Mülheim. Ex-Profi Jens Knippschild hatte die Lust am Tennis verloren. Warum er trotzdem wieder in Mülheim spielt und wie er zum Bowling kam.
Was macht eigentlich..? Das könnten die Sport- und speziell die Tennisfans fragen, wenn es um Jens Knippschild geht. Die meisten Mitglieder des TC Raadt dürften es wissen. Schließlich spielt der ehemalige Profi seit einigen Jahren für den Verein von der Horbeckstraße — aktuell bei den Herren 40 in der Niederrheinliga.
Wir trafen den 46-Jährigen in Knippi’s Bowling Center in Oberhausen. Dort hat sich Jens Knippschild seine Existenz nach der Profikarriere aufgebaut.
Jens Knippschild, wie sind Sie einst zum TC Raadt gekommen?
Jens Knippschild: Darek Nowicki, ein Jugendfreund und ehemaliger Mannschaftskollege zu Herren-Bundesligazeiten beim Oberhausener THC, hatte mich mehrmals angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, gemeinsam mit ihm beim TC Raadt zu spielen. Zuerst habe ich ihm gesagt, dass er mir nicht damit auf den Sack gehen möge (lacht). Ich wollte vom Tennis gar nichts mehr wissen. Aber nachdem er nicht lockergelassen hatte, stimmte ich irgendwann etwas widerwillig zu. Immer, wenn ich auf dem Platz stehe, macht es aber auch echt wieder Bock.
Das Ende ihrer internationalen Karriere lag da schon eine ganze Weile zurück. Bereits als 29-Jähriger hatten Sie den Tennisschläger an den Nagel gehängt. Warum so frühzeitig?
Durch mehrere Verletzungen fehlte mir irgendwann die Motivation. Von den letzten 24 Monaten in meiner Karriere war ich 14 Monate lang verletzt. Immer wieder musste ich mich heran kämpfen. Irgendwann habe ich mir gesagt: Das tust du dir nicht mehr an. Es waren einfach zu viele Rückschläge. Ich wollte einen Schlussstrich ziehen.
Eine Achtelfinalteilnahme bei den French Open, zwei Doppeltitel auf der ATP-Tour, zwei Berufungen ins deutsche Davis-Cup-Team sowie erfolgreiche Jahre in der Bundesliga — sind Sie mit dem Verlauf Ihrer Karriere zufrieden?
Ich denke, dass ich auf eine bewegte und erfolgreiche Karriere zurückschauen kann. Letztendlich kann ich zufrieden sein. Luft nach oben gibt es immer, es war auch mehr drin. Allerdings ist das auch oft durch Verletzungen nicht möglich gewesen.
Was waren die besonderen Momente?
Der erste Titel auf der Tour war besonders — im Doppel zusammen mit Karsten Braasch bei den Swedish Open 2001. Und eine ganz besondere Partie gab es auch mal bei den Australian Open. Gegen Wayne Arthurs lag ich beinahe hoffnungslos mit 0:2 Sätzen zurück. Dann kam es doch noch zum entscheidenden fünften Satz. Beim Stand von 6:6 rief ein deutscher Fan ganz laut: Mensch, Jens, jetzt kämpf’ doch mal! Ich dachte, ich traue meinen Ohren nicht. Ich antwortete ihm: Was glaubst du denn, was ich hier seit viereinhalb Stunden mache?! Das hat mich echt auf die Palme gebracht. Ich spielte fortan bei den Returns alles oder nichts und holte das Break durch die Winner. Dann gewann ich schnell noch mein Aufschlagspiel hinterher und hatte kurze Zeit nach dem Zwischenruf gewonnen. Der Zuschauer rief dann noch zum guten Schluss: Siehste, Jens, geht doch! — Das werde ich niemals vergessen.
Sicherlich zählen auch die Davis-Cup-Spiele zu den besonderen Momenten, oder?
Ja, auf jeden Fall. Es war für mich eine riesige Ehre, für Deutschland zu spielen. Vor allem die Partie in den Niederlanden ist in guter Erinnerung geblieben, obwohl die einheimischen Fans natürlich ihre eigenen Spieler angefeuert haben, sich dabei aber sehr fair verhielten. Es war eine unglaublich intensive Stimmung. Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.
Schauen Sie sich die Tennis-Übertragungen heutzutage im TV an?
Bei den Grand-Slam-Turnieren schalte ich gern ein. Das kann bei interessanten Spielen auch mal nachts sein. Dabei werde ich auch hin und wieder mal etwas wehmütig. Das war schon ‘ne schöne Zeit.
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Würden Sie Jugendlichen und deren Eltern in der heutigen Zeit empfehlen, eine Profikarriere anzustreben, um auch so schöne Zeiten wie Sie erleben zu können?
Jeder, der die Möglichkeit und das Potenzial besitzt, sollte es versuchen. Das Spielen auf der Tour fand ich super gut.
Wann und wie hat es denn bei Ihnen mit dem Tennis angefangen?
Meine Eltern haben Tennis gespielt und mich mit auf die Anlage genommen. Das hat mir direkt Spaß gemacht. Im Alter von fünf Jahren habe ich im Keller gegen die Tür und die Wände gespielt. Dabei habe ich mehrmals Lampen von der Decke geholt. Davon waren meine Eltern nicht so begeistert. Daraufhin versuchte ich mich an der Garagenwand. Das ständige Plopp-plopp gefiel meinen Eltern aber auch nicht. Daher nahmen sie mich oft mit zum Tennisklub, damit ich dort anfangs zur Ballwand gehen konnte. Meine ersten Vereine lagen in Mengeringhausen und in Arolsen, meinem Geburtsort (Anm. der Red.: seit 1997 Bad Arolsen, Nordhessen). Es zeichnete sich früh ab, dass ich es als Tennisprofi versuchen wollte. Mit 15 bin ich schon mit meinem damaligen Trainer nach Mannheim gezogen. Dort fing alles dann so richtig an.
Tennis spielen Sie heutzutage verhältnismäßig selten, in den Wintermonaten gar nicht. Was treiben Sie noch für einen Sport?
Wiederum über Darek Nowicki bin ich vor einigen Jahren zum Padel-Tennis gekommen. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Hin und wieder nehme ich auch mit gutem Erfolg an Turnieren teil.
Und wie sieht es mit Bowling aus? In Ihrem Center tragen ja schließlich drei Vereine ihre Meisterschaftsspiele aus…
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Bis tief in die Samstagnacht hinein arbeiten, um dann am frühen Morgen zu einem Auswärtsspiel zu fahren, ist nicht so mein Ding. Das habe ich recht schnell festgestellt. Bei Heimspielen bin ich hin und wieder mal dabei.
Wie kamen Sie nach Ihrer Tenniskarriere darauf, ein Bowlingcenter zu eröffnen?
In meiner Freizeit oder bei Turnieren bin ich hin und wieder zum Bowlen gegangen. Dabei musste ich oft auf eine freie Bahn warten. Irgendwann habe ich einmal gesagt, dass wir das bald bei mir machen könnten. Es folgten Internet-Recherchen, Kontakt zu Bauunternehmern — und seit 2005 bin ich hier alleiniger Inhaber.
Abschließend noch einmal zurück zum Tennis: Sie haben ja gesagt, dass Sie gern wieder auf dem Platz stehen. Wann sehen wir Sie denn bei den großen Turnieren auf der Senior Tour?
Vor einiger Zeit habe ich darüber überhaupt nicht nachgedacht. Aber mittlerweile kribbelt es nun tatsächlich mehr als noch vor zehn Jahren. Vielleicht entscheide ich mich dazu, das Tennisspielen ab der Herren-50-Altersklasse wieder mehr zu intensivieren. Dann aber richtig — und ich würde mir auch andere Herausforderungen suchen. Da käme bei mir dann der Wettkämpfer durch.
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