Witten. Nicht nur das Coronavirus macht auch Wittener Reitstall-Betreibern zu schaffen. Jetzt geht auch noch Pferdeherpes herum - erhöhte Wachsamkeit.

Als sei das Coronavirus nicht schon schlimm genug, ist die Reitsportwelt nun von einer weiteren Epidemie betroffen. Bei einer Turnierserie in Barcelona haben sich viele Pferde mit einem Herpesvirus angesteckt, der einige auch ihr Leben gekostet hat. Die Reitställe in Witten sind alarmiert, zumal nun auch im Kreis Limburg Tiere an der Infektion erkrankt sind.

Für Heinz-Walter Haschert, wo viele Sportler des RV Herbede/Ruhr trainieren, bedeutet diese Erkrankung nichts Ungewöhnliches: „Herpes ist fast jedes Jahr ein Thema. Hauptansteckungszeit sind die ersten drei Monate im Jahr, ab April verschwinden die Erkrankungen meist wieder. Noch im vergangenen Jahr hatten wir einen Ausbruch in Hattingen.“ Auch wenn das Pferdeherpes anders als die Vogelgrippe keine melde- oder anzeigepflichtige Krankheit ist, treffen die Ställe strenge Vorkehrungen.

Impfstoffe schützen wegen Mutationen nicht

Als Springreiter ist der Wittener Marc Baudach (hier beim Hallenspringturnier in Gahlen) erfolgreich. Auf den heimischen Hof lässt er nun vorerst aufgrund des grassierenden Pferdeherpes weder fremde Reiter noch Besucher.
Als Springreiter ist der Wittener Marc Baudach (hier beim Hallenspringturnier in Gahlen) erfolgreich. Auf den heimischen Hof lässt er nun vorerst aufgrund des grassierenden Pferdeherpes weder fremde Reiter noch Besucher. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Auf dem Forsthof Haschert in Durchholz dürfen nun keine fremden Pferde mehr aufs Gelände: „Wir verlassen auch mit unseren eigenen Tieren nicht mehr den Hof. In der Coronazeit sind aber ohnehin fast alle Turniere abgesagt.“ Eine Impfung sei auch nicht möglich, weil es wegen der Mutationen keine Impfstoffe gäbe, die einen Schutz zu hundert Prozent garantieren.

Auch Springreiter Marc Baudach, der seit Jahren für den RV Waltrop Wettbewerbe bestreitet, bleibt in den kommenden Wochen erst einmal zu Hause auf seinem Hof an der Bruchstraße: „Turnierteilnahmen fallen ins Wasser, bis das Virus verschwunden ist, waren aber ohnehin nur rar gesät.“ Zudem gilt bei ihm ebenfalls, dass fremde Pferde oder auch Besucher nicht mehr auf den Hof dürfen. Der Reitprofi erklärt: „Es ist so, dass eine Infektion vom Pferd auf den Menschen und dann auch auf ein anderes Pferd möglich ist – nur, dass der Mensch davon nichts merkt.“

Virus schädigt das Nervensystem der Tiere

Infizierte Tiere müssen zwar nicht unbedingt sterben, doch Spätfolgen sind nicht ausgeschlossen: „Das Virus schädigt das Nervensystem. Erkrankte Pferde leiden an Erschöpfungssymptomen, und es kann sein, dass auch geheilte Tiere noch darunter leiden.“ Immerhin: In den Betrieben sowohl bei Heinz-Walter Haschert als auch bei Marc Baudach hat es bislang noch nie Herpesfälle gegeben, doch vorsichtig müssen sie sein. Beide leben auch von der Pferdezucht, so dass Erkrankungen bei den Vierbeinern durchaus auch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben könnten.

Das ist auf der Reitanlage Birkenhof in Durchholz nicht der Fall. Der Pensionsstall vermietet Boxen an Pferdebesitzer, die alle ein eigenes Interesse haben, dass ihre Pferde gesund bleiben. Mitarbeiterin Claudia Itzek fügt hinzu: „Bei uns gelten ohnehin die Corona-Bestimmungen. Die Besitzer dürfen ihre Tiere bewegen. Ein Unterricht findet nur mit einem Lehrer und einem Schüler statt. Insofern sind wir zwar wegen der Herpeserkrankungen noch ein wenig vorsichtiger als bisher, aber der normale Tagesablauf ist davon kaum betroffen.“

Nele Löbbert wartet auf Start der Dressur-Turniere

Recht übersichtlich und daher einfacher zu kontrollieren ist die Situation auf der Anlage bei Dressur-Talent Nele Löbbert in Herbede, auf der rund ein Dutzend Tiere untergebracht sind. „Zuletzt sind aufgrund des sich ausbreitenden Virus’ ja alle Turniere wieder abgesagt worden“, sagt die Kadersportlerin, die in dieser Saison in der Altersklasse der Jungen Reiter mit ihren Pferden Erfolge sammeln möchte. Zuvor hatte es in der internationalen Szene noch diverse Wettbewerbe gegeben – zumindest für Kaderathleten bzw. Profireiter. Selbst nach dem Ausbruch des Herpesvirus in Valencia hatten auch einige der besten deutschen Pferdesportler noch am Fünf-Sterne-Turnier in Doha (Katar) teilgenommen.

„Ich hoffe, dass es in absehbarer Zeit wieder Turniere für uns gibt“, formuliert Nele Löbbert, die sich derzeit allerdings ganz ihren bevorstehenden Abiturprüfungen widmet, ihren verständlichen Wunsch. Den letzten Wettbewerb hatte die junge Dressurreiterin, die für die RG Obercastrop antritt, im Spätherbst des vorigen Jahres bestritten.