Witten. Die Ukrainerin Elena Shapovalova bleibt Tischtennis-Drittligist BW Annen treu. Warum eine Busreise dafür sorgte, dass sie nach Deutschland kam.
Es besteht kein Zweifel, dass die Tischtennis-Abteilung der DJK Blau-Weiß Annen vor Beginn der Saison 2020/21, die inzwischen vom Verband abgebrochen und annulliert worden ist, einige Volltreffer in Sachen Personal-Transfers gelandet hat. Einer davon ist die Ukrainerin Elena Shapovalova, die im unteren Paarkreuz ihre Klasse ein ums andere Mal unter Beweis gestellt hat. Bei ihrer fünften Station in Deutschland gefällt es der zweifachen Mutter so gut, dass sie den Wittenern weiterhin treu bleibt.
„Wir haben eine richtig coole Mannschaft, ich fühle mich da sehr wohl“, sagt die 41-Jährige. Auch für ihren neuen Verein hat sie nur lobende Worte übrig: „Ich bin in Annen sehr gut aufgenommen worden, man kümmert sich da wirklich sehr um uns Spielerinnen. Vor allem Paulo Rabaca ist sehr hilfsbereit und engagiert“, sagt Shapovalova. Die zuvor bei ihren vier weiteren deutschen Clubs durchweg in der ersten und zweiten Bundesliga gespielt hat. Da kann man ihrer Expertise schon Vertrauen schenken, wenn sie sagt: „Wir kämen auch eine Klasse höher sehr gut klar. Wenn wir alle Spielerinnen zusammen haben, sind wir wirklich richtig gut aufgestellt“, so die Rechtshänderin, die auch ihren Anteil daran hatte, dass BW Annen in der so kurzen Serie 2020/21 in Liga drei eine makellose Bilanz (fünf Spiele, fünf Siege) erreichte.
EM-Bronze in Paris mit dem ukrainischen Schülerinnen-Team
Ende Oktober des vorigen Jahres absolvierten die Blau-Weißen (mit dem 7:1 gegen den TTC Grün-Weiß Staffel) ihr letztes Pflichtspiel - danach wurde die Saison wegen der Corona-Pandemie abgebrochen. Seither hat auch Elena Shapovalova nicht mehr an der Platte gestanden. „Natürlich vermisse ich das Tischtennis. Ich muss jetzt zusehen, dass ich mich zu Hause ein wenig fit halte“, sagt die 41-Jährige. „Ich weiß schon gar nicht mehr, wo mein Schläger ist“, fügt sie augenzwinkernd hinzu. Dass die Saison nicht mehr fortgesetzt wird, damit hat sie schon gerechnet. „Ich bin gespannt, ob wir überhaupt bald mal wieder regulär starten können.“
Dabei gehört der Tischtennis-Sport doch inzwischen seit mehr als drei Jahrzehnten fest zu ihrem Leben dazu. Die in der 270.000-Einwohner-Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine geborene Shapovalova fing als Neunjährige mit dem rasanten Rückschlagspiel an. „Mit 15 habe ich dann schon in der Nationalmannschaft gestanden - bis ich 21 war“, erinnert sich die jetzt in Troisdorf im Rheinland lebende Offensivspielerin. Als Teenager feierte sie dann mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Mannschafts-Europameisterschaft der Schülerinnen in Paris auch ihren größten Erfolg. „Auf der Rückfahrt mit dem Bus“, erinnert sich Shapovalova, „haben wir dann Rast in Nürnberg gemacht. Da fand ich die Gegend so schön, dass ich mir gesagt habe, ich möchte später auch mal in Deutschland leben.“
Neun Jahre beim TTC Troisdorf an der Platte
Die Gelegenheit ließ nicht lange auf sich warten: Als 19-Jährige bekam die Ukrainerin ein Angebot aus dem italienischen Genua sowie vom Bundesligisten Assistance Coesfeld - und gab dem Münsterland den Vorzug vor der schmucken, ligurischen Hafenstadt. „In der Nationalmannschaft habe ich danach aber nicht mehr gespielt. In der Ukraine wollte man, dass ich dann für alles selbst die Kosten trage - und das ging nicht.“ Von Coesfeld aus führte Shapovalovas Weg dann zum Erstligisten TTC Troisdorf, bei dem sie insgesamt neun Jahre blieb. Danach folgten fünf Jahre beim TTV Hövelhof, mit dem sie (mit 32:0-Punkten) in der Saison 2014/15 den Aufstieg in die erste Liga feierte, dann aber zum Zweitligisten TuS Uentrop wechselte (mit dem sie schon ein Jahr später u. a. an der Seite von Alexandra Scheld den Titelgewinn feierte), ehe Elena Shapovalova ab dem Sommer 2020 das Trikot von Blau-Weiß Annen überstreifte.
„Nach Uentrop waren es von Troisdorf aus immer so rund 140 Kilometer - da habe ich es jetzt zumindest mehr so weit“, sagt die Ukrainerin. „Ich bin froh, dass ich in NRW wieder einen guten Verein für mich gefunden habe. So lange es körperlich geht und ich weiter Spaß am Tischtennis habe und auch was gewinnen kann, möchte ich schon gerne weitermachen.“ Aus dem Annener Team kannte sie Oxana Fadeeva schon von früheren internationalen Duellen, zur Weißrussin Tatsiana Bahr hatte sie schon länger einen guten Kontakt.
„Homeschooling“ wird nicht das Lieblingswort der zweifachen Mutter
Trainingsmöglichkeiten hat Elena Shapovalova weiterhin daheim in Troisdorf - da muss sie gar nicht weit fahren. Zumindest, wenn die Sportstätten mal wieder geöffnet werden. Auch in St. Augustin oder in Hennef könne sie dann zum Schläger greifen. Anders etwa als bei Teamkollegin Oxana Fadeeva ist im Hause Shapovalova nicht die gesamte Familie dem Tischtennis-Sport verfallen. „Nein, mein Mann und mein Sohn haben damit leider nichts am Hut. Vielleicht ja irgendwann meine zweijährige Tochter Nicoletta - da gebe ich die Hoffnung nicht auf“, flachst die frühere ukrainische Meisterin (in Einzel und Doppel), die u. a. an zwei EM-Turnieren teilnahm, zahlreiche Europaliga-Partien absolvierte.
Während der Coronazeit verbringt Shapovalova, die in der Ukraine ein Sportstudium absolvierte, das hierzulande jedoch keine Anerkennung findet, viel Zeit mit ihren Kindern, arbeitet zudem seit inzwischen 15 Jahren für eine Firma, die Werbeartikel produziert. „Das Schlimmste aber ist wirklich dieses Homeschooling“, macht die 41-Jährige keinen Hehl aus ihrer Abneigung über den Unterricht daheim mit ihrem zehnjährigen Sohn. „Obwohl“, so die BWA-Spielerin, „so weiß ich jetzt zumindest, was Präteritum und Plusquamperfekt sind.“