Barcelona. Die Formel 1 hat in Barcelona die Wagen ausgiebig für die neue Saison getestet. Ferrari erscheint zwei Wochen vor dem Saisonstart stark.

Natürlich geht es bei Testfahrten auch schon um Rundenzeiten, weil es darum in der Formel 1 ja immer geht. Aber nach den ersten Probefahrten einer neuen Fahrzeuggeneration, von der es hieß, sie sei besser, schneller und spektakulärer als alles, was in diesem Jahrzehnt da war, geht es auch um ein Gefühl: Wird in zwei Wochen beim Saisonstart in Melbourne tatsächlich alles anders? Formel Neu oder Formel Bluff?

An nur acht Test-Tagen auf dem Circuit de Catalunya vor den Toren Barcelonas haben die zehn Teams 34 368 Kilometer abgespult. Den Zeiten darf man noch nicht so viel Bedeutung beikommen lassen, wenngleich Ferrari häufig vor Mercedes lag, und Geheimfavorit Red Bull eher noch mäßig unterwegs war. Aber jede Testfahrt ist die Aussicht auf mehr. Dieses Mehr könnte heißen: Nach drei Jahren scheint die Konkurrenz tatsächlich näher an Mercedes herangerückt.

WM-Favorit Lewis Hamilton ist zuversichtlich

Doch dort reagiert man noch ziemlich gelassen, arbeitete die Aufgaben der eigenen Ingenieure ohne neidischen Blick auf die Konkurrenz ab. „Ganzheitlich“ nennen die Champions ihre Art der Vorbereitung. Dazu gehört auch, die kleinen Schwächen in der neuen Aerodynamik auszumerzen. „Wir haben alle unsere gesteckten Ziele abgehakt. Wir hatten über die Tage unsere Hoch und Tiefs, aber wir haben extrem viel dazu gelernt“, bilanziert Lewis Hamilton.

Die Frage nach dem „Wer steht wo?“ ist trotz der Testbestzeit von Kimi Räikkönen im Ferrari nicht einfach zu beantworten, denn Testen heißt immer auch Tarnen und Täuschen. Es wird enger, Niki Lauda behauptet sogar, dass Ferrari zwei Zehntel pro Runde vor den Silberpfeilen liege, die allerdings wie ein Uhrwerk liefen. Sebastian Vet­tel drück­t es so aus: „Wir sind bes­ser vor­be­rei­tet als im letz­ten Jahr. Aber es ist noch Luft nach oben. Was Mer­ce­des bis­her ab­ge­spult hat, ist ein­drucks­voll. Sie sind nach wie vor das Maß al­ler Din­ge.“

Deutlich schneller in den Kurven

Das ist eine Hoffnung. Aber sind auch die allgemeinen Versprechen in der Formel 1 eingelöst worden? Schneller: sind die Rennwagen, vor allem in den Kurven, vier Sekunden pro Runde. Aggressiver: auf den ersten Blick, bullig und in die Länge gezogen, mit allerlei Flügelwerk verziert. Besser? Das muss sich noch zeigen, denn die neuen Freiheiten bei der Aerodynamik könnten sich im Duell Wagen gegen Wagen, zu dem es bei den Tests fast nie kommt, aufheben. Die Spitze liegt etwa 1,5 Sekunden vor dem Mittelfeld, wo ausgerechnet Williams aufhorchen ließ.

Dennoch war in Spanien viel Aufbruchstimmung zu spüren, was auch an einer ersten Auswirkung des Machtwechsels von Bernie Ecclestone zu Ross Brawn lag: Es durfte nach Herzenslust im Fahrerlager fotografiert und gefilmt und das Ganze dann auch gepostet werden – ohne Klageandrohung. Die Formel 1 öffnet sich. Konstrukteurs-Champion Mercedes ging damit souverän um; viele andere, das Ferrari-Team vor allem, aber bauten ihre Stellwände aus Angst vor Spionage wie gewohnt um sich auf. Es wird noch etwas brauchen, sich an die neuen Zeiten zu gewöhnen. Bis zum ersten Grand Prix wird sich an den Autos noch viel ändern, die großen Drei werden die nagelneuen Rennwagen bereits wieder überarbeiten. Die Testfahrten gehen im Simulator weiter.

Den Fahrern blieb keine Schonfrist. Durch die bis zu 40 km/h höheren Kurvengeschwindigkeiten hatten alle Piloten intensiv ihre Nackenmuskeln trainiert. Hamilton, erster Aspirant auf den von Nico Rosberg verwaisten Thron des Weltmeisters, fühlte sich wie „ein Kind in der Achterbahn“, nachdem er die ersten Runden absolviert hatte: „Der Speed ist unglaublich. Es ist das schnellste Auto, das ich je gefahren bin, und es ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Ich fahre schneller durch die Kurven, als ich es mir ausgemalt hatte. Diese Autos sollten die Buben von den Männern trennen.“