Mülheim. Die WM in Indien musste Hockeyspieler Timm Herzbruch von zu Hause aus verfolgen. Welche Schlüsse er vor der Heim-EM daraus gezogen hat.
Groß war der Jubel, als Deutschland im Januar erstmals seit 2006 wieder Weltmeister im Feldhockey wurde. Nur einer erlebte das Turnier von zu Hause aus: Der Mülheimer Timm Herzbruch. Der Stürmer vom HTC Uhlenhorst hat daraus die richtigen Schlüsse gezogen. Bei der anstehenden EM in Mönchengladbach ist er wieder dabei. Sein Fernziel: Olympia in Paris.
Vor dem WM-Turnier in Indien hatte der 26-Jährige selbst die weiße Fahne hissen müssen. „Als es wieder in den Rücken reinzog, da wusste ich, dass es keinen Sinn macht“, erzählt der Olympia-Dritte von 2016 rückblickend.
Timm Herzbruch: Mit dem Kreuzbandriss 2017 fing alles an
Seit seinem Kreuzbandriss 2017 hat der Nationalspieler immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Nachdem er dreimal am linken Knie operiert wurde, verlagerte er unbewusst Vieles auf die rechte Seite, was zu einer hohen Dysbalance führte. „Körper und Gelenke kamen mit der hohen Belastung nicht mehr klar“, sagt Herzbruch.
Die ärztliche Behandlung sei immer gut gewesen. Unter anderem ließ sich der Mülheimer auch vom langjährigen Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt untersuchen. Ergebnis: Im Rücken sei nichts strukturell kaputt. Doch es fehlte die individuelle Betreuung im Krafttraining.
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Die hat der 26-Jährige mittlerweile in Person von Uli Grall, der bereits Thilo Stralkowski für Olympia 2012 in London fit gemacht hat. Der frühere Uhlenhorster Meisterspieler Stephan Rühl stellte den Kontakt her. „Bei dem Talent und dem Hintergrund konnte ich nicht nein sagen“, schmunzelt Grall.
Wie Timm Herzbruch an seiner EM-Form arbeitet
„Ich denke ganzheitlich und scanne den Körper von oben nach unten, häufig fängt es mit eine Fehlstellung bei den Füßen an“, beschreibt der Personal Trainer seinen Ansatz. „Ärzte gehen zu viel über die Knochen, aber der Schlüssel ist die Muskulatur“, bemängelt Grall. Der Coach sagt: „Wir müssen das System als Ganzes betrachten und dann zerlegen.“
Mit koordinativen Übungen soll auch das Gehirn trainiert werden. „Das Training muss Freude bereiten, so dass der Athlet wieder Vertrauen zum eigenen Körper aufbaut“, lautet die Philosophie von Grall. Nur wer auch im Kopf locker sei, könne auch die Automatismen ablaufen lassen. Darüber hinaus gehe es um die Verbesserung von Herzbruchs Kraftniveau und im dritten Schritt um die Muskulatur, „damit er auch entsprechend schnellkräftig ist.“
Erfolge stellten sich bereits nach einigen Wochen ein
Der dritte Schritt ist eine verbesserte Körperbeherrschung. Verspannungen und Verhärtungen werden direkt wieder gelöst, so dass sofort weiter trainiert werden kann und die Schmerzen nicht etwa auf der Rückfahrt vom Training gleich wieder auftreten.
Seit Ende des vergangenen Jahres arbeiten Herzbruch und Grall parallel zum normalen Mannschaftstraining bis zu dreimal in der Woche in zweistündigen Einheiten zusammen, tauschen sich spätestens jeden zweiten Tag aus. Erste Erfolg hätten sich schnell eingestellt. „Ich hatte schon nach sechs bis acht Wochen keine Rückenschmerzen mehr“, verrät der HTCU-Stürmer.
Welches große Ziel sich der Mülheimer Nationalspieler gesteckt hat
Das Fernziel des Duos ist mit den Olympischen Spielen in Paris im kommenden Jahr klar gesteckt. Das Zwischenziel aber heißt EM in Mönchengladbach, die für die deutsche Mannschaft am kommenden Samstag (19. August) mit dem Spiel gegen Wales beginnt.
„Ich fühle mich körperlich sehr gut und habe schon in den Lehrgängen gemerkt, dass ich wieder auf einem guten Niveau bin. Umso glücklicher bin ich, dass es mit der Nominierung geklappt hat“, sagt Herzbruch. Neben ihm sind aus Mülheimer Sicht auch die beiden Weltmeister Lukas Windfeder und Moritz Ludwig sowie Sturmpartner Malte Hellwig dabei.
Auftakt der Heim-EM ist Herzbruchs 100. Länderspiel
Herzbruch freut sich auf den Auftakt vor ausverkauftem Haus, zumal er ausgerechnet im ersten EM-Match sein 100. Länderspiel absolviert. Im Turnier möchte der 26-Jährige auch wieder eine wichtige Rolle im Spiel der deutschen Mannschaft einnehmen. „Das ist mein Anspruch an mich selbst, ich weiß, was ich kann.“
Herzbruch ist sich bewusst, dass Deutschland als Gastgeber und Weltmeister nun im Fokus stehen wird. „Wir sind immer zu Turnieren gefahren und hatten den Anspruch, Erster zu werden. Aber die Konkurrenz schläft nicht“, weiß der Mülheimer und nennt neben den Niederlanden und Belgien auch die Engländer, „die immer besser werden.“
Wie Herzbruch die Rolle der deutschen Mannschaft bei der EM bewertet
Der Mülheimer ist sich der Rolle seiner Mannschaft aber bewusst: „Wir gehören zu den Titelfavoriten bei dieser EM und wollen eine Topleistung abrufen, um unser Ziel zu erreichen.“ Herzbruch sagt: „Wir müssen mit einem gesunden Selbstbewusstsein rangehen, denn wir haben einen Top-Kader.“