Heven. Der Top-Torjäger des TuS Heven spricht im Interview über seine Profihoffnungen, Spiele mit gerissenem Kreuzband und den Fußball in Witten
Wer in den vergangenen drei Spielzeiten die Statistiken der Bezirksliga-Fußballer des TuS Heven durchschaute, dem dürfte vor allem einer aufgefallen sein: Laurenz Wassinger, Top-Stürmer der Liga und die Lebensversicherung beim TuS. Seit seinem Wechsel von der Hammer Spielvereinigung nach Heven zerschießt der heute 29-Jährige regelrecht die Liga, hat einen Schnitt von weit über einem Tor pro Spiel. Im Interview verrät Wassinger, warum er nicht mehr höher spielt, wie er den TuS einschätzt und was er sich für den Fußball in Witten wünscht.
Laurenz Wassinger, Sie haben bereits einige Transfers in ihrer fußballerischen Karriere hinter sich. Wo begann ihr Weg?
Angefangen habe ich beim FC Schalke 04 und bin dann über kleinere Vereine in Gelsenkirchen zum TuS Hordel gekommen. Dort habe ich auch mein erstes halbes Seniorenjahr verbracht, auch wenn es damals Angebote für die Regionalliga gab. Nach dem Halbjahr hatte ich einige Tore erzielt und bin dann zur zweiten Mannschaft des VfL Bochum gewechselt, die in der Regionalliga spielte.
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In Bochum kickten sie unter anderem mit Daniel Heuer-Fernandes zusammen, der heute beim Hamburger SV spielt. Cebiou Soukou ist mit Arminia Bielefeld in die Bundesliga aufgestiegen und Kevin Vogt hat sich in der Beletage des deutschen Fußballs etabliert. Sie trainierten 2012 auch bei den Profis mit. Hatten sie die Hoffnung auf den Profifußball?
Ja klar, gerade im letzten Jahr in Bochum, in dem ich in der Regionalliga in der Rückrunde erfolgreich war (zehn Tore, Anm. d. Red.). Da hatte ich schon gedacht, dass es höher klappt.
Warum wurde daraus schlussendlich doch nichts?
Mein Vertrag ist in Bochum nach zweieinhalb Jahren ausgelaufen. Auch wegen der U23-Regelung wurden jüngere Spieler geholt.
Wie groß ist der Sprung von der zweiten zur ersten Mannschaft gewesen?
Das Tempo ist noch einmal anders. Und auch körperlich, da habe ich schon gesehen, dass ich noch aufholen musste.
War es ein großer Rückschlag, dass es beim VfL Bochum nicht weiterging?
Ich war nicht traurig, dass die Zeit in Bochum zu Ende ging. Klar, rückblickend betrachtet war es meine beste Zeit in Bochum, sportlich und auch von allem drumherum. Danach sollte ich eigentlich zu Blau-Weiß Linz in die österreichische Zweite Liga wechseln. Es war schon alles unterschriftsreif und ich war vor Ort. Aber ich habe mich dann spontan umentschieden wegen meiner Familie und meinen Freunden.
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Also wurde es Wuppertal statt Linz.
Ja, der Wuppertaler SV war damals aus der 3. Liga abgestiegen und in der Regionalliga oben dabei. Ich dachte, es würde reichen, um oben mitzuspielen. Doch dann kam die Insolvenz und es wurde uns gesagt, dass es im Sommer nicht mehr weitergeht.
Es folgten einige Wechsel. Sie spielten bei der SSVg Velbert, beim TuS Erndtebrück, bei Rot Weiss Ahlen und bei der Hammer Spielvereinigung. Stets in der Ober- oder der Regionalliga.
In Erndtebrück sind wir direkt von der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen. In dem Oberliga-Jahr war ich auch erfolgreich mit 22 Toren. In der Regionalliga-Saison habe ich mir dann das Kreuzband gerissen.
Das Saisonaus?
Nein, es ist im März beim Spiel gegen die Sportfreunde Lotte passiert. Ich habe danach einige Spiele Pause gemacht, weil ich Schmerzen hatte. Aber dann wurde es immer besser und ich sagte, dass ich spielen kann. Erst in der Sommerpause, als schon der Wechsel zu Rot Weiss Ahlen anstand, habe ich es checken lassen, weil es immer noch wehtat. Dann hat der Arzt gesagt, es könnte sein, dass das Kreuzband durch ist, ich musste aufgeschnitten werden und es war tatsächlich zerfetzt. Deshalb war ich in Ahlen auch die ganze Hinrunde lang verletzt und habe nur ein paar Spiele gemacht. Dann habe ich mich entschieden, eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann anzufangen und bei Hamm in der Oberliga zu spielen.
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Dort blieben Sie aber auch nur ein halbes Jahr.
Ja, dadurch, dass ich im Sommer die Ausbildung gemacht habe und vier bis fünfmal die Woche nach Hamm gefahren bin, war es sehr stressig und kaum zu händeln. Ich habe mich abgehetzt und kam trotzdem zu spät zum Training. Und abends war ich dann um 23 Uhr zu Hause. In dem Alter wusste ich, dass es für ganz oben nicht reichen wird. Und dann in der Regionalliga herumzutingeln, war nicht mein Ziel.
Wie kam dann der Kontakt zu Heven zustande? Immerhin hatten Sie vorher nie Bezirksliga gespielt?
Ich bin zwar in Essen geboren und in Gelsenkirchen aufgewachsen. Aber dadurch, dass ich in Bochum bei Hordel gespielt habe, habe ich einen Freundeskreis in Bochum. Und davon spielen einige in Heven. Zum Beispiel mit Nikolas Stemmermann, Dennis Wojtakowski und Thomas Woischnik. Mit den Jungs habe ich in Hordel zusammengespielt und hatte immer Kontakt.
Waren Sie nicht viel zu gut für die Bezirksliga und den TuS?
Erstmal ist der Gedanke, so hoch wie möglich zu spielen, immer da. Aber irgendwann habe ich die Priorität auf die Ausbildung gesetzt. Und da muss man gucken, was am besten ist. Die Ober- oder die Regionalliga ist dann schwer zu vereinbaren mit dem Beruf. Sonst ist man mit 50 Prozent beim Sport und mit 50 Prozent beim Job und macht beides nicht richtig. Ob dann Westfalen-, Landes-, oder Bezirksliga war für mich kein Unterschied mehr.
In Heven haben Sie richtig eingeschlagen. Im ersten Halbjahr haben Sie in jedem Rückrundenspiel getroffen. In der zurückliegenden Spielzeit 24 Tore in 20 Spielen geschossen. Gab es da wirklich nie den Wunsch, nochmal höher anzugreifen?
Der Gedanke war zwischendurch immer mal da. Klar wäre es schön, mal in Essen zu spielen, in Aachen oder generell vor mehr Zuschauern. Aber wenn es nur zwei Spiele sind und der Rest auch vor 100 Leuten stattfindet ...
Mit dem TuS Heven habt ihr den Aufstieg zuletzt knapp verpasst, wurdet Dritter in der Bezirksliga und habt euch jetzt nochmal verstärkt. Da kann doch eigentlich nur die Landesliga das Ziel sein, oder?
Letztes Jahr hatten wir uns intern den Aufstieg vorgenommen. Bis auf gegen Welper am ersten Spieltag haben wir auch gegen alle Teams da oben gewonnen. Wir haben die Punkte gegen die unteren Teams liegengelassen. Für die neue Saison ist es schwer zu sagen, wir haben auch in der letzten Saison gedacht, dass wir noch deutlich besser sind und die anderen Teams sind auch gut besetzt. Man kann es nicht vorhersagen aber wenn alle, die eine gute Vita haben, fit und auch auf dem Platz sind, sind wir gut aufgestellt. Wenn aber mal ein, zwei Spieler fehlen, sah es zuletzt auch dünn aus.
Verglichen mit der Einwohnerzahl sieht es in Witten auch fußballerisch recht dünn aus. Aktuell ist die Bezirksliga das höchste der Gefühle. Wie würden Sie den Fußball in Witten einschätzen? Schaut man da auch mal neidisch nach Bochum, nach Dortmund oder auch nach Velbert?
Vor meiner Zeit in Witten hatte ich mit dem Fußball hier null zu tun. Das Einzige, was man merkt, ist, dass hier gefühlt keiner Heven mag. Aber das stichelt positiv an und motiviert. Unser Ziel ist es ja auch, jetzt aufzusteigen. Ich spiele ja keinen Fußball, um zu verlieren. Es gibt nichts Schöneres, als oben mitzuspielen und Aufstiege zu feiern. Und vielleicht kommen von den 100.000 Einwohnern ja dann auch ein paar nach Heven, das wäre gut.
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