Mülheim. Ein Großteil der türkischen Gemeinde in Mülheim stammt aus der Umgebung von Trabzon. Am Samstag wurde ihr Herzensklub türkischer Meister.
Um 20.56 Uhr bricht in der Teestube des Türkischen Folklorevereins am Eppinghofer Kreisverkehr in Mülheim lauter Jubel aus. Trabzonspor führt mit 2:1 und ist auf dem Weg zur ersten Meisterschaft seit 38 Jahren.
Auf der anderen Straßenseite hängt der Fernseher in einem Friseurgeschäft aber fast eine Minute zurück. Gut 30 Leute stehen im Eingang und auf dem Gehweg und fiebern mit. Was ist jetzt? Stimmt das mit dem Tor? Mit Verzögerung jubeln die Fans auch hier über den Treffer zum Titel, wenngleich später noch der Ausgleich durch den Ex-Schalker Haji Wright fällt. Doch das Unentschieden reicht. Trabzonspor ist Meister!
Drei Generationen fiebern in Mülheim mit Trabzonspor
Eine Dreiviertelstunde vorher im Wohnzimmer von Familie Dil: Drei Generationen von Trabzonspor-Fans fiebern mit ihrem Klub. Opa Ayhan ist 1976 von der Schwarzmeerküste zum Studieren nach Deutschland gekommen. Der Rest ist hier geboren. „Ich bin fünf Jahre in Trabzon zur Schule gegangen, danach aber wieder zurückgekommen“, erzählt sein Sohn Aykut.
Viele seien in den 70er Jahren aus Trabzon weggegangen, weil es wenig Arbeit gab. Jetzt sind sie überall auf der Welt verteilt. Auch über 40 Prozent der türkischen Gemeinde in Mülheim stammt aus der Region. Sie leben nach dem Motto „Bize her yer Trabzon“ – überall ist Trabzon für uns.
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Und Fans von Trabzonspor sind sie ohnehin alle. Dem Herausforderer der großen Klubs aus Istanbul. Seit 38 Jahren wartet der Verein auf die Meisterschaft. „Wir haben die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben“, sagt Kemal Dil.
Mülheimer befürchten den Abgang von Publikumsliebling Cakir
Doch Trainer Abdullah Avci hat eine erfolgreiche Mannschaft aufgebaut. Der bekannteste Spieler ist der langjährige Napoli-Spielmacher Marek Hamsik, doch Publikumsliebling ist Torwart Ugurcan Cakir. Die Dils befürchten aber, dass ihr Kapitän im Sommer weggeht. „Nach England“, seufzt Opa Ayhan.
Seit Tagen gibt es einen Run auf Trabzon. 1,6 Millionen Menschen sollen sich mittlerweile in der 800.000-Einwohner-Stadt befinden, um die erste Meisterschaft nach 38 Jahren live vor Ort mitzuerleben. Ganz so viele sind es in Mülheim freilich nicht, doch nach dem Schlusspfiff machen auch die hiesigen Trabzon-Fans die Nacht zum Tag.
Mülheimer Polizei muss die Eppinghofer Straße zeitweise absperren
Am Kreisverkehr in Eppinghofen gibt es eine ganze Weile lang kein Durchkommen mehr. Die Polizei sperrt die Eppinghofer Straße daraufhin an beiden Enden ab, verschiebt das Geschehen aber zunehmend auf die Heißener Straße, wo die Menschen riesige Fahnen schwenken und Bengalos in den Vereinsfarben weinrot und blau zünden. Sogar einem Hund wurde das entsprechende Trikot übergezogen.
Beim Türkischen Folklore-Verein waren sie sich schon vor dem Spiel sicher. „Şampiyon Trabzonspor“ steht auf einem riesigen Banner. Selbst Menschen, die des Türkischen nicht mächtig sind, braucht man das nicht groß zu übersetzen.