Moers. Der Fußball-Landesligist stellt sich neben dem Spielfeld nun breiter auf. Und beschreitet dabei durchaus ungewöhnliche Wege.
Die kleine Weinbar im Untergeschoss des Restaurants Mod im Duisburger Ortsteil Baerl dient dem SV Scherpenberg schon fast als kleine, aber feine Geschäftsstelle. Der nach Weihnachten als Sportleiter des Fußball-Landesligisten vorgestellte Sven Schützek wickelt dort eher unbeachtet seine Zukunftsgespräche für den Moerser Verein ab. Die Lokalität ist nicht zufällig gewählt. Das Mod gehört dem Mülheimer Sterne-Koch Sven Nöthel. Und der 36-jährige Gastronom bringt sich künftig bei den Scherpenbergern ein wenig mit ein. Nöthel wird als Berater im Sponsoringbereich seine vielfältigen Drähte glühen lassen.
SV Scherpenberg und Sterne-Koch - passt das eigentlich zusammen?
Sterne-Koch und SV Scherpenberg, der bis zum Umzug auf die Asberger Anlage im Sommer 2022 ja im alten Aschenplatz-Wäldchen als ziemlich rustikal und speziell daherkam - passt das eigentlich zusammen? Vereinschef Kay Bartkowiak und Sportleiter Sven Schützek sind da überaus zuversichtlich. Sven Nöthel brachte schließlich den Scherpenberger Boss und den aktuellen Moerser Trainer des Ligakonkurrenten Sterkrade-Nord, beides enge Freunde des Sterne-Kochs, an einen Tisch. Er war also quasi der Zünder für die seit nun fast sieben Wochen bestehende Zusammenarbeit.
Was die Fußball-Couleur des Trios anbetrifft, so könnte es konträrer kaum sein: Schützek hat eine Loge auf Schalke, Bartkowiak steht auf Borussia Dortmund. „Und ich bin Hard-Core-Bayern-Fan“, bekräftigt Sven Nöthel, „die Zusammenarbeit zwischen uns dreien klappt aber trotzdem gut.“ Der Sterne-Koch geht durchaus motiviert in sein neues Fußball-Engagement. Das laufende zweite übrigens. Nöthel ist mit seinem Landhausküchen-Restaurant Freya, das ebenfalls auf dem drei Hektar großen Hofgelände in Baerl steht, bei Sterkrade-Nord auf der Trikotbrust vertreten. „Ein befristeter Freundschaftsdienst für Sven Schützek“, wie der Koch sagt. Bekanntlich ist Schützek noch bis Saisonende Trainer beim abstiegsbedrohten Scherpenberger Ligakonkurrenten.
Sven Nöthel: Juniorenhockey, Profitennis und Kreisliga-Fußball
Vom Leistungssport versteht Sven Nöthel übrigens einiges. In jungen Jahren spielte er unter dem Kamp-Lintforter Bundesligatrainer Patrice Hopfe sowie unter dem ehemaligen Profi Mark Joachim professionell Tennis, war auch auf ITF-Future-Turnieren international unterwegs. Der ganz junge Daniel Altmaier, heute Nummer 53 der ATP-Weltrangliste, zählte damals ebenso wie Profispieler Peter Torebko zu den Trainingspartnern. „Daniel hat damals immer meinen harten Aufschlag gefürchtet“, sagt der 1,90 Meter große Nöthel verschmitzt. Bis zum Alter von 17 Jahren machte Nöthel dazu im Nachwuchs des Hockey-Bundesligisten Kahlenberger HTC eine gute Figur, wurde in dieser Zeit auch Westdeutscher Meister.
Dazu kam ein Engagement beim Mülheimer Fußball-A-Kreisligisten SV Raadt mit 18 Jahren für knapp zwei Saisons. „Ich habe mit 17 Jahren mit Hockey aufgehört, dann aber auch mit Fußball und Tennis im Alter von 20 Jahren. Gerade Fußball bedeutete damals mit zahlreichen Partien auf Asche ein gewisses gesundheitliches Risiko. Ich wollte mir meinen beruflichen Weg als Koch nicht kaputt treten lassen“, sagt Sven Nöthel im Rückblick schmunzelnd. Knieprobleme hatte er da ohnehin schon. Und in der Küche braucht man bekanntlich auch ein gewisses Stehvermögen.
Auch Vater Peter Nöthel ist ein Sterne-Koch
Dabei war der Kochtopf gedanklich nicht Nöthels erste berufliche Anlaufstelle. „Ich wollte eher etwas mit Hotel-Management machen, ehe ich nach einem zweiwöchigen Küchenbesuch tatsächlich Freude am Kochen entwickelt habe. Es war eigentlich auch wie Sport: Man verbessert sich immer weiter und hat auch noch Spaß dran“, bekräftigt Sven Nöthel, immerhin zweitjüngster Sterne-Koch Deutschlands. Sein Vater Peter ist ebenfalls Sterne-Koch. Im Mülheimer Restaurant seiner Mutter Heike hatte Sven Nöthel bis 2019 gute acht Jahre als Küchenchef gearbeitet. Dann stellte sich der Vater von drei Söhnen auf eigene Beine und baute einen alten Kuhstall in Baerl großflächig um.
SV Scherpenberg: Klares Ziel ist der Aufstieg in die Fußball-Oberliga
Seine beiden Restaurants auf dem Gelände laufen gut. Was mit Zeitaufwand und Schweiß bezahlt wird. „Sterne-Küche ist wie Leistungssport. Die Ansprüche sind ungemein hoch. Und man muss sich täglich neu beweisen“, beschreibt Sven Nöthel. Sein Scherpenberger Engagement sieht er auch aus psychologischen Gründen nicht allein aus einer Laune heraus. Nöthel braucht ein gewisses Maß an Motivation: „Klares Ziel in der neuen Saison muss es sein, nach vielen Jahrzehnten Abstinenz einen Moerser Fußballverein in die Oberliga zu bringen. Dafür engagiere ich mich in dem Rahmen, der mir zur Verfügung steht.“ Nicht nur die Scherpenberger Anhänger werden das mit Spannung beobachten.