Mülheim erfahrenster Hockey-Nationalspieler spricht im Interview über seine Rolle, den anstrengenden Sommer und die Ziele mit dem Nationalteam.
In zwei Zweiergruppen machten sich die vier Hockeynationalspieler des HTC Uhlenhorst am Mittwoch auf den Weg in Richtung Amsterdam zur am Freitag beginnenden Europameisterschaft. Benedikt Fürk und Lukas Windfeder im einen Auto, Timm Herzbruch und Niklas Bosserhoff im anderen. Während Fürk den Wagen steuert, beantwortete Lukas Windfeder die Fragen von Marcel Dronia.
Vergangene Woche wurde der Kader für die Olympischen Spiele bekanntgegeben. Bei 119 Länderspielen war Ihre Berücksichtigung sicherlich keine Sensation mehr, ist man am Ende dennoch erleichtert?
Ja erleichtert auf jeden Fall. Nach dem Spiel hat man sich schon seine Gedanken gemacht. Olympische Spiele habe ich ja trotz der vielen Länderspiele auch noch nicht gespielt. Deswegen war ich schon aufgeregt. Darauf hat man jetzt mehrere Jahre lang hingearbeitet, dementsprechend erleichtert war ich, als ich meinen Namen gelesen habe.
2016 waren sie kurz vorher aus dem Kader gestrichen worden.
Damals war ich im Vorfeld an der Schulter verletzt und es war nicht ganz klar, ob ich rechtzeitig fit werde. Deswegen hatte der damalige Bundestrainer Valentin Altenburg gesagt, dass er lieber andere nominiert.
„Für Malte Hellwig tut es mir unendlich leid“
Drei Ihrer Teamkollegen aus Mülheim sind dabei, drei weitere wären mit Sicherheit noch in Frage gekommen. Während Ferdinand Weinke verletzt war, war die Nicht-Berücksichtigung von Malte Hellwig eine kleine Überraschung, oder?
Für Malte tut es mir unendlich leid, weil er eine riesen Bundesligasaison bei uns gespielt hat. Er hat in fast jedem Spiel getroffen, im Halbfinale auch wieder doppelt. In der Bundesliga hat er sich zu einem unfassbar wichtigen Spieler entwickelt. Ich glaube einfach, dass die Olympischen Spiele für ihn vielleicht noch ein oder zwei Jahre zu früh kamen.
Sie sind 26 Jahre alt, die Anzahl der Länderspiele haben wir schon angesprochen – wie definieren Sie vor dem Hintergrund ihre Rolle in der Nationalmannschaft?
Unter Kais al Saadi habe ich mir noch einmal eine neue Rolle erarbeitet und übernehme noch ein bisschen mehr Verantwortung. Ich spiele jetzt auch sicher Innen, wo man ja auch noch mehr organisieren muss. Diese Rolle nehme ich auch gerne an.
Nach der EM sind die Nationalspieler maximal zwölf Tage zu Hause
Wie ist die Rollenverteilung bei den Strafecken? Am Uhlenhorst sind Sie ja schon sowas wie der Schütze Nummer eins. Wie ist es im Nationalteam?
Da teile ich mir die Aufgabe mit Martin Häner. In der Vorbereitung habe ich relativ viel geschossen, wenn ich auf dem Platz war. Ansonsten machen wir das aber untereinander aus.
Am 9. Mai war das Bundesliga-Finale, jetzt steht bereits die EM an und Olympia beginnt am 23. Juli. Klingt irgendwie nicht nach sonderlich viel Pause.
Dazu haben wir auch noch einen Lehrgang in Valencia. Dazwischen sind wir maximal zwölf Tage zu Hause. Das wird wirklich ein knackiger Sommer, aber das nimmt man auch gerne in Kauf. Ich denke schon, dass man danach ziemlich durch sein wird. Aber mit Thilo Stralkowski haben wir einen Trainer, der selbst in dieser Situation war und der uns sicherlich die nötige Pause vor der neuen Saison zugestehen wird.
Lukas Windfeder: „Entwicklung der letzten Jahre war positiv“
Alle Spiele live auf Sportschau.de
Nach dem Auftakt gegen Wales sind die weiteren Gegner der deutschen Mannschaft die Niederlande (Sonntag, 15 Uhr) und Frankreich (Dienstag, 14.45 Uhr).
Die deutschen Damen mit der Uhlenhorsterin Maike Schaunig treffen am Sonntag, 12.45 Uhr auf Belgien, am Montag, 17 Uhr auf England und am Mittwoch, 14.45 Uhr auf Italien.
Die Sportschau wird die deutschen Spiele auf sportschau.de, in der Sportschau-App, in der ARD-Mediathek und in ihrem HbbTV-Angebot live übertragen und im Nachgang als Video-on-Demand anbieten. ARD-Reporter ist Olympiasieger Christian Blunck.
Die EM beginnt am Freitag, 17 Uhr mit dem Duell gegen Wales – eine Pflichtaufgabe?
Wir müssen in dem Spiel vor allem gucken, dass wir gut ins Turnier kommen. Vom Papier her ist das sicherlich der leichteste Gegner. Ich weiß gar nicht, ob aus unserer Mannschaft überhaupt schonmal jemand gegen Wales gespielt hat.
Wo sieht sich denn die deutsche Mannschaft generell im internationalen Vergleich?
Ich glaube, dass wir in den letzten Jahren eine Entwicklung hingelegt haben, die sehr positiv war. Wir haben zuletzt zweimal Argentinien und zweimal Holland geschlagen. Ich glaube, dass wir auf jeden Fall ins Halbfinale kommen, dann haben wir die WM-Qualifikation sicher und dann ist alles möglich.
Welt- und Europameister Belgien geht als Favorit in die beiden Turniere
Das Ziel gilt auch für das darauffolgende Turnier?
Natürlich, eine olympische Medaille ist der Traum von jedem!
Bewegt sich denn die Weltspitze aus Ihrer Sicht auf Augenhöhe oder gibt es Mannschaften, die noch einen Schritt voraus sind?
Belgien ist als amtierender Welt- und Europameister sicherlich erstmal Favorit. Wir haben aber auch gesehen, dass sie schlagbar sind und dass man ihnen mit guten Leistungen gefährlich werden kann. Australien hat man aufgrund der Pandemie zuletzt leider kaum spiele sehen, das Team ist auch immer gefährlich.
In anderen Ländern sind Hockeyspieler Profis
In der Vergangenheit hat Deutschland die Titel nur so abgeräumt, das hat sich in den vergangenen sieben bis acht Jahren verändert. Warum?
Viele Spieler sind Profis in ihren Ländern und trainieren dort fast wöchentlich mit der Nationalmannschaft zusammen, was bei uns wegen Größe des Landes und wegen des knackigen Bundesliga-Spielplans überhaupt nicht möglich ist. Das muss man versuchen durch andere Dinge zu kompensieren und ich denke, das haben wir in der letzten Zeit ganz ordentlich hinbekommen.