Mülheim. Flossenschwimmen ist die schnellste mit Muskelkraft betrieben Wassersportart – der Mülheimer Phil Bieler erklärt, warum das so ist.
Wenn Phil Bieler auf dem Startblock steht, sieht es zunächst so aus, als würde er gleich ganz normal schwimmen. Bis sich der Blick auf die Füße richtet. Dort nämlich trägt der 16-jährige Mülheimer eine große, schwarze Monoflosse. Bieler drückt sich vom Block ab, die Flosse klatscht kurz gegen selbigen, dann taucht der Teenager ins Wasser.
Für die nächsten 15 Meter ist er nicht zu sehen, dann taucht der Schnorchel auf. Im Wechsel sind danach immer mal wieder die große Kunststoffflosse, der Po oder seine Haare zu erkennen. Phil Bieler ist Flossenschwimmer und hat sich für die Junioren Europameisterschaften im polnischen Poznan qualifiziert. Das Ziel: Eine Medaille und ein deutscher Jugend-Rekord.
Flossenschwimmer werden oftmals mit Meerjungfrauen verglichen
„Oftmals werden wir mit Meerjungfrauen verglichen, dabei ist Flossenschwimmen die schnellste mit Muskelkraft betriebene Wassersportart der Welt“, sagt Phil Bieler. Nach Deutschland schwappte das Flossenschwimmen nach der Wende – zuvor waren es vor allem Kampfschwimmer der DDR, die sich mit den Flossen fortbewegten. Mittlerweile ist die Sportart entmilitarisiert und sogar olympisch anerkannt. Wann sie ins Programm aufgenommen wird, ist aber noch unklar. „Das wäre natürlich ein großer Traum“, so der junge Mülheimer, der durchaus auf die World Games 2026 schielt.
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Angefangen hat er mit dem klassischen Schwimmen, als es nicht mehr für die Leistungsgruppe reichte, wurde ihm von seinem damaligen Trainer vor siebeneinhalb Jahren das Flossenschwimmen empfohlen. „Das hat sofort wie die Faust aufs Auge gepasst“, sagt Bieler. Zwar brauchte es ungefähr ein Jahr, um sich mit der Monoflosse gut und schnell fortbewegen zu können, da er aber auch zuvor schon stark aus den Beinen gearbeitet hat, kam ihm der Wechsel sogar gelegen.
Weltrekord über 13 Sekunden schneller als beim normalen Schwimmen
Denn beim Flossenschwimmen oder dem Streckentauchen – beides sind Disziplinen mit der Monoflosse – wird nur aus den Beinen und der Hüfte gearbeitet. Die Arme strecken die Sportlerinnen und Sportler lang nach vorne, um möglichst wenig Widerstand zu erzeugen. „Die Arme nutzen wir nur für die Wende“, sagt Bieler und macht es gleich einmal vor. Wieder klatscht die Flosse vor den Beckenrand als er sich abdrückt. Nur wenige Sekunden später hat er das 25 Meter Becken im Südbad schon halb durchquert.
Denn im Vergleich zu normalen Schwimmern ist er wesentlich schneller. Der Weltrekord über die 100 Meter Freistil, gehalten vom Brasilianer César Cielo Filho aus dem Juli 2009 liegt bei 46,91 Sekunden – Ende April stellte Max Poschart in Leipzig einen neuen Weltrekord mit der Monoflosse auf. Er benötigte für die 100 Meter 33,71 Sekunden.
Knifflige Technik und ein hartes Regelwerk
„Die Technik ist schwierig, jede kleinste Handbewegung kostet Zeit“, sagt Phil Bieler und schwärmt: „Die Geschwindigkeit macht den Reiz aus.“ Die Frequenz ist oftmals weniger entscheidet – Technik macht Geschwindigkeit.
Beachtet werden muss das strenge Regelwerk. Nach der 15 Meter langen Tauchphase nach dem Start und nach jeder Wende, muss mindestens ein Körperteil oder die Flosse immer über Wasser sein. Beim Streckentauchen ist allerdings genau das verboten. Da muss der gesamte Körper unter Wasser sein.
Mülheimer Phil Bieler liebt die langen Strecken
Phil Bieler fühlt sich dabei vor allem auf den längeren Strecken wohl. Über 400 Meter mit dem Schnorchel möchte er bei der EM einen neuen Rekord aufstellen und auf das Podest, außerdem setzt er sich ambitionierte Ziele über 800 und 1500 Meter mit der Sauerstoffflasche. Diese Wettkämpfe schwimmt er im Becken, aber auch das Freiwasser scheut er nicht. Im Duisburger Wambachsee trainiert er für Wettkämpfe über vier Kilometer, die bei der EM aber nicht geschwommen werden.
Und was macht der Teenager, wenn er gerade nicht im Wasser oder an Land für seinen Traum von schnellen Zeiten und Edelmetall trainiert? Auch dann lässt ihn die Unterwasserwelt nicht los. Gemeinsam mit einem Schulkollegen nimmt er am Wettbewerb „Freestyle Physics“ teil, und baut derzeit – wie könnte es anders sein – ein U-Boot.
Gemeinsam mit Trainer Leo Runge, „der seine ganze Freizeit opfert“, steht nun aber erstmal die EM an. Am liebsten mit Rekord und Edelmetall als Belohnung.