Witten. Joachim Ehrig (RC Witten) weist auf die Auswirkungen der Coronakrise auf den Sport hin. Kindern und Jugendlichen fehlen Bewegung und Kontakte.
Joachim Ehrig hat in seiner Karriere als Ruderer und Trainer schon eine Menge mitgemacht. Die Corona-Einschränkungen bedeuten für ihn aber schon eine besondere und bedrückende Situation, und bei dieser Einschätzung hat der inzwischen 74-Jährige, der immer noch gerne mehrmals die Woche seine Zeit am Bootshaus an der Wetterstraße verbringt, um dem Nachwuchs des Ruder-Clubs Witten seinen reichen Erfahrungsschatz näherzubringen, nicht nur seine eigene Sportart im Blick.
Den Sportlern des RC Witten geht es dabei gar nicht einmal so schlecht in der aktuell für viele Aktive so unbefriedigenden Situation während der Coronakrise: „Wir leben im Vergleich zu anderen Sportarten auf einer Insel der Glückseligen“, sagt der Bronzemedaille-Gewinner der Olympischen Spiele von München 1972. Alle Ruderer dürften seit einigen Wochen in einem Einer wieder aufs Wasser und dort zu Trainingszwecken ihre Bahnen ziehen: „Auch das Trainieren in einem Zweier ist möglich, wenn das Duo immer aus denselben Personen besteht.“ In größeren Booten dürfen allerdings auch die Wittener Ruderer nicht auf die Ruhr. Das Clubhaus und die Duschen sind ebenfalls weiterhin geschlossen.
Online-Treffen reichen nicht aus
Beim RC Witten wird das Angebot gerne genutzt, und auch die Zahl der aktiven Ruderer wächst weiter, weiß Joachim Ehrig zu berichten: „Vor kurzem haben wir einen Anfängerkurs für Kinder gestartet, und das Angebot ist sehr gut angenommen worden. Die Jugendlichen brennen richtig darauf, dass sie sich wieder ordentlich bewegen können, um dort auch andere Kinder zu treffen.“
Der pensionierte Lehrer für Sport und Biologie aus Essen kennt aber auch die Schattenseiten der Coronakrise: „Die Kinder werden in der Zeit während der Corona-Pandemie antriebslos, denn ihnen fehlen einfach die sozialen Kontakte.“ Online-Treffen reichten nicht aus, um dieses Defizit auszugleichen: „Meine Frau Bärbel ist Lehrerin an einem Gymnasium im Moers und hat keine guten Erfahrungen mit dem Distanzunterricht gemacht. Manche Kinder schalten die Kameras an ihren Computern aus, so dass man gar nicht weiß, ob sie mitmachen. Andere machen sich gar nicht erst die Mühe, sich in der Unterrichtsgruppe anzumelden. Man braucht da schon sehr engagierte Eltern, damit die Kinder bei der Stange bleiben.“
Deutliche Kritik an politischen Entscheidungen
Diese hat Ehrig glücklicherweise beim RC Witten. Bei seinen Schützlingen hat er beispielsweise keine körperlichen Veränderungen feststellen können, doch er weiß auch: „Zu uns kommen nur die Kinder, die auch wirklich Sport treiben wollen.“ Er kritisiert die rigorosen Corona-Regeln: „Sie sind eine große Behinderung für die Kinder. Die Politik stellt nicht genügend Tests bereit und verfällt stattdessen in Aktionismus.“ Er fordert daher, dass die Outdoor-Sportarten - ohne Ausnahme - bald wieder ohne Auflagen möglich sein müssen: „Auch die Begrenzung auf 14 Jahre ist nicht nachzuvollziehen. Die 15-Jährigen verstehen nicht, warum sie weiter zur Untätigkeit verdammt sind.“
Der 74-jährige Ehrig hat im letzten Jahr sehr viel dafür getan, dass seine Schüler fit bleiben: „Seit dem Start des ersten Lockdowns vor mehr als einem Jahr biete ich ein umfassendes Online-Programm und trainiere mit den Kindern und Jugendlichen zwischen einer und zwei Stunden. Die Teilnehmer sind engagiert dabei, und die Beteiligung hat nicht nachgelassen.“
Wettkampf ist Sportlern lieber als Training
Allerdings weiß der erfahrene Trainer und frühere Olympionike auch, dass Kinder und Jugendliche wie alle Sportler den Wettkampf lieben, sich lieber mit anderen messen als zahllose Trainingskilometer abzuspulen. Da sieht es bei den Ruderer genau so ungewiss aus, wie in den anderen Sportarten: „Ich befürchte, dass wir damit noch bis zum Sommer warten müssen. Wenn dann hoffentlich alle geimpft sind, sollte es keine Probleme mehr geben.“