Oberhausen. Der 1. AFC Oberhausen ist in seiner Gründung gescheitert, weil er plötzlich ohne Spieler dastand. Auch andere Vereine haben ihre Mühe und Not mit dem bestehenden System im Amateurfußball. Denn selbst in den unteren Ligen sind gute Spieler mitunter nur über hohe Ablösesummen zu bekommen.
Der Kreispokal steht vor der Tür, die Saison in den Startlöchern. Eigentlich hätte auch der 1. AFC Oberhausen in diesem Jahr am Spielbetrieb teilnehmen sollen, doch dessen Pokalgegner Bottrop 1911 hat nun am Sonntag überraschend spielfrei. Denn der AFC musste sich vom Spielbetrieb zurückziehen und sich den Problemen beugen, die besonders die kleinen Vereine hart treffen können. Wir haben das zum Anlass genommen, die möglichen Problematiken bei Spielerwechseln anhand von vier Teams einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Vom 1. August rührt der letzte Facebook-Eintrag des 1. AFC Oberhausen. Der Alevitisch-Internationale Fußballclub gründete sich am 19. Dezember 2013 insbesondere durch die Organisation von Hakan Gürer. Gürer spielte für Post und Sterkrade 72 in der Kreisliga B und C und wollte mit dem AFC „maximalen Fußballspaß, Respekt, Kampfgeist und gesellschaftliches Engagement“ repräsentieren. Der AFC engagierte sich für wohltätige Zwecke und nahm sich selbst und das Fußballgeschäft mit gut gemachten Videos auf die Schippe.
Aus zwei Mannschaften wurden beim AFC plötzlich keine
Am 17. Juli gab es dann auch endlich die Bestätigung vom Fußball Verband Niederrhein, die Kicker seien offiziell für den Spielbetrieb zugelassen. Mit dem Kreis und der Stadt war bereits vorher alles geklärt, die Saisonvorbereitung konnte also starten. Doch vor einer Woche erhielt Dietmar Henze vom Kreis 10 einen Anruf Gürers. „Er hat mir erklärt, dass ihm seine Spieler eine Zusage gegeben haben, dann aber ohne ein Wort zu sagen doch einfach gegangen sind“, erzählt Henze.
Der AFC, der zu Beginn gleich zwei Mannschaften melden wollte, stand also plötzlich ohne eine einzige da und musste einen Rückzieher machen. Möglich, dass die Mannschaft an den Ablösezahlungen für die Neuzugänge gescheitert ist. Ein Problem, das viele Vereine nur zu gut kennen und dem sie relativ machtlos gegenüberstehen.
Bis Ende August können Spieler bei mehreren Teams gleichzeitig vorstellig werden
Stefano Impellizerri vom Kreis Oberhausen/Bottrop wird als Fachmann oft von Vereinen angesprochen. „Die Spieler wollen spielen, da würde ich erst einmal auf Nummer sicher gehen“, erzählt der Staffelleiter jedes Mal, wenn er bezüglich Spielerpässen und Ablösen gefragt wird. Denn die Sache ist so: Meldet sich ein Fußballer rechtzeitig bis zum 30. Juni bei seinem Verein ab, kann er bis Ende August bei so vielen Mannschaften vorstellig werden und trainieren, wie er möchte. Die Vereine müssen sich über eine Ablöse einigen, die je nach Liga des Vereins und Stärke des Spielers unterschiedlich ausfallen kann (siehe Box).
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Für neu gegründete Mannschaften wie den AFC fallen zudem noch weitere Kosten an, da Spieler neu angemeldet werden müssen. Haben sie zuvor noch nicht im Kreis gespielt, fallen vier Euro an, beim neuen Pass bei einem Vereinswechsel 15 Euro. Auch die SG Kaprys Oberhausen, mittlerweile im zweiten Jahr seit ihrer Gründung, hat das hinter sich. „Wir hatten allerdings Glück, dass wir uns aus zwei Betriebssportmannschaften gegründet hatten“, erzählt der 1. Vorsitzende Dennis Kleine-Natrop.
Bezirksligarückzug hat Grün-Weiß Holten einige Euros gekostet
So fielen meist nur die vier Euro für den Pass und keine Ablöse an und es sprang auch niemand nach seiner Zusage wieder ab. Das hat sich mittlerweile geändert. „Gerade bei jungen Spielern, die lange in einem Verein waren, wird es schnell teuer“, spricht Kleine-Natrop die Ablösebestimmungen an. „Aber die anderen Vereine sind da natürlich auch zu Verhandlungen bereit, denn es betrifft am Ende ja alle Mannschaften.“
So wie auch Grün-Weiß Holten. Im letzten Jahr zog der Verein seine Bezirksligamannschaft zurück und startet nun in der Kreisliga. Einige Euro hat das am Ende gekostet, schließlich sind Spieler, die sechs Monate nicht mehr gespielt haben, ablösefrei. „Wir haben da natürlich auch mit ein paar Problemen zu kämpfen und ganz sicher kann man sich bei den Neuen ja immer noch nicht sein“, erzählt der 2. Abteilungsleiter Lothar Wirth.
Erhält ein Spieler beim neuen Verein einen Vertrag, ist die Ablöse nicht verhandelbar
Bis Ende August ist die Wechselperiode für den Kreis 10 noch geöffnet, bis dahin können sich die Spieler entscheiden und die Mannschaften haben Zeit, sich zu einigen. Im Winter ist die Ablöse derweil frei verhandelbar. Das „Glück“ hatten auch die Holtener. „Ein paar Spieler wollten im Winter sofort wieder spielen, ein paar haben aber die halbe Saison gewartet“, erzählt Abteilungsleiter Rudi Bartz. „Insgesamt hatten wir aber mehr Ausgaben als Einnahmen. Aber durch Jugendspieler und ein paar Neuzugänge, bei denen wir mit dem jeweiligen Verein schnell einig waren, haben wir jetzt eine ordentliche Truppe beisammen.“
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Meistens halten sich Ausgaben und Einnahmen dagegen die Waage, wenn Vereine auch von ihrer Jugendarbeit profitieren. „Wir bemühen uns da natürlich eine ausgeglichene Bilanz zu erzielen“, erzählt Michael Belting von Arminia Klosterhardt, „aber das ist für die Landesliga natürlich nicht immer möglich.“ Bitter war für die Arminia der Fall Raphael Steinmetz. „Raphael fällt unter die Regel der Vertragsamateure“, erklärt Belting. Erhält ein Spieler bei seinem neuen Verein einen Vertrag, ist keine Sperre und Ablöse verhandelbar. „Da greift das EU-Recht zur freien Arbeitsplatzwahl“, ergänzt Belting.
Spieler wollen sich oft mehrere Optionen offen halten
Selbst gestandenen Vereinen können die Ablösen im Falle eines Neuanfangs mächtig weh tun. Der AFC als Neuling ist letztlich an diesem „Wechseltheater“ im Juli und August komplett gescheitert. Dem Verein rund um Hakan Gürer machten zudem auch die Spieler einen Strich durch die Rechnung, die sich Sommer für Sommer bei mehreren Vereinen eine Option offen halten wollen. Gerade wegen der angestrebten Werte, die der 1. AFC verkörpern wollte, ist das für den jungen Verein besonders schade.