Tokio. Während Jonathan Rommelmann in Tokio zu Silber rudert, fiebern im heimischen Mülheim in der Nacht fast 50 Freunde und Familienmitglieder mit.

Es war kurz vor drei Uhr in der Nacht, als im Bootshaus des Wassersportvereins Mülheim lauter Jubel aufbrandete. Gerade waren Jonathan Rommelmann und sein Zweierpartner Jason Osborne im olympischen Finale als Zweite über die Ziellinie gefahren. Fast 50 Vereins- und Familienmitglieder feierten die Silbermedaille des Mülheimers.

„Sowas erlebt man ja vielleicht nur einmal im Leben“, sagt der zwei Jahre jüngere Bruder Julius Rommelmann, der selbst in diesem Sommer sein Debüt im Weltcup gefeiert hat. Keine Frage also, dass Freunde, Familie und Vereinsmitglieder sich für das Finale die Nacht um die Ohren schlugen. Selbst die beiden Omas hielten bis drei Uhr durch. „Die beiden Cousins inklusive Tante und Onkel und natürlich Jonnys Freundin waren auch dabei“, berichtet Julius.

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Ausgestattet mit eigens angefertigten T-Shirts mit der Aufschrift „Team Jonny“ drückten sie ihrem Idol auf der größten Sportbühne der Welt die Daumen.

Bis zur A-Jugend beim WSV Mülheim

Bis zur A-Jugend fuhr Jonathan Rommelmann für den WSV, ehe er zum Crefelder Ruderclub wechselte. In Mülheim ist der 26-Jährige aber immer noch Mitglied. „Spätestens als er 2015 U23-Weltmeister geworden ist, wusste ich, dass Olympia einmal ein Thema werden könnte“, berichtet Bruder Julius und ergänzt: „Jonny ist auch jemand, der absolut ehrgeizig ist und so ein Ziel dann nicht aus den Augen verliert.“

Spätestens als Rommelmann dann mit dem Mainzer Jason Osborne ein Duo im leichten Doppelzweier bildete, nahm die Sache Fahrt auf. „Das war natürlich ein riesiges Glück, dass die beiden sofort so gut zusammen funktioniert haben“, sagt Rommelmann junior. In allen neun Wettkämpfen als DRV-Team standen der Mülheimer und der Mainzer auf dem Treppchen.

Keine Enttäuschung über die verpasste Goldmedaille

Die stolze Familie: Die Brüder Moritz (li.) und Julius (re.) sowie die Eltern Peter und Andrea Rommelmann.
Die stolze Familie: Die Brüder Moritz (li.) und Julius (re.) sowie die Eltern Peter und Andrea Rommelmann. © WSV Mülheim | Rommelmann

„Natürlich fährt man zu einem solchen Event, um die Goldmedaille zu holen“, weiß auch Julius, doch die Iren galten als absoluter Favorit auf den Titel. Der zweite Platz enttäuschte daher sowohl in Tokio als auch in Mülheim niemanden. Als Rommelmann und Osborne das Siegertreppchen bestiegen, wurde es an der Ruhr trotz der nächtlichen Stunde zum zweiten Mal richtig laut.

„Das war ganz großes Kino, unter diesen Bedingungen so abzuliefern und den Iren dermaßen Paroli zu bieten“, sagt der stolze Bruder. In den Interviews nach dem Rennen war auch kein bisschen Enttäuschung zu entdecken. Weder von den beiden Ruderern, noch von der Mülheimer Trainerin Sabine Tschäge: „Die Jungs haben das Beste draus gemacht. Irland war der Favorit und hat sich durchgesetzt. Wir haben alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“, sagte sie nach dem Rennen in der ARD.

Erster Kontakt mit der Familie noch in der Nacht

Noch in der Nacht hatte die Familie erstmals Kontakt zu ihrem Silberhelden. „Das war aber nur zwischen Tür und Angel, danach ging es los mit den ganzen Interviews. Wenn man eine Medaille gewinnt, dann wird man ja von einer Station zur nächsten gereicht“, so Julius Rommelmann.

Ein japanischer Fan durfte stolz die Silbermedaillen von Jonathan Rommelmann (l.) und Jason Osborne halten.
Ein japanischer Fan durfte stolz die Silbermedaillen von Jonathan Rommelmann (l.) und Jason Osborne halten. © teamdeutschland

Erst als in Deutschland der Donnerstagmittag angebrochen war, konnte der Ruderer in Ruhe mit seiner Familie sprechen. „Sie hatten gerade mit anderen Mitstreitern aus dem Finale zusammen gegessen und haben jetzt erst die Chance, sich richtig feiern zu lassen“, weiß Julius. „Ich glaube, sie können immer noch nicht richtig begreifen, was sie da geleistet haben.“

Sein großer Bruder teilte via Instagram jede Menge Glückwunsch-Nachrichten – und auch ein Bild vom nächtlichen Public Viewing an der Ruhr. „Ihr seid irre“, bedankte sich der Medaillengewinner und schickte – mit drei Herzen versehen – „ganz viel Liebe in die Heimat.“