vorne liegen, die Weltmeister werden können. Dann macht auch das Kommentieren viel mehr Spaß.