Mülheim. Über 1100 Spiele hat Bernd Reinhold als Handball-Schiedsrichter geleitet. Bald ist Schluss. Welche Ratschläge er jungen Referees erteilt.
Wenn am 27. November in Duisburg der Spitzenreiter VfL Rheinhausen und der Tabellendritte HSV Dümpten II aufeinandertreffen, ist das nicht nur für die beiden Handball-Bezirksligisten ein besonderes Spiel, sondern auch für Schiedsrichter Bernd Reinhold. Denn es ist sein letzter von über 1100 Einsätzen.
„Das ist doch noch einmal ein schönes Spiel, ein guter Abschluss“, sagt der 63-Jährige, der die Pfeife aus gesundheitlichen Gründen an den Nagel hängen muss. Das Knie macht nicht mehr mit. „Ich möchte nicht riskieren, zu früh ein künstliches Knie zu bekommen und vor allem möchte ich lieber dann aufhören, wenn ich es noch selbst bestimmen kann“, so der langjährige Referee.
Mülheimer leitete zeitweise drei Spiele an einem Tag
Der Mülheimer kam 1975 zum Handball, weil viele seiner Kollegen von Mannesmann bei der Turngemeinde 1856 spielten. „Zweimal hatte ich einen Gips, weil die Bänder kaputt waren“, erinnert sich Reinhold. Spielen konnte er nicht mehr, dem Sport aber wollte er treu bleiben. „Vielleicht habe ich mich damals auch selbst ab und zu über die Schiedsrichter aufgeregt“, schmunzelt er heute.
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Seitdem ist er dabei geblieben. Pfiff manchmal mehrere Spiele am Wochenende. „An einem Sonntag haben wir mal morgens in Essen, mittags in Burscheid und abends dann nochmal in Rhede gepfiffen“, berichtet Reinhold. Neben 1100 Spielen kamen auch tausende Kilometer in all den Jahren zusammen.
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Mit „wir“ meint Bernd Reinhold in erster Linie seinen langjährigen Gespannpartner Manfred Immel, dessen Sohn Christoph bis 2020 sogar in der Handball-Bundesliga pfiff. „Bei gewissen Spielen, wo es hätte hektischer werden können, haben sie immer uns hingeschickt“, sagt er nicht ohne Stolz. Fehlte bei Spielen Tage vorher noch die Ansetzung wurde in Internetforen oft auf einen Einsatz von Reinhold/Immel getippt.
Doch vor zwölf Jahren verstarb Immel plötzlich und unerwartet. „Am Abend vorher haben wir noch zusammen auf der Platte gestanden“, erinnert sich der Mülheimer. Der einzige Moment, an dem er ans Aufhören dachte. „Da macht man sich schon Gedanken.“ Doch er blieb wieder dabei und pfeift nun seit über zehn Jahren mit Marco Kolski zusammen.
Pfeifen im Gespann: „Man weiß immer, wie der andere reagiert“
„In der Bezirksliga sind wir oft für Entscheidungsspiele zusammengesetzt worden. Da merkte man, dass es passt“, sagt Kolski. Einen festen Partner zu haben, war Bernd Reinhold immer besonders wichtig. „Man weiß immer, wie der andere reagiert. Da reichen schon Blickkontakte oder mal ein kleiner Fingerzeig.“
Im Gedächtnis geblieben ist dem Schiedsrichter vor allem ein Aufstiegsspiel zur Oberliga in Mönchengladbach. „Das war ein Ortsderby und da war die Bude mit 900 Zuschauern rappelvoll“, weiß Reinhold noch ganz genau. Auch an Testspiele des Tusem Essen oder an Vorbereitungsspiele der Frauennationalmannschaft kann sich der Mülheimer erinnern. „Die Allstar-Spiele in Essen waren immer eine schöne Sache, weil es da um den guten Zweck ging“, so Reinhold.
Warum der Schiedsrichter einmal einem Coach den Mund zuklebte
Über die Jahre müssen sich auch Handball-Schiedsrichter ein dickes Fell zulegen. „So ein Theater, wie man es oft vom Fußball liest, hat es aber nie gegeben“, betont Reinhold. Er erinnert sich an ein Frauen-Oberliga-Spiel in Emmerich, wo wegen passiven Spiels von draußen dauernd „Zeit, Zeit“, reingerufen wurde. „Da bin ich nah an der Tribüne vorbeigelaufen und habe ,Viertel vor acht’ zurückgerufen“, lacht der Mülheimer, der einmal dem Kettwiger Trainer Herbert Stauber mit Tape den Mund zuklebte. „Das haben wir aber vorher mit ihm besprochen. Der hat immer so seine Sprüche gehabt. Das war dann nachher auch groß in der Presse“, muss Reinhold heute darüber lachen.
Welche Ratschläge er jungen Schiedsrichtern erteilt? „Man muss sich einfach durchsetzen können und eine Linie halten, seinen Weg ruhig weitergehen und seinen Streifen beibehalten.“ Außerdem legt der Unparteiische viel Wert auf Kommunikation. „Man muss nicht jede Entscheidung ausdebattieren aber man kann mal im Vorbeigehen mit dem Spieler reden und nicht gleich wild Karten zeigen. Dann kommt man auf der Platte immer besser klar“, rät er.
Mülheimer kann sich Patenfunktion für ein junges Gespann vorstellen
Er kann sich vorstellen, in seinem Schiedsrichter-Ruhestand mal ein junges Gespann als Pate zu begleiten. Ohnehin wird er dem Handball erhalten bleiben, schließlich ist er als Zeitnehmer und Sekretär für den DHB noch in der dritten Liga und in der Jugend-Bundesliga im Einsatz. „Sozusagen von der Platte an die Platte“, schmunzelt Reinhold.
Auch zu Schiedsrichtersitzungen werde er sicherlich noch gehen. Ganz ohne geht es dann eben doch nicht. „Man ist ja immer noch ein bisschen handballverrückt.“