Der Bundestrainer hatte genug gesehen. Am Ende des dritten Viertels verließ er die Gesamtschulhalle; nicht jedoch ohne Hertens Manager Dirk Ewald ein großes Kompliment - adressiert an die Mannschaft - zu machen.
Herten. „Tolles Niveau”, schwärmte Dirk Bauermann. „Das ist zum Teil besser als in der Bundesliga.” Er meinte die Erste. Bauermanns Ritterschlag war das i-Tüpfelchen auf einen perfekten Basketballabend, der sich einreiht in große Stunden wie den Aufstieg in die 2. Bundesliga vor fünf Jahren oder das 90:69 im Spitzenspiel der Voraison gegen Rhöndorf.
Eine Sternstunde, die auch Erwähnung finden wird in die Chronik der Würzburg Baskets. Die nämlich verloren nach 43 Siegen in Serie zum erstenmal wieder ein Spiel. In Herten. Möglich gemacht durch eine Mannschaft, die sich 40 Minuten lang auf dem Spielfeld zerriss und ihren zweiten Ritterschlag nach dem Lob des Bundestrainers aus dem Mund von Berthodl Bisselik erfuhr: „Herten hat leidenschaftlich und mit viel Herz gespielt und verdient gewonnen.” Mit zunehmender Spielzeit hilflos wirkend und nach der Schlusssirene schnell in den Katakomben der Gesamtschulhalle verschwunden, gab sich Würzburgs Trainer als fairer Verlierer.
Als Gewinner machten derweil Nic Schulwitz und Maik Berger nicht nur die Mannschaft aus. So wie die Fans zuvor mit ihrer frenetischen Unterstützung, suchten sie den Schulterschluss mit den eigenen Anhängern: „Ein großer Dank von uns an alle, die hier stundenlang schuften, um Spiele wie dieses überhaupt erst zu ermöglichen”, sagte Kapitän Schulwitz. Und Berger ergänzte: „Ich hatte vor dem Spiel schlottrige Knie. Ihr habt den Würzburger Fans Paroli geboten und uns damit geholfen, Gas zu geben.” Schon sieht der frühere Schalker die Siege Nummer neun, zehn, elf am Horizont.
Boris Kaminski scherte sich am Samstag nicht um Statistiken, auch wenn die eine schon eine besondere ist: Nur ein Würzburger, Al Elliott, verbuchte eine zweistellige Punktzahl; auf Hertener Seite waren es vier Akteure. „Das ist heute eine nur nette Randerscheinung”, sagte der Löwen-Trainer. „Ausschlaggebend waren drei, vier Ballgewinne, bei denen unsere Leute eher auf dem Boden lagen. Das ist das, was wir von ihnen verlangen und immer wieder sagen.”
Dabei spielte der Coach seine eigene Rolle, die des klugen Taktikers, geflissentlich herunter. „Boris hat die Mannschaft toll eingestellt”, weiß Manager Dirk Ewald, dass dem Trainer ein mindestens genau so großer Anteil am Sturz des Tabellenführers gebührt wie Team und Fans. Wer immer im Sommer skeptisch gewesen sein mag, ob der vor einem Jahr in Schalke geschasste Waltroper der richtige Mann für die Löwen sein würde, der ist spätestens seit Samstag überzeugt. Er ist es. Und als die Sprache auf den DBB-Pokal kam, wurde Boris Kaminski sogar euphorisch. Die BG Karlsruhe, Dritter in der 2. Liga Pro A, wird Anfang Dezember in der dritten DBB-Pokalhauptrunde in Herten gastieren. „Eines der attraktivesten Teams im Wettbewerb. Die sollen nur kommen. Hier ist alles möglich.” roro